Make America Great Again (english)

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You could hardly imagine a similar moment in a German TV-program: at a round table on CNBC Jim Cramer, a US-American TV-personality with his own show all about „Mad Money“, was asked about his opinion on the further development of Microsoft. And instead of tech-talks he answered with an ardent declaration of love addressing Microsoft´s CEO Satya Nadella: “I´m in awe at what this man has done” in the last five years, he said. And he added: his achievements (and those of other fantastic CEOs) could make America great again.

And this to the first foreign-born CEO at Microsoft, who grew up at Hyderabad, studied at the University of Wisconsin-Milwaukee, worked for 27 years for Microsoft, took over the helm as CEO from Steve Ballmer five years ago – and who turned 52 recently. During his five years as CEO Microsoft´s market capitalization rose about 200 percent into the “one-trillion-region“.

US-American talk shows always follow the same script: Not one, but two experts were confronted by the anchorman with a topic. And the conquest for airtime is fought out by the controversy of opinion instead of a broad agreement of the two counterparts. Jim Cramer got furious upon the reply, Satya Nadella´s reputation might be so high, because the expectations were so low when he came in. Cramer broke out: „There is a tone to him, that is a tone you never hear out there. And it’s a level of sweetness – I use that word – of kindness…” And after being interrupted, he went on: “I trashed every executive in America. I have every right to [say that]…”

To hear such words concerning German DAX-leaders would be unimaginable – be it on public service broadcast or on commercial television. But what has the two-fisted real-life check to say about the man and his achievements, who brought a company, that was nearly off, back on track by refocusing from Windows to cloud with his „Intelligent Cloud – Intelligent Edge“ strategy?

  • Out of three stacks: Microsoft has divided its product offerings into three units: „Productivity and Business Processes“ with Office 365, Skype, LinkedIn and Dynamics 365; „Intelligent Cloud“ comprises Azure, Visual Studio and Windows Server; Windows itself, Xbox, Microsoft Surface, HoloLens and Bing are part of „More Personal Computing“. – The majority of revenue comes from the first and second unit and is mainly business to business.
  • AI for everyone and everything: Though „Artificial Intelligence“ as a term is only reflected in the unit´s name „Intelligent Cloud“, AI-technologies like analytics, machine learning or cognitive computing are part of nearly every product. Azure is becoming the cloud-platform for a community of several million developers, who use open source, AI development kits and cloud-services to build rich and AI-driven applications.
  • Everything´s Cloud: And on the other hand practically every product announcement enriches – as a cloud-service – the Azure platform. Thus Microsoft utilizes the metrics of a platform economy on every business level: for deployment of new releases along the enterprise; with the channel incentives for the (still not enough) cloud partners; as a migration path of the customer´s IT into the cloud; and by developing new and disruptive business models based on products, which customers enhance with cloud-services.
  • Everything „for the greater good“: for months Microsoft combines its product offerings with AI-technology for its altruistic ambitions in the means of social responsibility in i.e. health care, biodiversity, agriculture or to build smart cities.

When Satya Nadella tells employees, partners and customers that growth is not a big thing to accomplish in these days, since technology expenditures rise from five percent of the world´s GDP to ten percent anyway, this indeed sounds humble, modest and calm. What he doesn´t say is, that it takes enormous efforts to understand the means of these needs and to meet them with the right products and technology. But obviously he succeeds in doing the right thing at the right time better than everyone else. If there were more like him in the corridors of power in politics and economy America would indeed be great again – and not big-mouthed as it is today.

Make America Great Again (deutsch)

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Eine solche Szene wäre im deutschen Fernsehen undenkbar: Jim Cramer, eine US-amerikanische TV-Persönlichkeit mit einer eigenen Show rund ums Geld unter dem Titel „Mad Money“, wurde in einer Talkrunde bei CNBC nach seiner Meinung zu der weiteren Entwicklung von Microsoft gefragt. Und statt eines Tech-Talks folgte eine glühende Liebeserklärung an Microsofts CEO Satya Nadella. Er sei „voller Ehrfurcht vor dem, was er in den letzten fünf Jahren“ geleistet habe. Seine Leistung mache Amerika wieder groß.

Und das über den ersten nicht-amerikanischen CEO bei Microsoft, der im indischen Hyderabad aufwuchs, an der University of Wisconsin at Milwaukee studierte, seit einem guten Vierteljahrhundert bei Microsoft arbeitet und vor fünf Jahren das Amt des Vorstandsvorsitzenden vom glücklosen Steve Ballmer übernahm, und der in diesen Tagen seinen 52sten Geburtstag feierte. In diesen fünf Jahren wuchs der Marktwert von Microsoft um 200 Prozent und rangiert in der One-Trillion-Region“.

