Der gute alte Daniel Bernoulli – ohne seine Theorien zur Strömungslehre würden wir weder fliegen, noch Benzinmotoren nutzen oder Lebensmittel abkühlen. Doch im Internet kommen seine Theorien an ihre Grenzen. Stau, sagt er nämlich, ist eine Engstelle im Strömungsverlauf – und dort steigt die Strömungsgeschwindigkeit.
Schön wär´s. Beim Stau im Web beschleunigt sich gar nichts. Da hilft dann nur Geduld.
Als sich jetzt Millionen Apple-User auf das lang ersehnte iOS 5-Betriebssystem stürzten, war es mal wieder so weit. Der englische Guardian stellte fest, dass sich ab 13. Oktober das britische Web deutlich verlangsamte. Und Apple musste zugeben, dass die Server an den ersten Tagen der Download-Phase schwer überlastet hatten. World Wide Waiting – das alte Gespenst des WWW war wieder da.
Allerdings – was ist das auch für ein Mengengerüst, dass Apple dem Web da aufgeladen hat: rund 250 Millionen Mal wurden iPhones, iPads oder iPod Touch seit 2007 verkauft. Für alle steht jetzt seit gut zwei Wochen das 700 Megabyte fette iOS 5 bereit. Das macht einen Datenstrom von sage und schreibe 175 Petabyte, der da durchs Netz gejagt werden musste.
Es dürften gut und gerne noch mehr sein: rund um den Globus klagten Apple-Adepten, dass sie den Download mehrfach wiederholen mussten, um endlich in den Genuss der 200 neuen Funktionen zu kommen. Von einer Ausfallquote bis 50 Prozent – also jeder zweite Downloadversuch – wird gemunkelt. Und seitdem nun wieder alles klappt, werden Tipps, Q&As und Manuals nachgeladen. Gleichzeitig geht der Run auf die iCloud los, die künftig iTunes in den Hintergrund drängen soll, um das weltweite Datensichern leichter und vor allem schnurloser zu machen.
Es ist, als wollte Apple parallel zur IBM Information On Demand-Konferenz in Las Vegas noch einmal zeigen, dass das Web doch noch nicht ganz auf die Massendaten vorbereitet ist, die Big Blue künftig über das Internet verarbeitet sehen will. Erste Probleme mit verweigerten Passworten und Zugriffen werden aus der iCloud-Gemeinde bereits gemeldet. Apple ließ unterdessen wissen, dass in der Tat einige Nutzer auch weiterhin in der Wolke mit Wartezeiten zu rechnen hätten.
Stau ist, wenn alle gleichzeitig das gleiche tun. Nach Analysen der Forschungsgruppe Wahlen sind inzwischen 90 Prozent der bis 49jährigen regelmäßig im Internet. Bei den 50 bis 59 Jahre alten Zeitgenossen sind es immerhin noch 80 Prozent. Erst bei den älteren Semestern sinkt die Zahl auf 40 Prozent.
Nach Beobachtungen des Bitkom verbringen die Surfer aber vor allem ihre Zeit mit Facebook. 16,2 Prozent ihrer Online-Zeit waren die User demnach bei Facebook zu Gast, weitere 12,3 Prozent der Zeit werden für die diversen Angebote von Google aufgebracht – von der Suchmaschine bis zu Google+. Deutsche Angebote kommen unter „ferner liefen“: United Internet (Web.de und gmx) verbraucht 2,1 Prozent der Surferzeit, die Deutsche Telekom lediglich 1,4 Prozent.
50 Millionen Menschen sind inzwischen in Deutschland online – weniger als halb so viele wie in den USA. So erklärt sich der Tweet eines erfolgreichen iOS 5-Downloaders: „Warten, bis die Amis schlafen.“