Großvater der Startups

Am kommenden CeBIT-Donnerstag, also am 17. März, wird es 30 Jahre her sein, dass Heinz Nixdorf im Alter von nur 60 Jahre starb – während der ersten CeBIT überhaupt, während einer Show für Kunden, während eines Tänzchens im Kreise seiner Mitarbeiter. Ein tödlicher Herzinfarkt.

Zu diesem Zeitpunkt war die Nixdorf Computer AG mit 25.000 Angestellten der viertgrößte IT-Anbieter in Europa. 34 Jahre zuvor hatte der 27 Jahre alte Physikstudent Heinz Nixdorf einen ehrgeizigen Plan. Parallel zu seinem Studium an der Frankfurter Universität war er Werkstudent bei der Frankfurter Niederlassung von Remington Rand, die gerade die Eckert-Mauchly Computer Corp. aufgekauft hatte, jene Firma, die die technischen Errungenschaften des ersten Röhrenrechners ENIAC kommerziell weitertreiben wollten. Nixdorf aber wollte einen anderen – und vor allem eigenen – Weg gehen. Davon überzeugte er schließlich seinen ersten Kunden, das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk in Essen. Sein Labor für Impulstechnik sollte mit der ersten Computergeneration „voRWEeggehen“. Der Student brach sein Studium ab und gründete ein Startup.

Nicht weit vom damaligen Nixdorf-Messestand auf der CeBIT entfernt werden ab der nächsten Woche rund 250 Aussteller in der Sonderhalle „SCALE11“ für ihre Startups werben. Sie werden sich ebenso an Kunden, wie an Investoren und Technologiepartner wenden, um – anders als zu Nixdorfs Zeiten – möglichst rasch ein Produkt zu bauen, möglichst

schnell zu skalieren, möglichst schnell zu globalisieren.

„Grundsätzlich waren die Zeiten für die Gründung von Unternehmen – insbesondere mit digital getriebenen Geschäftsmodellen – wohl nie so gut wie zurzeit“, sieht „Hausherr“ Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe und zuständig für die CeBIT, die aktuelle Situation der aufstrebenden deutschen Startup-Szene. „Cloud-Lösungen reduzieren die Anfangsinvestitionen auf ein Minimum. Büroräume muss niemand mehr mieten, Coworking-Spaces gibt es mittlerweile in nahezu allen größeren Städten. Und private Investoren, Banken und vor allem viele etablierte Konzerne greifen mit speziellen und teils finanziell gut ausgestatteten Programmen unter die Arme.“

Und auch die CeBIT hat die Startup-Szene entdeckt und ihr schon im vergangenen Jahr mit SCALE11 eine Bühne geschaffen. Frese: „Diese Plattform bringt nicht nur mehr als 250 Startups aus 25 Nationen in einer Messehalle in Hannover zusammen. Konzerne wie die Deutsche Bahn, SAP, Volkswagen oder Schaeffler engagieren sich inhaltlich ebenso, wie die Europäische Union und das Bundeswirtschaftsministerium sowie Beratungsgesellschaften und Finanziers. SCALE11 ist ein gigantisches Netzwerktreffen über fünf Tage.“

Denn neue Unternehmen, die mit frischen Ideen und Gründergeist ins Wirtschaftsleben eingreifen, braucht das Land. Sie sind im Nixdorfschen Sinne umtriebig, erfinderisch und früher oder später verantwortlich für eine größere Zahl von Mitarbeitern. Sie schaffen neue Arbeitsplätze dort, wo sich durch die Digitalisierung des Lebens Arbeitsplätze wandeln, verschwinden und Neues entsteht.

Hannover, die Stadt des Nachkriegskindes Deutsche Messe, liegt in einem spannenden Kräftedreieck zwischen Berlin, der zurzeit weltweit am stärksten wachsenden Startup-Region, Hamburg mit seiner eigenen Startup-Szene und der RheinRuhr-Region, in der vor allem Universitäts-Ausgründungen und Kooperationen zwischen alten und neuen Unternehmen gedeihen. Entlang der A2 von West nach Ost entsteht eine Startup-Szene, die an Innovationskraft und Wachstumswillen nur wenig hinter dem Silicon Valley, der Mutter aller Startup-Regionen, zurückstehen muss. Tatsächlich ist Berlin in der Weltrangliste der angesagtesten Startup-Regionen schon auf Platz neun vorgerückt. „Arm aber sexy“ war gestern.

Auch Paderborn, die Heimat der Nixdorf Computer AG, liegt unweit der A2. Übrig geblieben ist ein Museum, das jährlich von 125.000 Besuchern frequentiert wird. Dass der Wirtschaftsstandort Deutschland angesichts der rasant fortschreitenden Digitalisierung nicht zum Museum verkommt, dafür müssen globale Konzerne, mittelständische Unternehmen und Startups gleichermaßen sorgen. Hand in Hand. Das sind wir unserem Land – das sind wir aber auch dem Großvater der Startups, Heinz Nixdorf – schuldig.

Zur SCALE11 erscheint „Heute Startups – morgen Mittelstand“ von Heinz-Paul Bonn und Florian Nöll. Das Buch kann man zum Subskriptionssonderpreis von 9,90 € hier schon einmal vorbestellen.

 

 

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