Für die Recherche dieses Blogs habe ich etwa 20 Suchanfragen bei Google gestellt. Dabei hat mir eine Stunde lang eine Energiesparlampe Licht gespendet. Beides – die Suchanfragen und die Lichtstunde – haben etwa gleich viel Energie verbraucht, nämlich jeweils etwa 0,3 Wattstunden. Und wer bei den aktuellen Strompreisen sein Heim noch mit alten Lichterketten schmückt, verursacht bis Weihnachten etwa vier Euro Energiekosten pro Stück, wer dies mit modernen LED-Lichtern tut, verbraucht dagegen nur Energie zum Einkaufspreis von lediglich 40 Cent pro Lichterkette. Allerdings: Eine LED-Lichterkette kostet mehr als vier Euro. Geld spart man also beim Wechsel nicht – aber der fossile Fußabdruck wäre kleiner.
Dass wir neuerdings solche Rechnungen aufmachen, hat drei Gründe: Erstens und am dringendsten sind die exorbitant gestiegenen Energiekosten. Zweitens und wichtiger ist die fortschreitende Welterwärmung. Und drittens und bislang kaum beachtet ist die Lichtverschmutzung durch die Weihnachtsbeleuchtung, die es zum Beispiel nachtaktiven Tieren immer schwieriger macht, ihren Geschäften nachzugehen. Früher, als noch alles besser war, machten wir uns solche Gedanken nicht.
Früher haben wir auch ohne viel Federlesens im firmeneigenen Rechenzentrum einen Server an den anderen gereiht, weil die Anschaffungskosten vergleichsweise gering waren, die laufenden Kosten aber kaum ins Gewicht fielen – und die Abwärme ging durchs offene Fenster. Das hat sich geändert. Die Inhouse-IT ist heute bei vielen Unternehmen ein erheblicher Kostenfaktor, der sich aus Ausgaben für die Systemadministration, die Wartung, die Energie und die Abwärme zusammensetzt.
Das alles sind Gründe, den Eigenbetrieb der informationstechnischen Infrastruktur durch einen günstigeren Cloud-Betrieb zu ersetzen. Denn in der Regel sind die Energiekosten pro Transaktion im professionell betriebenen Rechenzentrum geringer. Und wenn der Cloud Provider zugleich auch noch auf erneuerbare Energien setzt, wird schnell ein klimapolitischer Move aus diesem Wechsel. Nahezu alle großen Cloud-Anbieter – von der Deutschen Telekom bis SAP – weisen in ihren Bilanzen inzwischen ihre Aktivitäten zur Nachhaltigkeit aus und sind – wie zum Beispiel Microsoft oder Google – im Betrieb ihrer Data Center zumindest klimaneutral.
Doch die Ressentiments gegenüber dem Wechsel in die Cloud sind vor allem beim deutschen Mittelstand noch immer groß und beharrlich. Zwei von fünf Mittelständlern haben oder planen laut IDC keine Aktivitäten in der Cloud – nutzen also noch nicht einmal Basisdienste wie Storage as a Service oder Cloud-basierte Mail-Server. Die Gründe sind seit knapp zwei Jahrzehnten, also seit es die Debatte um „Clout-Sourcing“ gibt, unverändert: Die Cloud gilt als nicht sicher genug, die Abhängigkeit vom Service Provider ist zu groß, die Daten könnten auch anderen zugutekommen. Nichts von alldem trifft zu. Aber die Sorge um einen Verlust der Souveränität in der eigenen Informationsverarbeitung ist offensichtlich ungemindert. Und die Debatte um US-amerikanischen Zugriff auf in Europa von US-amerikanischen Anbietern betriebene Data Center war bei all dem auch nicht gerade förderlich.
Deshalb wurde 2019 noch unter der alten Bundesregierung die europäische Initiative zur souveränen Daten-Cloud ins Leben gerufen. Gaia-X soll den europäischen Anwendern genau jene Souveränität garantieren, die nach einer Studie von Censuswide von mehr als 80 Prozent der IT-Experten gefordert wird. 87 Prozent der befragten französischen IT-Experten plädieren dafür. In Großbritannien mit 82 Prozent und Deutschland mit 81 Prozent ist die Sensibilität hierzu kaum geringer. Dabei wird interessanterweise die Parallele zum russischen Gas gezogen. Nachdem sich Europa in gefährliche Abhängigkeit von Energie aus Russland begeben habe, solle dieses Dilemma bei den Daten und den Cloud-Services unbedingt vermieden werden. Dazu brauche es eines Neustarts für Gaia-X.
Die Forderung kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die Gaia-X-Initiative den ersten Katalog für souveräne Standards vorgelegt hat. Ihre Umsetzung würde noch Monate, wenn nicht Jahre dauern, ein Neustart könnte die Realisierung noch einmal verzögern. Gaia-X käme dann – wie die Gaspreisbremse – zu spät, um wirklich zu helfen.
Denn aller Unkenrufe zum Trotz sind auch die von US-amerikanischen Anbietern unterbreiteten Cloud-Services sicherer als der souveräne Eigenbetrieb. Das allein machen schon die milliardenschweren Verluste durch Cyber-Kriminalität deutlich, die vor allem die Inhouse-IT treffen und betreffen. Die jetzt überbordenden Energiepreise fügen diesem Argument zugunsten einer Cloud-Migration nun noch ein weiteres hinzu. Anbieter wie Microsoft oder SAP gründen deshalb inzwischen eigene Initiativen, um mehr Souveränität in die Cloud zu bringen. Das wäre dann ein souveränes Energiesparprogramm, von dem mittelständische Unternehmen sofort eine Entlastung erfahren könnten.