US-amerikanische Talkrunden funktionieren nach dem immer gleichen Prinzip: Nicht einer, sondern zwei Experten, werden vom Anchor Man gleichzeitig zu einem Thema befragt. Und der Wettstreit um Sendezeit wird folglich nicht über Konsens, sondern entschiedenen Dissens ausgetragen. Jim Cramer wurde ausfallend, als ihm entgegnet wurde, Satya Nadellas Reputation sei vielleicht deshalb so hoch, weil die Erwartungen an ihn zunächst so gering gewesen seien. Daraufhin brach es aus Cramer heraus: Er, Cramer, habe schon viel Dreck über CEOs ausgeschüttet, aber dieser Mann sei so demütig, so bescheiden, so leise und – so süß.

Undenkbar, solche Worte über einen deutschen Dax-Kapitän zu hören – egal ob im öffentlich rechtlichen Rundfunk oder im privaten Fernsehen. Aber was sagt nun der knallharte Faktencheck über die Leistung des Mannes, der eine beinahe abgesagte Firma wieder auf Kurs gebracht und mit seiner „Intelligent Cloud – Intelligent Edge“-Strategie Windows aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit herausgerissen und an seine Stelle die Cloud-Plattform Azure gesetzt hat?

  • Alles in drei Töpfen: Microsoft hat seine Produktpalette in drei Sparten aufgeteilt: „Productivity and Business Processes“ mit Office 365, der Kommunikations-Plattform Skype, dem soziale Netzwerk LinkedIn und der ERP/CRM-Suite Dynamics 365; „Intelligent Cloud“ umfasst die Cloud-Plattform Azure, die Entwicklungsplattform Visual Studio sowie Windows Server; Windows selbst, die Spiele-Konsole Xbox, Microsoft Surface Tablets, die HoloLens und die Suchmaschine Bing werden unter „More Personal Computing“ zusammengefasst. – Der größte Teil des Umsatzes kommt aus den ersten beiden Töpfen und damit dem Business to Business.
  • KI für alle und alles: Obwohl der Begriff „Künstliche Intelligenz“ sich allenfalls im Namen der Sparte „Intelligent Cloud“ niederschlägt, sind Technologien wie Analytics, Machine Learning oder Cognitive Computing inzwischen in praktisch allen Produktangeboten enthalten. Und rund um Azure entsteht eine mehrere Millionen umfassende Entwickler-Gemeinde, die mit Open Source, KI-Development Kits und Cloud Services ausgestattet wird.
  • Alles für die Cloud: Und umgekehrt bereichert praktisch jede Produktankündigung das Cloud-Angebot auf der Azure-Plattform. Damit nutzt Microsoft die Metriken der Plattform-Ökonomie auf allen Ebenen: beim Deployment der Produkte im Unternehmen; bei den Incentive-Modellen der (leider noch zu wenigen) Cloud-Partner; bei der Migration der Kunden-IT in die Cloud; und bei der Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle der Kunden, die ihre Produkte durch Cloud-Services erweitern.
  • Alles „for the greater good“: Und seit einigen Monaten kombiniert Microsoft seine Produkt-Angebote mit altruistischen Ambitionen im Sinne sozialer Verantwortung mit zahllosen KI-Projekten im Gesundheitswesen, zur Erhaltung der Biodiversität, in der Agrarwirtschaft und in der Entwicklung von Smart Cities.

Wenn Satya Nadella Mitarbeitern, Partnern und Kunden vorrechnet, dass Wachstum für ein Tech-Unternehmen in diesen Tagen keine große Sache sei, weil der Anteil von Technologie-Investments am globalen Bruttoinlandsprodukt sich von derzeit fünf auf zehn Prozent verdoppelt, dann klingt das in der Tat demütig, bescheiden und leise. Er überspielt dabei, dass es einer enormen Anstrengung bedarf, diesen wachsenden Bedarf inhaltlich zu verstehen und mit den entsprechenden Angeboten zu bedienen. Das scheint ihm derzeit wie keinem anderen zu gelingen. Gäbe es mehr wie ihn an den Schaltstellen von Politik und Wirtschaft, wäre Amerika wahrhaftig wieder groß und nicht nur großmäulig.

