2015 war natürlich mal wieder das Jahr der Cloud – und natürlich mal wieder das Jahr des Internets der Dinge. Aber vor allem war 2015 das Jahr der deutschen Startups.
Wie sehr in Berlin (und andernorts, aber vor allem in Berlin) die Post abgeht, beweist eine Zahl. Allein in der Bundeshauptstadt wurde im zurückliegenden Jahr rund eine Milliarde Dollar an Startup-Finanzierungen ausgeschüttet. Das ist mehr als in London für Unternehmensneugründungen investiert wurde. Nach einer Zählung der Analysten von Ernst & Young sind 13 der höchstfinanzierten 20 deutschen Startups in Berlin beheimatet – mit einem Funding von zusammengenommen rund drei Milliarden Dollar, die über die Jahre akkumuliert werden konnten.
In Deutschland werden es insgesamt mehr als drei Milliarden Dollar sein, die allein 2015 ausgeschüttet werden. Aber das ist auch deutlich weniger als beispielsweise in Indien in die Gründerszene gebuttert wurde: Dort, so feierte jetzt die Economic Times, summierte sich das Gründergeld im zurückliegenden Jahr auf 8,4 Milliarden Dollar, die an 930 Startups ausgeschüttet wurden!
Längst hat sich weltweit die Erkenntnis durchgesetzt, dass aus Neugründungen mehr Arbeitsplätze entstehen als durch Unternehmensansiedlungen, bei denen Unternehmen mit kostspieligen Geschenken angelockt werden. Am Beispiel Berlin, das vor 25 Jahren aus seiner globalen Isolation befreit wurde, zeigen Langfriststudien, dass der Zuwachs an Arbeitsplätzen durch Startups größer ist als durch den Zuzug traditioneller Unternehmen.
Dabei ist die Fehlerrate bei Jungunternehmen durchaus groß, wie zuletzt am Schicksal von Food Express zu beobachten war, der im mit harten Bandagen umkämpften Markt der digital gesteuerten Zulieferdienste von der Konkurrenz an die Wand gedrückt wurde, wovon nun rund 1500 Fahrer und 90 Mitarbeiter in der Zentrale betroffen sein dürften. Auch werfen Startups mit ihren Ideen traditionelle Anbieter, an denen die Digitalisierung vorbeigeht, aus dem Markt. Aber die Nettobilanz ist positiv und liefert viele Gründe fürs Gründen. Und die Zahl der sogenannten Accelerator-Initiativen, über die die Startphase beschleunigt und gefestigt werden kann, steigt kontinuierlich. Mehr als 30 Initiativen laufen derzeit parallel – und werden von manchen Gründern auch parallel genutzt.
Mit beim Gründen aktiv sind zahlreiche sogenannte Inkubatoren in Konzernumgebungen, die dafür sorgen sollen, dass aus den Stammzellen der Startups die Verjüngungskuren der traditionellen Unternehmen gespeist werden. Denn für forschungsintensive und damit Geld verschlingende Geschäftsmodelle ist das unmittelbare Konzernumfeld mit seiner Ressourcenfülle immer noch die beste Umgebung. Die typische Domäne heutiger Startups ist dagegen die Optimierung, wenn nicht gar Revolutionierung bestehender Geschäftsmodelle, Geschäftsprozesse und Wertschöpfungsketten. Dabei hilft die Digitalisierung vor allem dabei, Vermittler, die nichts Entscheidendes zur Wertschöpfung beizutragen haben, aus der Lieferkette zu werfen. „Cut the Middleman“ heißt das Modell, bei dem Angebot und Nachfrage für Lieferdienste, Reisen, Dienstleistungen oder Lifestyle-Produkte verknüpft oder durch Preisvergleichsportale transparent werden.
„Alles, was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert“, hatte Eric Schmidt, der Quasi-Außenminister von Google, Mitte des Jahres auf einer Gründerkonferenz in Berlin prophezeit und damit das Mantra der Startup-Szene postuliert. Dabei ist diese Erkenntnis gar nicht von ihm, sondern von niemand geringerem als der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zudem feststellte: „Viele Jobs werden verschwinden, weil eine Maschine sie erledigt. Aber noch mehr Jobs werden dadurch geschaffen, dass wir Daten auswerten.“
Dass diesen Einsichten nicht immer auch die richtigen Überlegungen folgen, musste die Kanzlerin im Sommer erkennen, als sie ein Diskussionspapier aus dem Finanzministerium beerdigen ließ, nach dem der Zufluss von Venture Capital an Startups in Deutschland erheblich gestört worden wäre. „Nicht hilfreich“ nannte Angela Merkel damals den Vorstoß, der nun endlich Vergangenheit ist.
Na, dann kann es ja auch 2016 weitergehen mit dem Happy Hype. Dann also auf ein glorreiches Startup-Jahr 2016.