„Wenn wir in Köln über den nachhaltigen Einfluss Bonns auf Digitalisierung und Informations- sowie Kommunikationstechnik sprechen, meinen wir damit nicht die ehemalige Bundeshauptstadt…“ Solche freundlichen Worte – in diesem Fall von Dr. Werner Görg, dem Präsidenten der IHK zu Köln – bekommt man zu lesen, wenn man „nullt“. Dabei: Was macht es eigentlich für einen Unterschied, ob man seinen 69. oder seinen 70. Geburtstag feiert?
Es ist doch so, dass das eigene Alter nie wieder so genau bemessen wird, wie in der Kindheit: „In einem Monat werde ich viereinhalb!“ Dagegen wird man nie sechsundreißigeinhalb. Je älter man wird, umso mehr verwischen die Altersunterschiede. Ein Siebenjähriger schaut auf einen Fünfjährigen herab („Der ist ja noch im Kindergarten!“). Aber kein Siebenunfünfzigjähriger würde über einen Fünfundfünzigjährigen sagen: „Der ist ja noch nicht im Vorstand.“ – Oder doch?
Wann ist der Wendepunkt? Mit 35 vielleicht, wenn einen die Jugendorganisationen der Parteien einen aus ihren Reihen werfen? „Du bist 35? Du kommst hier nicht rein.“ Jetzt musst du längst geliefert haben. Sonst bist du geliefert. Du müsstest ein soziales Netzwerk gegründet haben. Du müsstest eine eigene Partei ins Leben gerufen haben. Du müsstest Kinder in die Welt gesetzt haben. Du müsstest… etwas VERÄNDERT haben.
Wenn „Hey, jetzt bin ich 35!“ wie saure Milch klingt, dann klingt jeder Tag nach 50 – jeder der 7304 Tage zwischen 50 und 70 wie süßer Honig. Jeder Tag ist ein Geschenk. Jeder Tag ist Erntetag. An jedem Tag nutzt man die eigene Souveränität. Mit 20 konnte man sich noch jeden Tag über alles Mögliche aufregen. Aber mit 70 kann man sich über fast gar nichts mehr aufregen. Jetzt mal ehrlich: Was ist besser?
Ich kann mir schon vorstellen, wie das weitergeht: In neuneinhalb Jahren werde ich auf die Frage, wie alt ich bin, sagen: „Ich werde bald achtzig!“ – Und wiederum später werde ich die Leute auffordern: „Schätzen Sie mal, wie alt ich bin!“ Und bei der Antwort „85“ werde ich triumphieren und sagen: „Ja, von wegen. Ich werde bald 90!“ – Wir werden wie die Kinder, weil wir das wesentliche, das Kinder schon wissen und wir mit 17 irgendwie verlernt haben, wiederfindenen: „Zeit ist nicht, was du daraus machst. Zeit ist, was dir gegeben wird.“
Oder als Diktum formuliert: Zähle nicht die Zahl deiner Atemzüge, sondern die Zahl der Momente, die dir den Atem geraubt haben.
Und wo wir schon einmal dabei sind: Genieße die einfachen Dinge. Wenn dir jemand sagt: „Du hast doch schon alles“, dann lass dir Unterhosen schenken, die braucht man immer.
Höre nie auf zu lernen. „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist einer der leichtesten Sätze im Alter – aber auch einer der gefährlichsten. Er führt unweigerlich in die Langeweile und Verödung!
Und ebenso wichtig: Sammle fröhliche, lebensbejahende Menschen um dich. Die Muffel überlasse deinen Feinden.
Ich weiß das auch alles auch erst seit kurzem. Aber ich habe gelernt, danach zu leben. Und es hat mir den Ruf eingebracht, ein Networker zu sein. Das freundliche Wort vom „Nexialisten“ durfte ich ebenfalls in einer Würdigung lesen. Und „IT-Urgestein“ stand in der COMPUTERWOCHE. Dort zeichnete auch Oldrich Jelinek (Copyright Computerwoche) diese schöne Karikatur, für die der Drucker extra eine zweite, rote Farbe spendierte. Die rote Brille hat mir den Ruf eingehandelt, ein versierter Selbstvermarkter zu sein. Ich weiß gar nicht, wie man darauf kommen kann…
Denn die wichtigste Maxime ist doch die: Sage den Menschen, die du liebst, dass du sie liebst. So wenig, wie es eine zweite Chance auf einen ersten Eindruck gibt, gibt es eine zweite Chance auf ein letztes Mal.
Und es gibt auch keine zweite Chance für einen 70. Geburtstag. Allen Gratulanten gilt auf diesem Wege mein herzlichster Dank.