Von roten und schwarzen Nullen – eine Polemik

Etwa vor einem Jahr warnten die ersten Wirtschaftsauguren davor, dass die nimmermüde Konjunktur doch allmählich abflauen könne. Das Wort Rezession machte noch nicht die Runde, aber auch damals schon standen die Schuldigen bereits fest: es waren die Streithähne Donald Trump und Xi Jinping, die die Welt in einen unnötigen Handelskrieg trieben. Heute haben wir bereits die Anfänge eines Währungskriegs, in dem die eine Abwertung die andere nach sich zieht, um Produkte des eigenen Landes im Ausland so günstig wie möglich zu machen. Und wer seine Hände nicht in den Schoß legt, deutet mit dem Finger auf die Bösewichte.

Es ist aber auch erst ein Jahr her, dass mittelständische Unternehmen in Deutschland darüber klagten, dass sie angesichts übervoller Auftragsbücher keine Zeit für die Umsetzung einer durchgängigen Digitalstrategie hätten und die Besinnung auf eine durchgängige digitale Transformation auf Zeiten ruhigerer Konjunktur verschieben müssten. Das „Business as usual“ war so erfolgreich, dass keine Zeit für das Ungewisse, das Innovative, das Disruptive blieb. Jetzt, wo das Wachstum nachlässt, heißt es jedoch: kein Geld für das Ungewisse, das Innovative, das Disruptive.

Vor einem Jahr diskutierten wir über marode Autobahnbrücken, ausgefallene Züge, schlechte Internetversorgung auf dem Land, einen massiven Mangel an Pflegekräften, zu wenig Venture Capital für Startups, fehlende Stromtrassen, versiffte Schultoiletten, verödende Fußgängerzonen, verrottende Bundeswehrausrüstungen… Heute fasst die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock das alles gegenüber der „Welt“ in dem Satz zusammen: „Unser Land fährt im Augenblick massiv auf Verschleiß“. Geändert hat sich nichts.

Stattdessen verlegen wir uns bei praktisch allen Zukunftsthemen aufs Debattieren, statt aufs Machen; entwerfen neue Konzepte, statt die alten umzusetzen; suchen ethische Leitplanken für die künstliche Intelligenz, statt KI dort einzusetzen, wo sie unkritisch ist; ernennen immer neue Digitalbeauftragte, statt die schon Benannten an ihre Aufgaben zu erinnern; arbeiten die Diesel-Affäre auf, statt die Elektromobilität anzukurbeln; streiten über 94- oder 100prozentige Befreiung vom Soli, statt eine Initiative „Aufbau West“ zu starten. Wir kämpfen um eine schwarze oder rote Null, statt die notwendigen Investitionen anzukurbeln. In Deutschland fehlt es nicht an Ideen, sondern an Umsetzern. Es fehlt nicht an Arbeit, sondern an Initiative. Es fehlt nicht an Arbeitsplätzen, sondern an denen, die sie erledigen können.

Sind wir eigentlich noch ganz bei Trost? Wir befinden uns in einer Ära, in der in praktisch allen Lebensbereichen ein softwaregetriebenes Wirtschaftswunder ansteht – und wir beschäftigen uns mit rückwärtsgewandten Gegenwartsthemen wie Pkw-Maut, Gorch Fock, Diesel-Skandal, Personaldebatten und Parteien-Sklerose. Aus Angst vor den Abgehängten hängen die Entscheider in den Seilen ab und verzagen im Angesicht von Landtagswahlen, in denen voraussichtlich die Nein-Sager und Leistungsverweigerer siegen werden.

Was an unserem Weltbild schiefhängt, offenbart ein Blick auf die USA und China – jenen Kontrahenten, die wir jetzt so bereitwillig für unsere eigene Lethargie verantwortlich machen wollen. Unabhängig von der erratischen Politik des US-Präsidenten stürmen die Digitalkonzerne wie Amazon, Apple, Microsoft oder Google weiter voran. Amazon – um nur ein Beispiel zu nennen – investiert in diesen unsicheren Zeiten 24,4 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung. Das ist mehr als – nach einer groben Schätzung – alle DAX-Unternehmen zusammen aufzubringen bereit sind. Und chinesische Autobauer verkaufen mehr Elektroautos als alle deutschen Hersteller zusammen.

Wir sind ein superreiches, aber antriebsarmes Land geworden, weil aus unserem verzagten Arsch kein fröhlicher Furz mehr kommt, um den vor rund 500 Jahren getätigten Ausspruch Martin Luthers zu zitieren. Wir dürfen dieses Land weder schwarzen, noch roten Nullen, weder den Abgehängten, noch den Abhängenden überlassen.

