Der Stufenplan

Oliver Welke, Gesicht und Kopf der Satiresendung „heute show“, fühlte sich in der Woche vor der Verabschiedung des Klimapakets der Bundesregierung an seine Abiturvorbereitungen erinnert: „Immer auf den letzten Drücker!“ Was dann dabei herauskam – CO2-Bepreisung für den Verkehr, Emissionshandel, höhere Pendlerpauschale, verringerter Strompreis, Preisanpassungen bei Zügen (nach unten) und bei Flügen (nach oben) sowie die Finanzierung klimafreundlicher Heizsysteme – soll rund 54 Milliarden Euro kosten.

Wann? Das steht nach neuesten Erkenntnissen noch in den Sternen. Denn dem Vernehmen nach wurden in dem Paket in einer zweiten Fassung für die Ressortabstimmung mit den Bundesministerien konkrete Termine gestrichen. Ohnehin, so hieß es aus der Bundesregierung, könne nicht alles auf einmal umgesetzt werden – es folgt also ein Stufenplan, für den die Termine noch nachgereicht werden.

Genug Zeit also, um die tatsächliche Ausgestaltung der Klimamaßnahmen noch mitgestalten zu können. „Nicht der angekündigte große Wurf“, urteilte BDI-Präsident Dieter Kempf im Namen der ganzen Wirtschaft. „Jetzt kommt es darauf an, die genannten Ziele und Maßnahmen rasch und konkret auszugestalten. Unsere Unternehmen brauchen schnell Klarheit über Belastungen, Entlastungen und Investitionsbedingungen.“

Da zeigte sich schon die hohe Kunst der Diplomatie, denn hinter den Kulissen brodelt es. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft sieht im Klimapaket ein Sammelsurium an Preissignalen ohne effiziente klimapolitische Steuerung. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vermisst schlüssige Konzepte für einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Grünen wollen ihr Gewicht im Bundesrat nutzen, um das Maßnahmenpaket zu verschärfen. Und und und…

Was mich umtreibt: das Klimapaket der Bundesregierung und die Kritik an ihm haben eines gemeinsam – nämlich das ewige Gerede, was man besser machen könnte, ohne einfach mal wirklich anzufangen. Wir müssen wieder zupacken lernen, wie wir es ganz selbstverständlich bei Flutkatastrophen, Waldbränden, Sturmschäden oder sonstigen Katastrophen tun. Jeder braucht für sich seinen ganz persönlichen Stufenplan!

 

Doch stattdessen stehen wir beim Klimapaket in trauriger Kontinuität zu anderen Groß-Herausforderungen – zum Umgang mit künstlicher Intelligenz, zum Thema Digitalisierung der Arbeitswelt, zum Ausbau unserer Infrastruktur, insbesondere bei der Versorgung mit Bandbreiten. Erst kommt lange nichts, dann kommt zu wenig und dann wird wieder von vorne debattiert. So wird die Modernisierung unseres Landes Stufe um Stufe verschleppt.

Es erscheint fast sinnvoller, auf Einzelinitiativen zu schauen und darauf zu hoffen, dass daraus ein Trend für alle wird. Amazon beispielsweise will als Gesamtunternehmen bis zum Jahr 2040 CO2-neutral werden – angefangen bei den Rechenzentren, in den Lagerhallen und bei der Logistik. Microsoft kündigt Klimaneutralität für seine weltweiten Data Center an. Allen voran will Bosch schon ab 2020 in den über 400 Bosch-Standorten weltweit    – von der Entwicklung über die Produktion bis zur Verwaltung – keinen CO2-Fußabdruck mehr hinterlassen. Das sind Beispiele, die Schule machen sollten. Denn ohne CO2-Neutralität wird keine Branche überleben.

Dabei ist die Rolle der Informationswirtschaft im Kampf um Klimaneutralität durchaus zweischneidig. Denn einerseits trägt die Cloud dazu bei, den Energieverbrauch zu senken, weil Data Center für viele Cloud-Kunden energieeffizienter arbeiten können als zahllose Rechenzentren in den Kellern der Unternehmen. Andererseits aber verursachen die vier Milliarden Menschen, die auf der Welt regelmäßig online sind, einen kaum fassbaren Energiehunger: Schon 2016 veröffentlichte Google erstmals Zahlen, wonach der Suchmaschinen-Betreiber 5,7 Terawattstunden Energie verbraucht habe – mehr als die gesamte Stadt San Francisco.

