Der Frühling wird ja meist romantisch verklärt. Dabei tost, wenn die Säfte quellen, bereits ein gnadenloser Konkurrenzkampf ums Überleben der eigenen Art. Was jetzt knospt und blüht, setzt auf die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Insektenpopulation – sozusagen ein Frühbucherrabatt auf Pollenflug und Bienenschwärme.
Ein frühes Zeitfenster als ökologische Nische – pardon: als ökonomische Nische – beschert das abweichende Geschäftsjahr alle drei Monate den Quartalsberichten, die Oracle-Gründer Larry Ellison Analysten und Aktionären vorzulegen hat. Rund einen Monat, ehe die sonstigen Größen der Informationstechnik ihre Bilanzen vortragen, gehört die Aufmerksamkeit ganz allein dem charismatischen Ellison, der gerade das erste Quartal eines neuen Kalenderjahres stets zu einem Orakel zur Weltwirtschaft stilisiert. Und gemessen am soeben berichteten Oracle-Ergebnis könnte die Lage der Informationswirtschaft kaum besser sein.
Das sehen auch die Börsianer so, die nach dem berichteten Anstieg des Quartalsumsatzes um fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum nicht nur der Ellison-Company ein Thumbs-Up zeigten, sondern der ganzen Branche – einschließlich der Oracle-Konkurrenten IBM, HP und SAP – einen Vertrauensvorschuss auf deren nächste Geschäftszahlen ausstellten. Der Grund: Oracles Zahlen belegen die weltweite Investitionsbereitschaft der Unternehmen, die in der aufstrebenden Konjunktur nun auch wieder Budgets für die Informationsinfrastruktur aufstocken. Und vor allem die Companies werden davon profitieren, die sich früh ein Cloud-Portfolio zugelegt haben.
Allen voran Oracle. Während die Übernahme von Sun Microsystems vor einem Jahr nicht unbedingt als rationales Vorpreschen des Oracle-Gründers eingestuft wurde, der aus einer Hardwaresparte nur wenig Synergien ziehen würde. Dass das Gegenteil der Fall ist, unterstreichen die Zahlen, die Oracle jetzt vorgelegt hat. Der Nettoverdienst im abgeschlossenen Quartal betrug beeindruckende 2,8 Milliarden Dollar. Da kann die nächste Akquise ja kommen.
Wenn es überhaupt noch etwas zu arrondieren gibt im Cloud-Geschäft der Ellison-Hausmarke. Die Kombination aus Hardware, Systemsoftware, Anwendungen und Services ist bereits nahezu perfekt. Auf Cloud-Anforderungen ausgerichtete Server-Farmen, Datenbankmaschinen und eine Middleware zur Integration von Altanwendungen zeigen schon jetzt, dass Oracle die Klaviatur des Cloud-Computings beherrscht.
Und nicht nur das: Mit einem um 29 Prozent angestiegenen Softwarelizenzgeschäft hat Oracle auch gezeigt, dass im klassischen Softwarekauf noch immer eine Menge Musik steckt. Das gute alte OnPremise-Geschäft hat nämlich auch seine schönen Seiten: lukrative Wartungsverträge zum Beispiel. Die lassen vermuten, dass die Oracle-Prognose auf ein Wachstum zwischen vier und 14 Prozent in den kommenden Quartalen auch nicht gerade aus der Luft gegriffen ist.
Die Berichtssaison wird zeigen, ob Oracle seine Hausaufgaben besser gemacht hat als die Konkurrenz oder ob tatsächlich der Branchenboom durchbricht. Larry Ellison hat jedenfalls schon mal sein Zeichen in die Wolken geschrieben. Das Orakel hat gesprochen.