Wenn die Daten laufen lernen

Die USA sind alarmiert: „Sag mir, wo die Daten sind“, fragen sie frei nach Pete Segers Antikriegsklassiker, nachdem sich jetzt Jack Ma von der chinesischen Alibaba Group  vor die Mikrofone gestellt hat und sein Interesse an der Übernahme von Yahoo bekundete. Das würde ja bedeuten, rechneten die amerikanischen Datenschützer vor, dass Millionen Benutzerprofile künftig Gefahr laufen könnten, in chinesische Rechenzentren kopiert zu werden. (Ach was, die sind doch längst da!)

Die Diskussion mutet in mehrfacher Hinsicht bizarr an. Erstens, das darf wohl mal gesagt sein, haben sich die US-Companies bislang nicht gerade zartbesaitet gezeigt, wenn es um europäische Bedenken über die Frage ging, in welchem sicheren Hafen personenbezogene Daten gespeichert werden dürfen und welche Bedingungen an diesen Betrieb gestellt sein müssen.

Zweitens aber wird das Wohl und Wehe von Cloud-Anwendungen weniger dadurch entschieden, wo die Rechenzentren stehen, in denen Daten und Anwendungen so sicher sind, wie die umgebende Gesetzgebung es möglich macht. Die entscheidende Frage ist inzwischen vielmehr: Von welchen Endgeräten werden die Daten und Anwendungen eigentlich aufgerufen. Und hier entbrennt der wahre Sturm auf die Cloud.

Eines ist dabei sicher: Standfest ist dieses Endgerät nicht. Seine wichtigste Eigenschaft ist: Mobilität. Aber ob flach und mit Gestensteuerung oder gar Spracheingabe, ob es eine Weiterentwicklung des Computer oder des Telefons ist – das ist die derzeit alles entscheidende Marketingfrage. Es ist übrigens nicht zuletzt das Vermächtnis Steve Jobs´.

Während nahezu alle Big Player also die OnDemand-Frage auf der Seite des Data Centers längst positiv beantwortet haben – und mit einer Multistandortstrategie auch längst auf die bange Frage nach dem Standort der Datenhaltung eine befriedigende Antwort wissen -, gehen die Positionskämpfe um die Marktführerschaft bei mobilen Endgeräten jetzt in eine entscheidende Phase. Derzeit ist es vor allem Apple, das mit iPhone und iPad ein marktführendes Angebot bei Tablet und SmartPhone unterbreiten kann – und zudem sind der Zeitgeist und der Geist von Steve Jobs auf ihrer Seite.

Die Chaostage bei HP haben gezeigt, wie aufgeregt derzeit in den Chefetagen um die richtige Endgeräte-Strategie gerungen wird. Es ist durchaus bezeichnend, dass Meg Whitman die Therapie, die Léo Apotheker dem Unternehmen aus Palo Alto verordnet hat, durchweg fortsetzen will. Also: raus aus dem veralteten PC-Geschäft. Rein in die Cloud mit Rechenzentrumsservices und Tablets.

Auch Microsoft ringt mit Windows 8 um die Verteidigung seiner Vorherrschaft auf der Endstufe. Der gute alte Desktop-PC ist als OnPremise-Relikt auf der Liste der gefährdeten Spezies. Aber die smarten Nachfolger aus der Telefon- und Tablet-Klasse haben erst ab dem kommenden Jahr genügend Konkurrenzfähigkeit aufzuweisen. Bis dahin muss das gute alte Fat-Client-Business noch funktionieren.

Eine Chance, die sich Amazon, Google und andere nicht entgehen lassen, die jetzt ihren Einstieg ins Endgerätegeschäft forcieren. Ihr Motiv: Wer Daten, Anwendungen und die Endgeräte beherrscht, beherrscht auch das mobile Business – Bewegungsdaten, Benutzerprofile, Buchungsgewohnheiten.

Oder schafft es Apple doch, im Jahr 1 nach Steve Jobs den Vorsprung auf dem Endgerätemarkt zu halten? Zunächst einmal gab es eine Enttäuschung, als nicht das iPhone5, sondern „nur“ das iPhone 4S angekündigt wurde. Dabei ist die Hauptmessage wohl abhanden gekommen. „4S“ steht selbstverständlich für „For Steve“.