Wenn das Internet ein Land wäre, würde es zu den größten Energieverbrauchern der Erde gehören. Im vergangenen Jahr haben vermutlich alle Internet-Server zusammengenommen erstmals mehr als 1000 Terawattstunden verbraucht.

Es geht nicht darum, dass man sich nun jeden Mausklick überlegen sollte. Aber es geht darum, unseren Energiehunger CO2-neutral zu gestalten. Dafür braucht jedes Unternehmen und jede Person einen individuellen Stufenplan, der auch verbindliche Termine setzt. „Wir woll´n euch kämpfen seh´n“, skandieren die Fußballfans ihren Spielern zu. Ja, genau das!

 

Nerds-Revolution

In jedem größeren Unternehmen gibt es sie – und viele von ihnen wirken wie ihre eigene Karikatur: Nerds – die eigenbrötlerische Spezies von Computerexperten, die mit einer goldenen DVD versehen von Computer zu Computer huschen und Updates aufspielen. Oder vielmehr: in vielen Unternehmen gab es sie, denn mehr und mehr werden die Nerds durch die Cloud abgelöst. Updates kommen per wöchentlichem Download auf den Rechner, die Server-Anwendungen und Unternehmensdaten werden längst in Cloud-Rechenzentren verwaltet. Dort werden sie noch gebraucht, die Nerds. Aber dort sieht sie keiner.
Sterben die Nerds aus? Wohl kaum – aber ihr Bild in der Öffentlichkeit wandelt sich zusehends: die Nerds von heute sind entweder Hipster und gründen ein Startup oder sie entwickeln völlig neue Kompetenzen, die im Cloud-Zeitalter besonders gefragt sind. Und mit den Nerds wandeln sich auch die Systemhäuser, die völlig neue Dienstleistungen erbringen. Unter der Cloud bieten sich völlig neue Geschäftsfelder:
Cloud-Consulting: Während Amazon und Microsoft sich ein spannendes Rennen um die Weltherrschaft im Cloud-Business liefern, haben beide Anbieter – wie auch ihre weiteren Marktbegleiter – ein zentrales Problem: Ihnen fehlt es an Manpower, um die Geschäftschancen, die sich beim Wechsel der internen IT in die Cloud ergeben, auch tatsächlich sachgerecht zu betreuen. Deshalb bauen beide massiv ihr Partner-Netzwerk aus, um mehr Cloud-Consulting betreiben zu können. Dieses Geschäftsfeld ist für Systemhäuser und Nerds äußerst lukrativ angesichts der Tatsache, dass der Mittelstand erst jetzt so richtig auf den großen Treck in die Cloud aufspringt. Denn ob Private-, Public, Hybrid-, Mixed- oder Multi-Cloud-Strategie für das einzelne Unternehmen besser passt, ist eine äußerst individuelle Frage, die von Unternehmen zu Unternehmen, Geschäftsmodell zu Geschäftsmodell beantwortet werden muss.
Managed Services: So paradox es klingen mag – je komplexer die Cloud-Infrastrukturen werden, desto notwendiger werden die Kümmerer. Zwar lassen sich zwischen On-Premises, On-Demand, Cloud- und Mobile Computing viele Prozesse automatisieren – erst recht, wenn man dabei künstliche Intelligenz zur Hilfe nimmt –, doch verlangen Wartung und Pflege, Anpassung und Ausbau der verteilten Infrastruktur ständige Aufmerksamkeit. Das gilt vor allem dann, wenn nicht nur die innerbetriebliche IT, sondern auch die Software in den Produkten zum Gegenstand der Cloud-Strategie wird. Schon heute ist jeder fünfte Euro, den Systemhäuser umsetzen, auf Managed Services zurückzuführen. Ihr Anteil am Systemgeschäft wird aber weiter steigen.
