Cloud Computing wurde bislang im deutschen Mittelstand nur zögerlich angenommen. Das gilt interessanterweise sowohl für die mittelständischen Anwender als auch für mittelständische IT-Anbieter. Die einen wollen der Cloud nicht ihre Daten und ihr in Software gegossenes Wissen anvertrauen. Die anderen wollen der Cloud nicht in ein neues Geschäftsmodell folgen. Anders als in den USA, wo diese Ressentiments nicht vorherrschen, verhindern die Deutschen also die Cloud, weil sie keinen Grund für einen Paradigmenwechsel sehen oder aber weil sie ihn scheuen…
Das lässt sich nur allzu gut erklären: Die deutsche Wirtschaft war in den letzten Jahren mit ihrem eigenen Wachstum beschäftigt. In anderen Ländern, die mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatten, haben sich die Unternehmen viel früher und konsequenter mit notwendigen Veränderungen beschäftigt. Zudem wurden bislang die disruptiven Kräfte, die die Cloud freimachen kann, nur in den wenigsten Fällen, genutzt. Überall dort, wo dies aber geschehen ist, werden die Cloud-Angebote allerdings auch gerne angenommen. Man muss nur mal auf sein Smartphone schauen: Viele der Funktionen, die dort durch Icons repräsentiert werden, wären ohne die Cloud überhaupt nicht denkbar. Ja, Mobile Computing ist per se ohne die Cloud nicht denkbar.
Eines der erfolgreichsten Cloud-Modelle, das sich in einer Vielzahl von Angeboten erfolgreich durchsetzt, ist die disruptive Methode des „Kill the Middleman“: Wer seine Bücher als eBook vertreibt, braucht keinen Verlag. Wer sich im Schwarm Geld leiht, braucht keine Bank. Wer bei Uber eine Mitfahrgelegenheit sucht, braucht keine Taxi-Mafia. Oder wer bei AirBnB eine Unterkunft anbietet, braucht keinen Makler. Was diese Anwendungen aber brauchen ist die Cloud.
Die Konsequenz daraus, die jetzt auf der deutschen Partnerkonferenz von Microsoft diskutiert wurde, ist geradezu trivial: Wer in der Cloud das Gleiche anbietet wie OnPremises, der wird in und mit der Cloud scheitern. Dabei sind es nur wenige Schritte auf dem Königsweg in die Cloud.
- Das Cloud-Angebot muss einen Zusatznutzen in bestehenden digitalen Welten erbringen.
- Das Nutzenversprechen sollte zu den aktuellen Megatrends wie Internet of Things, Industrie 4.0, Big Data, Collaboration, Social Media passen.
- Der Mehrwert des Cloud-Angebots muss für den einzelnen Anwender unmittelbar erfahrbar sein – langfristige strategische Potenziale ziehen nicht.
- Die Cloud ist ideal, um Erweiterungen und Zusatznutzen schnell und ohne Vertriebsaufwand zu vermarkten.
- Cloud-Angebote sollten bestehende Lösungen ergänzen, ehe sie abgelöst werden.
- Cloud-Angebote erschließen neue Zielgruppen in den Fachabteilungen der Unternehmen.
- Spätestens seit dem EuGH-Urteil, das den USA abspricht, für Daten ein sicherer Hafen zu sein, sollte der Standort D/EU als Wettbewerbsvorteil genutzt werden.
- Cloud-Angebote sollten zunächst ein Zusatzgeschäft sein, ehe Anbieter voll auf das neue Geschäftsmodell setzen.
- Der Vertrieb erhält eine neue Perspektive – in einem neuen Zielmarkt.
Der Weg in die Cloud erfolgt über das Verständnis, auf welchen Zusatznutzen Kunden heute schon ansprechen. Wer es versteht, dabei das Softwarelizenz-Kind nicht gleich mit dem Cloud-Bade auszuschütten, sondern sukzessive Erweiterungen in bestehende Softwarewelten schafft, wird erfolgreich sein. So überleben mittelständische Software-Anbieter auch die schwierige Drei-Jahres-Phase, in der der Cloud-Umsatz noch nicht die Software-Lizenzumsätze ersetzen kann. In dieser Phase kann aber das Legacy-Geschäft das Neugeschäft in der Cloud subventionieren.