Vor 14 Tagen schrieb ich an dieser Stelle: „Her mit dem Wachstumschancengesetz!“ In seiner Vorlage hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner eine Reihe von Steuererleichterungen und Investitionsanreizen skizziert, die zwar insgesamt zu wenig sind, um die dringendsten Herausforderungen zu meistern, die aber immerhin helfen könnten, die nun schon seit mehreren Quartalen stagnierende Wirtschaft wieder anzukurbeln. In der gleichen Woche blockierte die Grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus diese Gesetzesinitiative durch einen sogenannten Leitungsvorbehalt, der verhinderte, dass die Lindner-Vorlage es auf die Agenda des Bundeskabinetts schaffte und zur neuerlichen Abstimmung in die Ministerien zurückschickte. Jetzt kommt das Wachstumschancengesetz wohl erst im Herbst. Da wäre dann also noch Zeit, das Gesetz im Dialog mit den Wirtschaftsverbänden nachzuschärfen. Kommen muss es aber so oder so.
Kommen muss auch das so genannte Solarpaket, das vor allem den Aufbau von Solarkraftwerken in Miethäusern und auf Balkonen erleichtern soll. Ohne dieses Paket bliebe wohl die ersehnte Energiewende im Dickicht der Normen und Verordnungen stecken. Denn bei Licht betrachtet ist es für einen privaten Haushalt unwirtschaftlich, sich für Photovoltaik zu engagieren. Doch ein Blick von oben auf Deutschlands Dächer zeigt, wie viel Fläche noch immer ungenutzt ist.
Das gilt erst recht für die Flachdächer in Industriegebieten. Kommen muss das Solarpaket also so oder so.
Und nun soll auch noch ein großes Forschungspaket für künstliche Intelligenz geschnürt werden, wie Bettina Stark-Watzinger (FDP) jetzt ankündigte. Mit den avisierten 1,6 Milliarden Euro sollen neue Forschungslabore an den Universitäten errichtet und eine Rechnerinfrastruktur aufgebaut werden, die es vor allem mittelständischen Unternehmen ermöglichen würden, die Fähigkeiten von KI überhaupt erst zu nutzen. Denn die Analyse von großen Datenmengen erfordert eine erhebliche Rechenleistung, die sich mittelständische Unternehmen unter wirtschaftlichen Aspekten nicht leisten können. Tech-Giganten wie Microsoft und Google haben diese Infrastruktur längst und stellen sie über die Cloud zur Verfügung. Gefördert werden soll auch der Wissenstransfer, der gerade das Know-how im Mittelstand voranbringen soll. Kommen muss eine KI-Initiative also so oder so.
Das alles soll in Meseberg diskutiert und zu zukunftsweisenden Paketen zusammengeschnürt werden. Alle drei Pakete haben allerdings eines gemeinsam: Sie sind zu klein. Allein die knapp drei Milliarden Dollar, die die Biden-Regierung im Jahr 2022 als öffentliche Förderung für KI-Entwicklung ausgewiesen hat, zeigen, in welchen Dimensionen in den USA oder in China gedacht wird. Da erinnern unsere Förderpakete eher an Kleinstaaterei, wenn zum Beispiel die Förderung von Digitalisierungsprojekten, für die bislang ein dreistelliger Millionenbetrag bereitstand, durch Lindner auf drei Millionen zurückgestutzt wird.
Schon wird diskutiert, ob die Schuldenbremse, mit der der Bundesfinanzminister derzeit jede Initiative kleinrechnet, wirklich fortbestehen sollte. Ob bei der Ausrüstung der Bundeswehr, der Schaffung neuer Stellen für Lehrer, Erzieher und die Pflege oder beim Ausbau unserer Infrastruktur auf Schiene, Straße, Wasser und in der Luft – überall herrscht derzeit ein Investitionsstau. Das gleiche gilt für den Wohnungsbau, bei dem nun darüber nachgedacht wird, die Vorschriften für Wärmedämmung wieder zu lockern, um die Kosten zu senken.
Alle diese Initiativen würden dazu beitragen, die Wirtschaft zu befeuern. Das ist dringend nötig, denn Deutschland hat im ersten Halbjahr mehr Geld ausgegeben als es verdient hat. Und dies nicht wegen gelockerter Ausgabendisziplin, sondern wegen weniger Steuereinnahmen aus Industrie, Handwerk und Konsum. Derzeit ist nicht abzusehen, dass sich das im zweiten Halbjahr ändern wird.
Das wäre ein Thema für die Klausurtagung auf Schloss Meseberg. Man muss sich grundsätzlich fragen, ob wir unseren Kindern nicht doch lieber Schulden hinterlassen als eine deindustrialisierte Wirtschaft und eine aufgeheizte Erde.
Der Geist von Meseberg muss mal wieder her und es wäre gut, wenn er länger als nur zwei Wochen wehen würde. Deshalb: „Her mit dem Geist von Meseberg!“