Integration und Automation. In diesen komplexen Infrastrukturen werden auch die Anwendungen immer komplexer. Wenn Volkswagen seine 122 Werke rund um den Globus vernetzen will, besteht ein hoher Aufwand an Integration, Automation und Vereinheitlichung. Zwar sind diese Projekte bei den meisten Unternehmen einige Nummern kleiner – doch das Geschäft mit Durchgängigkeit heterogener Anwendungswelten blüht. Dabei besteht der Integrationsbedarf nicht nur bei den Anwendungen. Auch die Daten müssen so vereinheitlicht werden, dass Analysen und Automatisierung reibungslos gelingen. Und schließlich bedarf es auch der Prozessintegration über viele Instanzen hin – erst recht, wenn im Internet der Dinge viele Geräte hinzukommen, die Daten produzieren und in die Geschäftsprozesse eingebunden werden.
Schnelle Eingreiftruppe. Dass Amazon und Microsoft derzeit im Wettstreit um die hellsten Köpfe unter den Nerds liegen, zeigt, wie sehr Digitalisierung und Automatisierung durch den Fachkräftemangel gebremst werden. Auf 80.000 IT-Experten wird die Zahl der unbesetzten Stellen allein in Deutschland geschätzt. Viele Positionen im Mittelstand können schon deshalb nicht besetzt werden, weil die Nerds hohe Gehaltsforderungen haben, die nur von internationalen Konzernen bezahlt werden können. So wird der Fachkräftemangel zu einem weltweit verzahnten Problem, weil sich die globalen Anwender ihre Spezialisten auf jedem Arbeitsmarkt suchen können. Systemhäuser sind hier immer häufiger als schnelle Eingreiftruppen für den Mittelstand im Einsatz, wo sie in Projekten die Aufgaben erfüllen, für die die internen Kräfte fehlen.
Der menschliche Faktor: Bislang weitgehend unerfüllt ist die Hoffnung, dass die Cloud erfolgreich Software-Vertrieb leisten kann. Zwar funktioniert das Geschäft mit einfachen Cloud-Services und Apps, die in Web-Malls oder App-Shops heruntergeladen werden, doch die komplexen Anwendungen, für die eine erfolgreiche Vertriebsstrategie über die Cloud umgesetzt wurde, sind nach wie vor rar. Auch SalesForce, das mit seiner CRM-Lösung zu den Pionieren bei Software as a Service gilt, beschäftigt immer noch einen beachtlichen Stab an Vertriebsmitarbeitern. Für Systemhäuser ist deshalb der Vertrieb von SaaS-Lösungen in Verbindung mit Managed Services und Integrationsangeboten wie eine Lizenz zum Gelddrucken.
Dazu allerdings müssten die Nerds mehr Kommunikationskompetenz aufbauen und das Reden nicht allein den Vertrieblern überlassen. Das wäre dann die eigentliche „Nerds-Revolution“.

