In den neunziger Jahren war es wichtig, jeden Firmennamen mit einer angehängten Domain als Internet-affin zu kennzeichnen – also zum Beispiel: Salesforce.com oder Buch.de. Da wusste der potentielle „Kun.de“ dann sofort, ah, Web-Angebote!
Zur Jahrtausendwende hängten wir dann ein kleines „e“ vor jeden Geschäftsvorfall, um zu zeigen, wie Web-affin wir aufgestellt sind. IBM prägte das eBusiness, dann kamen aber gleich der eCommerce, die eLogistics und natürlich das eLearning. Auf den Durchbruch von letzterem warten wir allerdings noch heute und vielleicht bis in alle eWigkeit.
Jetzt ist es nicht falsch, alles und jedes mit aaS zu versehen, um neues Leben in altes Fleisch zu hauchen. Also Software aaS, Infrastructure aaS und nicht zuletzt Platform aaS. „As a Service“ markiert die Angebote als „onDemand“, als virtualisiert, als dynamisch konfigurierbar, kurz: als Cloud 2.0.
Jede dieser Namensgebungs-Wellen war nicht einfach nur ein Relaunch der gleichen Idee, sondern stellt einen Quantensprung in der Entwicklung einer Infrastruktur dar, über die Unternehmen, Organisationen, Konsumenten und mehr und mehr soziale Gruppierungen miteinander kommunizieren. Jede Welle brachte es aber auch mit sich, dass sich die Anbieter für diese Infrastrukturen neu aufstellten, Wettbewerbspositionen verschoben wurden und nicht zuletzt neue Konstellationen und Kooperationen eingingen.
Aber wohl noch nie türmten sich am Horizont derartige Gewitterwolken auf wie jetzt, wo wir uns mit Hybrid-Clouds beschäftigen, mit Misch-Konzepten aus OnDemand und OnPremise, aus Service und Solution, aus Kaufen und Mieten: Selbst die als unsinkbar geltenden Dickschiffe des World Wide Wave Surfings kommen ins Trudeln. Google erkennt, dass sie Facebook unterschätzt haben. Microsoft sieht ein, dass ihre Fat Clients eine Schlankheitskur starten. SAP kämpft um die Marktanerkennung für ihre Mietsoftware. Und HP und Oracle geraten über die Plattformfrage so hart aneinander, dass die Frage, ob Oracle-Datenbanken weiterhin auf Itanium-Prozessoren laufen, vor dem Kadi enden wird.
Es klingt wie eine Diskussion aus dem Jurassic Park der Computer-Ära, als proprietäre Rechner-Dinos noch die Welt beherrschten und untereinander so kompatibel waren wie europäische Hochgeschwindigkeitszüge. Nichts passte zusammen – und die Plattformen waren so abgeschottet wie Fort Knox.
Abgeschottete Plattformen – darum geht’s in der frühen Phase des Platform as a Service. Und nichts ist bei der Suche nach einem möglichst großen OnDemand-Biotop derzeit gefährlicher als eine Symbiose auf einer gemeinsamen Kundenbasis. Mehr als 100.000 Kunden haben HP (Server) und Oracle (Datenbanken) gemeinsam – und beide wollen die Kunden in ihre eigenen Cloud-Lager ziehen. SAP hat die Gefahr, in der HP jetzt steckt, wohl schon früher erkannt, und sich aus dem Klammergriff der Oracle-Datenbanken zu befreien versucht. Doch soll mit Microsofts SQL-Server und IBMs DB2 nicht der Regenguss durch die Traufe ersetzt werden, vielmehr soll die eigene In-Memory-Technologie die Kunden auf die SAP-Plattform fesseln.
Apple, Amazon, Google, IBM und Microsoft verfolgen derzeit ebenfalls klare Sammlungsbewegungen in Richtung eigener Plattformangebote. Das Motiv: Money-Making durch proprietäre Plattformen. Der Kunde hat die Freiheit der Wahl – aber möglichst nur ein Mal.