Monaco hat sich jetzt zum weltweit ersten Staat mit flächendeckender 5G-Ausstattung erklärt. „Kein Kunststück“ möchte man meinen angesichts von 40.000 Einwohnern und einem Territorium von gerade einmal 200 Fußballfeldern. Die Feuerwehr möchte jetzt jeden Quadratmeter des Fürstentums mit Hilfe von Drohnen überwachen. Aber viel mehr Nutzen lässt sich derzeit aus dem superschnellen Netz im Fürstentum nicht ziehen.
Das wird sich schnell ändern, denn der Technologieausstatter der Monegassen ist kein geringerer als Huawei. Der zuletzt arg in den USA und Europa gebeutelte chinesische Telekommunikationsdienstleister will Monte Carlo zum „Flagship-Store“ in Europa ausbauen. Hier soll man life und in Farbe erfahren können, wie es sich in einer Smart City dank südchinesischer Entwicklungshilfe leben lässt.
Denn an seinem Stammsitz in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, die nördlich an Hongkong grenzt, sorgt Huawei längst für die technische Infrastruktur einer Smart City. Shenzhen, das 1950 noch 3000 (!) Einwohner zählte, gehört inzwischen mit mehr als zwölf Millionen Bewohnern zu den Megacities mit überdurchschnittlich hohem Pro-Kopf-Einkommen und einem weltweit führenden technologischen Lebensstandard. Unternehmen wie BYD, Tencent und eben Huawei, aber auch Foxconn mit Produktionen für Apple, Sony, Nintendo und Hewlett-Packard arbeiten im sprichwörtlichen Shenzhen-Tempo daran, aus dem ehemaligen Fischerdorf eine smart City zu machen.
Und in Deutschland? In Berlin hat Siemens die Initiative ergriffen und will aus der Siemensstadt einen 5G-Campus machen, der mit smarter Infrastruktur fürs Leben und Arbeiten wirbt. Am Flughafen Tempelhof wurde jetzt das „CityLab“ eröffnet, das als Technologielabor von der Digitalisierung bis zur Verwaltungsmodernisierung alles auf den Prüfstand stellen soll. Und die Deutsche Telekom sucht Partnerschaften zwischen städtischen Behörden und Green Startups, um „Technologien für eine nachhaltige, zukunftsorientierte digitale Gesellschaft“ zu entwickeln. Schillerndstes Beispiel ist die Kombination aus Moos und Detektoren im Internet der Dinge, das Feinstaub an belasteten Standorten herausfiltert.
Die vielleicht am weitesten gehende Initiative kommt von Microsoft, das mit dem Programm CityNext weltweit Städtepartnerschaften schmiedet, um fünf Schwerpunkte einer smart City zu verwirklichen: größere Sicherheit, bessere Gesundheit, höhere Bildung, mehr Nachhaltigkeit und innovative digitale Services. In München gibt es dazu bereits erste Kontakte. Bemerkenswert ist hier auch, dass Microsoft bereits ethische Leitplanken – zum Beispiel bei Überwachungs-Technologien, Bilderkennung oder Speicherung von Bewegungsdaten – formuliert, nach denen smart Cities geplant werden sollten. Und ausgerechnet in China, wo unter Technologieeinsatz aus Toleranz schnell Totalitarismus wird, argumentiert man jetzt mit der guten alten Maslow´schen Bedürfnispyramide, um Cities in fünf Stufen smart zu machen: erst Grundbedürfnisse (also 5G-Infrastruktur), dann Sicherheit (durch Überwachung), gefolgt von sozialen und individuellen Bedürfnissen (die über Cloud-Services erbracht werden) bis zur individuellen Selbstverwirklichung. Man wird sehen.
Smart Cities bestehen nicht nur aus superschnellen Netzen, über die Energiemanagement, Verkehrsleitsysteme, autonome Fahrzeuge und Drohnen gesteuert werden und unsere Lebenswelt beeinflussen. Sie leben vor allem von schlanken und schnellen Geschäftsprozessen beim Umgang mit Behörden, bei der Nutzung von Ressourcen und bei Services im Gesundheitswesen, bei den Einsatzkräften und in der Pflege. Während nach einer Untersuchung unter 384 deutschen Städten mit mehr als 30.000 Einwohnern deutliche Defizite bei der Integration und Digitalisierung der Infrastrukturen diagnostiziert werden, summiert sich der Nachholbedarf zu erheblichen Umsatzpotentialen. Allein Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit werden in Deutschland auf ein Investitionsvolumen von 20 Milliarden Euro jährlich geschätzt. In fünf Jahren soll das Investitionsvolumen nur für deutsche Städte auf 43 Milliarden Euro steigen, wobei Verkehr und Logistik, Gebäudemanagement und Energiemanagement die größten Technologiebereiche darstellen.
Allerdings ist dies für viele Kommunen noch „Neuland“. Zwar hängt alles mit allem zusammen, doch die städtischen Behörden verlieren sich in Einzelprojekten. In seinem lesenswerten Buch „Erde 5.0“ wirbt einer der lautesten Visionäre für eine smarte Zukunft, Karl-Heinz Land, für mehr Engagement beim Umbau unserer Städte. Wie er selbst sagt, hat er das Buch für seine Enkelkindern „und alle Enkelkinder auf der Welt“ geschrieben, um Technologie künftig so zu nutzen, dass der Planet, auf dem wir leben, auch für unsere Enkelkinder lebenswert ist.
Wir sollten schnell auf Shenzhen-Tempo umschalten, wenn wir im Wettbewerb der Städte mithalten wollen. Anders als in anderen industrialisierten Ländern gibt es im föderalen Deutschland keine Megalo-City mit ihren unüberbrückbaren Gegensätzen. Nur wenige Städte überschreiten die Millionengrenze. Das könnte einen Geschwindigkeitsvorteil bringen, wie das Fürstentum Monaco beweist. Wir müssten – wie immer – nur wollen.