Gefahr für Leib und Leben vermeiden

Die Deutschen sind mal wieder tief gespalten: die einen können die Segnungen von künstlicher Intelligenz kaum erwarten, die anderen können kaum erwarten, mit ihren Warnungen Recht zu behalten. Tatsächlich oszilliert die Diskussion um den zukünftigen Einsatz von KI-Systemen in hoher Frequenz zwischen Angst und Hoffnung. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust, Bevormundung und niedergerissenen ethischen Leitplanken steht der Hoffnung auf völlig neue Geschäftsmodelle, Automation und Autonomie sowie neue kreativer Arbeitsplätze gegenüber. Eines ist dabei sicher: KI-Systeme werden nicht nur unsere Zukunft bestimmen, sondern tun dies auch schon längst in der Gegenwart.

Damit diese KI-Zukunft – zumindest in Deutschland – aber nicht allein nach den Regeln des Marktes gestaltet wird, wonach produziert wird, was nachgefragt wird, sondern nach hochstrebenden ethischen Normen und gesellschaftlichen Verhaltensregeln, haben Bundesregierung und Bundestag eine KI-Enquete eingesetzt, die sich in insgesamt sechs Arbeitsgruppen mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der Technologie befasst. Löblich ist dabei, dass die Experten und Parlamentarier künstliche Intelligenz nicht als gegebenes Technologie-Phänomen betrachten, sondern sich überhaupt erst einmal mit der Frage befasst haben, wie KI-Systeme entstehen oder welche technischen Normen gefordert sind, um KI-Software untereinander interoperabel und offen zu gestalten. Auch die Frage, wie man ethische Leitplanken konstruiert, wird derzeit ventiliert – etwa durch Leitsätze oder durch Guidelines, wie sie zum Beispiel schon bei der Entwicklung von Computerprogrammen für die Life Science Industrien weltweit einheitlich vorgegeben wurden. Über Leitsätze zur Abwägung von KI-Entscheidungen, das hat schon die Diskussion um autonomes Fahren bewiesen, ist kaum ein gesellschaftlicher Konsens herzustellen – wie allein die beiden Beispiele „Ein getötetes Kind ist schlimmer als ein getöteter Rentner“ oder „100 Verletzte sind besser als ein Toter“ deutlich machen. Mit dem GAMP aber – den „Good Automated Manufacturing Practices“ der Pharma- und Food-Industrie – gibt es durchaus ein Vorbild, wie ethische und gesellschaftliche Verhaltensmaßregeln in Entwicklungsvorgaben, Prozeduren und Maßnahmen gegossen werden können, deren Einhaltung von unabhängigen Gutachtern kontinuierlich überwacht werden. Ein „GAIP“ – also die „Good Artificial Intelligence Practices“ – nach diesem Vorbild könnte eine ganze Industrie verantwortungsvoll und mit Blick auf die „Sicherheit von Leib und Leben“ ausrichten. KI-Software müsste dann vor ihrer Nutzung im konkreten Einsatzfall verifiziert und validiert werden. Nach Genehmigung würde ihre Compliance durch regelmäßige Audits und Inspektionen bei den Anwender-Organisationen überprüft werden. Bei Nicht-Einhaltung der Regeln droht – wie in der Pharma-Industrie – der Verlust der Herstellerlaubnis beziehungsweise der Nutzungserlaubnis.

Es scheint tatsächlich, dass einige Vertreter aus der Expertengruppe in diese Richtung argumentieren. Doch „nichts Genaues weiß man nicht“, denn die Arbeitsgruppen der Enquete tagen hinter verschlossenen Türen. Verteidigt wird dieses in einer Demokratie durchaus anrüchige Verfahren mit dem Wunsch der Enquete-Mitglieder, frei und offen diskutieren zu können, ohne Sorge zu haben, das einmal vor laufenden Kameras Gesagte nicht mehr zurücknehmen zu können. Derzeit wird immerhin darüber gestritten, ob die bislang gefassten Beschlüsse im Oktober veröffentlicht werden sollen.

Möglicherweise will die Enquete-Kommission aber auch erst einen Abschlussbericht im Jahr 2020 vorlegen. Das würde unweigerlich zur Folge haben, dass die öffentliche Diskussion erst danach einsetzt und die vorgeschlagenen Inhalte noch einmal durchdiskutiert würden. Wenn sie dann überhaupt noch interessieren. Denn die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat schon angekündigt, auf europäischer Ebene ein Papier zur KI-Ethik vorzulegen. Das dürfte dann schon Anfang 2020 vorliegen. Und bis dahin haben die großen Internet-Giganten in den USA und China längst weitere Milliarden in die Weiterentwicklung ihrer KI-Systeme investiert. Sie warten sicher nicht auf die Ergebnisse der Enquete.

Derweil gewinnen die Mahner angesichts der jüngsten Enthüllungen Oberwasser, dass tatsächlich bei den KI-gestützten Sprachassistenten doch mehr menschliche Hilfe und Mithörer am Werke sind als bislang zugegeben. Das Wort von der „Fauxtomation“, der fehlerhaften Automation, macht bereits die Runde. Zwar hat dies alles das Geschmäckle von Abhörmaßnahmen und Spionage – doch irgendwie ist es auch tröstlich, dass nach wie vor Menschen darüber wachen, dass „keine Gefahr für Leib und Leben“ entsteht. Oder?

 

Pitch as Pitch Can

Rund 60.000 Startups gibt es in Deutschland. Diese überraschend hohe Zahl ermittelte die KfW in einer aktuellen Studie, die allerdings auf Zahlen aus dem Jahr 2017 basiert. Doch weniger werden es kaum geworden sein, auch wenn die Gründerquote hierzulande bedauerlicherweise wieder zurückgeht. Das gilt sowohl für die Startups im engeren Sinne, die mit digitalen Geschäftsmodellen neue Branchenregeln aufstellen, als auch für Jungunternehmen im Allgemeinen – also Handwerksbetriebe, Ladengeschäfte oder Dienstleistungsunternehmen wie Kanzleien und Agenturen. Der Deutsche sucht seinen Arbeitsplatz unverändert bevorzugt beim etablierten Mittelstand und in internationalen Konzernen.

