Frank Shaw ist der Mann für die klaren Worte. Er ist Microsofts Firmensprecher im Range eines Corporate Vice President. Und natürlich gehört es auch zu seinen Aufgaben, sich vor Steve Ballmer zu werfen, wenn der ins Sperrfeuer der Medienkritik gerät. So wie jetzt, da in Wirtschaftsblättern, News-Portalen und Blog-Einträgen gefordert wird, dass der Microsoft-Chef die persönlichen Konsequenzen aus dem vermeintlichen Windows-8-Desaster ziehen sollte. Erstens, sagt Shaw, sei Windows 8 kein Desaster und zweitens, sagt Shaw, sitzt Steve Ballmer fest im Sattel.
Und überhaupt, sagt Shaw in seinem Firmenblog, gebe es „in dieser Welt, in der jeder ein Publizist ist, einen Trend zum Extremen.“ Statt differenzierter Analysen herrsche Sensationslust und Übertreibung, Schwarzweiß statt Graustufen, Schärfe statt Licht. Da wollen wir doch mal kurz anmerken, dass diese Replik ja nun ebenfalls ganz schön schlaglichtartig ohne besondere Nuancierung ausgefallen ist. Aber sei´s drum. Dieser Blog reiht sich auf den nächsten Zeilen garantiert nicht in den Microsoft-Shitstorm ein.
Was Frank Shaw da beobachtet, gehört inzwischen zur Kultur der Web-Society. Als Web-Publizist kann jeder Konsumer auch zum globalen Produktkritiker werden. Das hat eine Menge Vorteile, wenn man die Mechanismen zu nutzen weiß und die Kritik zur Produktverbesserung benutzt. Nicht mehr und nicht weniger tut Microsoft mit Windows 8.1 oder Windows Blue. Wenn die Welt den Start-Button wieder haben will, dann soll sie ihn halt kriegen. Das ist nicht New Coke, das ist New Start.
Immer mehr Unternehmen setzen auf die direkten Feedback-Möglichkeiten, die soziale Netze und Wissensplattformen eröffnen. Intranet und Extranet gehören allmählich auf das Altenteil. Heute wird geteilt, das wussten schon die CeBIT-Macher, als sie das Motto der diesjährigen Messe mit Shareconomy auswählten. Wir posten und bloggen, sharen und publishen – mailen dagegen war irgendwie auch gestern.
In der Tat gibt es kaum ein besseres Medium, als Facebook-ähnliche Webseiten für den unternehmensinternen Gebrauch, wenn es darum geht, eine schnelle Verbreitung von Informationen nebst Feedback und Updates zu erhalten. Kaum ein globaler Konzern, ja kaum ein Mittelständler, der sich nicht auch daran versucht hätte, das im Unternehmen vorhandene Wissen über Prozesse und Produkte in einem Wiki zu sammeln und zu managen. Anders freilich als in der hierarchiefreien Welt der sozialen Medien, wo man entweder Freunde hat oder nicht, gibt es jedoch innerhalb von Firmen-Wikis hierarchische Gefälle. Kann jeder schreiben was er will beziehungsweise was er weiß? Kann jeder auch jeden verbessern – zum Beispiel der Sachbearbeiter den Abteilungsleiter? Wer stellt aber sicher, dass die im Unternehmens-Wiki, auf der Wissensplattform, im Sharepoint abgelegte Information tatsächlich zutrifft. Wer ist zuständig dafür, dass diese Information auch wirklich auf dem neuesten Stand bleibt?
Wo alle zuständig sind, ist niemand zuständig. Diese Weisheit wird in der Regel durch die Intelligenz des Schwarms widerlegt. Die Open Source-Welt zeigt, dass es immer irgendwo jemanden gibt, der sich um die nächsten Bugfixes kümmert. Bei Wikipedia findet sich immer ein freiwilliger Autor, der Ungenauigkeiten eines Beitrags geraderückt. Aber kann man sich darauf verlassen, wenn es bei Produktinformationen um Wissen geht, das über Leib und Leben entscheiden könnte. Ein Pharma-Wiki etwa oder ein Fluglotsen-Wiki sollte man tunlichst nicht dem Schwarm überlassen.
Aber ein Windows-Wiki schon. In einer Welt, in der jeder Publizist kommt, schaut und kritisiert (und dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Microsoft-Produkt verwendet), führt die Anwenderkritik zu einem besseren Produkt. Das ist ein Stück Demokratie. Und von der sagte der andere Shaw, sie sei ein Verfahren, das garantiert, dass wir nicht besser regiert werden als wir verdienen. Oder die Produkte erhalten, die wir verdienen.
Problematisch für Windows 8 dürfte der krasse Stilbruch zu den Versionen davor gewesen sein. Gerade bei Betriebssystemen, die sich über Jahrzehnte mit einer ähnlichen Struktur etabliert haben, ist es für Anwender, die nicht die IT-Affinität von Digital Natives besitzen schwer, sich darin einzufinden. Im Falle von Windows 8 war es aber selbst mir zu bunt und zu app-lastig. Den Aufschrei hätte man unproblematisch umgehen können, wenn man eine klitze kleine Umfrage mit einer Beta-Version angestoßen hätte…
Da wir bei G+F eine interne Twitter-Kultur hegen und pflegen, kann ich mich nur dafür aussprechen interne Social Media Kanäle zu nutzen. Denn so werden auch die vermeintlich unwichtigen Informationen, die sich an anderer Stelle doch als wichtig herausstellen perfekt und ohne großen Aufwand kommuniziert. Im Falle Ihres Beispiels mit der Pharmaindustrie könnte es auch hier sinnvoll sein, dann hätte so ein „Missgeschick“ vielleicht vermieden werden können 😉 … http://www.cbc.ca/news/canada/british-columbia/story/2013/04/08/ns-birth-control-pill-recalls.html