Kein Warmup für Startups

Das Bild, das Startups und Gründer in der öffentlichen Meinung abgeben, ist gar nicht mal so schlecht. Nach einer repräsentativen Umfrage des Hightech-Verbands Bitkom halten vier von fünf Bundesbürgern Gründer für leistungsorientiert und zielstrebig; zwei Drittel halten die Jungunternehmer sogar für Vorbilder für die junge Generation.

Aber unverändert verbindet sich damit nicht unbedingt eine Verbesserung der Gründerkultur in Deutschland: Jeder Dritte würde Menschen in  seinem Umfeld von einem Job bei einem Startup oder gar der Gründung eines solchen abraten. Und immerhin jeder Fünfte ist der Meinung, dass Gründer nur gründen, weil sie keinen „vernünftigen“ Job gefunden haben.

Bitkom-Präsident Achim Berg wiederholt deshalb die Mahnung der Industrie an die Bildungspolitik, Wirtschaftswissen und Entrepreneurship stärker in den Curricula der Schulen und Hochschulen zu verankern. Mehr noch: Berg schlägt vor, dass die Gründer selbst in die Schule gehen, um den Geist des Gründens zu wecken. In der Tat gibt es in Deutschland genug Startups mit faszinierendem Lebenslauf, die den Wunsch zur Nachahmung wecken könnten. Die zweite gute Nachricht zur Lage der Startups in Deutschland weist auf die stärkere Vernetzung der jungen Unternehmen mit etablierten Mittelständlern hin. Dass 80 Prozent der  Startups Kooperationen mit Etablierten betreiben, muss zunächst nicht verwundern: denn der Großteil der deutschen Startups ordnet sich selbst im B2B- beziehungsweise im B2B2C-Business ein – also in einem Segment, in dem es ohne Geschäftskunden gar nicht geht. Aber obwohl eine große Mehrheit der Gründer die Zusammenarbeit positiv bewertet, beklagt doch jeder Vierte die Arroganz der Etablierten, die sich der Umsetzung neuer, disruptiver Ideen und Geschäftsmodelle entgegenstellt. Allerdings – und das ist eine wirklich schlechte Nachricht (wenn auch nicht überraschend) – beklagen die Gründer nicht nur ein verschlechtertes gesamtwirtschaftliches Umfeld sowie sich eintrübende Zukunftsperspektiven, sondern vor allem die Wahrnehmung, dass die Politik sich zwar mit Startups schmücke, aber weiterhin kaum in ihrem Sinne handele. So ist unter den Startups inzwischen die Vermutung weit verbreitet, dass die im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen zur Förderung der Startup-Szene bis zum Ende der Legislaturperiode nicht oder zumindest so gut wie nicht umgesetzt werden. Gerade die Vorgehensweise beim Thema künstliche Intelligenz trifft auf harte Kritik bei den Gründern: Zu viel Klein-Klein, zu viel Detailversessenheit, zu wenig Aktion. Der Bitkom fasst die Quintessenz so zusammen: es fehle nicht an Ideen, sondern an Taten. Also weiterhin kein Warmup für Startups in Sicht. Dabei wäre die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vorgeschlagenen Maßnahmen gar nicht so schwierig: das Thema Finanzierung in der Wachstumsphase und zur Unterstützung einer internationalen Expansion von Startups scheitert doch bislang nicht an den Mitteln, sondern am Mut. Einen stattlichen staatlichen Dachfonds zur Absicherung von Startups einzurichten kann ebenfalls nicht so schwer sein. Voraussichtlich aufwändiger wäre da schon die Aufgabe, die Bedingungen für Investoren im ganzen EU-Raum einheitlich positiver zu gestalten. Und nahezu unmöglich erscheint angesichts der geringen Durchschlagskraft der Bundesregierung die Umsetzung einer weiteren Forderung, nämlich der, die Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe so umzugestalten, dass Startups nicht von vornherein von ihr ausgeschlossen werden, weil sie zum Beispiel noch keine Bilanzen für mehrere Jahre vorlegen können. Diese Maßnahmen wären aber in der Tat ein warmer Regen für den Gründergeist. Man sollte die insgesamt positive Einstellung der öffentlichen Meinung gegenüber Startups nutzen, um das Klima weiter aufzuwärmen. Startups sind der Mittelstand von morgen. Sie verdienen – wie übrigens auch der Mittelstand von heute – etwas mehr Warmup.