Dabei sind Startups inzwischen selbst ein ernstzunehmender Arbeitgeber. Mit mehr als durchschnittlich zwölf Mitarbeitern, das bestätigen sowohl KfW als auch der von der KPMG zusammen mit dem Deutschen Startup Verband herausgegebene Deutsche Startup Monitor, beschäftigen die digitalen Jungunternehmen rund 75.000 Mitarbeiter. Allerdings ist die Suche nach zusätzlichen Fachkräften auch eines der drei größten Wachstumshemmnisse. Denn digitales Knowhow ist dünn gesät in Deutschland. Und Konzerne zahlen nun einmal höhere Gehälter. Diese Entwicklung ist durchaus bedenklich, denn so geht dem digitalen Wirtschaftsstandort Deutschland ein großes Innovationspotential verloren.

Das andere Wachstumshemmnis sind übrigens – wenig überraschend – die Suche nach Anlauf- und Wachstumsfinanzierung und die Suche nach Kunden. Dafür pitchen die Gründer im Durchschnitt jeden zweiten Tag! Das sind im Durchschnitt 121 Präsentationen pro Jahr und Unternehmen. Diese völlig verrückte Zahl ermittelte der Hightech-Verband Bitkom, der bei den sogenannten Scale-Ups, die schon eine gewisse Größe – nämlich mehr als 20 Mitarbeiter – und Marktbedeutung sogar auf 260 Pitches kommt. Das wäre dann „Pitch as pitch can“ an jedem Arbeitstag.

Dabei erfolgen drei Viertel aller Präsentationen vor potenziellen Geschäftskunden, nur jeder sechste Pitch gilt den Venture Capitalists. Und trotzdem klagen sowohl mittelständische Unternehmer als auch Startup-Gründer über den mühsamen Dialog miteinander. Man versteht sich einfach nicht. Und auch bei dieser Sprachlosigkeit geht dem Wirtschaftsstandort Deutschland ein großes Innovationspotential verloren.

Das ist beim produzierenden Mittelstand, der ohnehin bei der digitalen Transformation nachsitzen müsste, schon gefährlich. Aber besonders eklatant ist die gegenseitige Verständnislosigkeit dort, wo das gesamte wirtschaftliche Geschehen ineinander greift – in der Logistik. Obwohl Startups gerade das Transportwesen mit Online-Bösen, innovativen Lieferdiensten, Mobilitätskonzepten und Sharing-Angeboten neu aufstellen, hat nur ein von zehn Unternehmen, die sich mit Logistik-Prozessen befassen, bislang eine Kooperation mit Startups gesucht. Dabei bestehen gerade in der Optimierung von Lieferprozessen durch künstliche Intelligenz, Blockchain-Technologien und Big Data Analytics unverändert große Einsparungspotentiale, die dem Wirtschaftsstandort Deutschland verloren gehen.

Kein Wunder, dass die Gründer inzwischen selbst mehr oder minder skeptisch in die Zukunft blicken. Aktuell sagen nur noch 39 Prozent der vom Bitkom Befragten, dass sich die Situation für Startups in den vergangenen zwei Jahren verbessert habe. Vor zwei Jahren war es noch mehr als die Hälfte – nämlich 54 Prozent – der Antworten, die eine positive Sicht auf die Dinge wiedergaben. Vor allem bestehen Zweifel an den Ankündigungen der großen Koalition im Bund. Beinahe vier von fünf Startup-Gründern haben den Eindruck, die Politik wolle sich nur mit den digitalen Jungstars schmücken. „Das erklärte Ziel der Politik, Deutschland zu einer Startup-Nation zu machen, ist aber kein Selbstläufer“, kommentierte Bitkom-Präsident Achim Berg die Entwicklung. „Die negative Entwicklung in der Einschätzung der eigenen Lage durch die Startups ist ein Warnzeichen.“

Vielleicht sollten Startups häufiger vor den Parlamentariern pitchen. Freitags  vormittags wäre dafür ein guter Zeitpunkt. – Das wäre dann der „Friday for Future“-Pitch.