War was? Eigentlich könnte man zur Tagesordnung übergehen. Microsoft hat Office für Apples iPad freischalten lassen. Na und?
In den Jahren ohne Office auf einem Tablet haben wir uns wunderbar anders beholfen und siehe da: der Mensch lebt nicht nur von Word allein.
Office war auch nie Grund genug, sich für ein „Surface-Book“ zu entscheiden. Oder gar für Windows 8. Microsoft ist irgendwie nicht mehr – äh, sagen wir mal: „geil“.
Und doch. Es ist nicht nur der Wechsel von „adipös“ zu „asketisch“, wenn nun statt Steve Ballmer Satya Nadella die Strategien des Konzerns aus Redmond präsentiert. Es ist auch das mit Bedacht gewählte goldene Einfallstor zum Silicon Valley – San Francisco nämlich –, wo Nadella einen ersten Einblick in die Zielsetzung „mobil zuerst, Cloud zuerst“ gewährt. So soll verlorenes Terrain wettgemacht werden. Doch die Ankündigung von Office fürs iPad letzte Woche war keineswegs schon der ganze Angriff, sondern eher nur eine Blendgranate, mit der Weltaufmerksamkeit auf die nächsten Einschläge geweckt werden soll: Windows ist nicht mehr das Maß aller Dinge – und schon gar nicht die Plattform fürs Web.
Die Plattform der Zukunft heißt Account. Nicht das System zählt, auf dem Anwendungen und Services genutzt werden, sondern das Konto, über das die Leistungen integriert und – das ist ja schließlich auch in der Internet-Welt nicht illegitim –abgerechnet werden. Denn wer vollen Nutzen aus Office fürs iPad ziehen will, der soll sich bei Office365 anmelden. Nur so funktioniert der Office-Dreisprung: Create, Edit and Store. Denn in einer mobilen, auf die Cloud setzenden Gesellschaft, heißt der Dreiklang ohnehin: Create, Edit and Share.
Allein die Öffnung von Office für das iPad könnte eine interessante Umsatzwelle in die Microsoft-Kassen spülen. Während im vergangenen Quartal 26 Millionen iPads verkauft wurden, interessierten sich gerade einmal 500.000 Kunden für das Surface-Tablet. Oder anders gerechnet: mit den jetzt im Markt verbreiteten 60 Millionen iPads stünde Microsoft ein Umsatzpotential von fünf Milliarden Dollar offen – vorausgesetzt, die Anwender entscheiden sich für die Bezahlvariante von Office.
Doch Microsoft zielt vor allem auf Geschäftskunden und jene Webworker, die in arbeitsteiligen Communities agieren, vom Austausch der Ideen, der Kooperation und Kollaboration, den Prämissen der Shareconomy. Für die zählt nicht, welches Betriebssystem im Einsatz ist, sondern welche Sicherheitsfeatures realisiert sind. Es zählt auch nicht, von welcher Plattform aus operiert wird, sondern dass sie immer und überall verfügbar und erreichbar ist.
„Wir werden sicherstellen, dass Office auf jedem Tablet, jedem Smartphone, jedem PC und im Internet verfügbar ist“, sagte Nadella in San Francisco vor Analysten. Aber er sagte auch: „Die nächsten zehn bis 15 Jahre werden nicht mehr durch die Form von Computern geprägt werden, die wir schätzen und lieben gelernt haben.“ Blumiger kann man nicht umschreiben, dass der PC als Plattform ein absterbender Ast ist. Und auf diesem Ast sitzt Windows.
Das Geschäft rund um das Betriebssystem geht für Microsoft kontinuierlich zurück. Nur noch ein Drittel des Gewinns zieht Microsoft aus der direkten Windows-Welt. 2010 war es noch knapp mehr als die Hälfte. Und es ist abzusehen, dass dieser Trend sich ohne eine Richtungsänderung fortsetzen würde – in die Bedeutungslosigkeit.
Deshalb wird Satya Nadella jetzt die Stärken neu sammeln. Der ehemalige Bing-Entwickler wird Windows nicht killen, sondern zusammen mit Office, OneDrive und Azure für den Web-Betrieb optimieren. Im Hintergrund wird dazu heftig geplant und gefeilt. Bereits in den nächsten Tagen sollen auf der Entwicklerveranstaltung „Build“ Innovationen rund um Windows und die anderen Microsoft-Kernprodukte angekündigt werden. Nichts Geringeres als der Fenstersturz für Windows wird erwartet. Dann gilt: „Build dir deine Meinung!“