Dass 2012 die Welt untergehen wird, ist ja nun wohl jedem klar. Nicht nur die Maya haben in ihrem Kalender den 21. Dezember als letzten Tag ausgemacht (das ging ja noch, dann wäre das Jahr sowieso fast vorüber). Auch andere Untergangspropheten – von Nostradamus über Malachias bis zu den Ägyptern und Zulu – sind einschlägig für ihre Ankündigung der endgültigen Abkündigung in diesem Jahr bekannt. Und auch die Hopi-Indianer sehen für dieses Jahr das Ende der vierten Welt voraus: Nach der Legende wird es auf der Erde brennen und dann kommen große Umwälzungen auf uns zu. Die Erde ist dann nicht fort, aber in der fünften Welt ist dann irgendwie alles anders, sagen die Hopi.
Apropos Hopi – auf der Aktionärs-Hauptversammlung von HP beschwor die Chief Executive Offrice Meg Whitman jetzt die HaPeKalypse: eine Welt ohne Hewlett-Packard sei unsagbar traurig, bedeutungslos und funktioniere auch nicht mehr. Amerikanische Admirale könnten kein Schiff mehr entsenden. Die britischen Pensionäre bekämen keine Checks. Deutsche Apotheker würden… Nein, lassen wir das.
Es ist faszinierend. Der nach eigenem Bekunden „größte Anbieter für Infrastruktur für Informationstechnologie, Software und Services für Verbraucher und Unternehmen jeder Größe“ hat Existenzangst und beschwört deshalb die Angst Dritter vor der eigenen Nicht-Existenz nach dem Motto: „Wenn ich mal nicht mehr bin…“
Meg Whitmann, die in den nächsten Monaten große Restrukturierungsmaßnahmen rund um Software und Services in der Cloud plant, ist nicht der einzige Big Player, der gegenwärtig aus Angst vor dem eigenen Untergang eine interne Revolution von oben anzettelt. Hasso Plattner hatte bereits im Februar die SAP mit einer Techno-Suada aufgerüttelt. Im stark durch die Rivalität mit Oracle definierten Untergangsszenario sind OnDemand und InMemory die entscheidenden Heilslehren auf dem Weg zu einer SAP-Welt ohne Oracle-Datenbanken.
Umgekehrt zählt Oracle gerade bei jedem Java-Update die weltweiten Endgeräte und suggeriert: Was wäre die Welt ohne unser Java? Schade nur (für Oracle), dass das Hardware-Geschäft von dieser weltumspannenden Java-Klasse nicht befeuert wird. Wäre das Softwaregeschäft nach Zukäufen nicht so stabil, dann hätte Larry Ellison die Welt längst mit einer nächsten Aufkaufwelle überzogen.
Oder kommt die von Salesforce.com und Infor? Die beiden ehemaligen Oracle-Manager Marc Benioff und Charles Phillips vereinbarten zuletzt eine weitreichende Softwarepartnerschaft, die die CRM-Lösung des einen mit den ERP-Anwendungen des anderen verbinden. Wie ernst es beiden ist, beweist der überraschende Schritt, Infor-Anteile an Marc Benioff zu veräußern. Die neue Entente Cordiale wird am 24. April gemeinsame Strategien verkünden – für die Cloud und gegen den Weltuntergang.
Im Microsoft-Lager macht sich die Angst vor dem Weltuntergang insbesondere bei altgedienten Partnern am Ende der Office- und Windows-Nahrungskette breit, deren Geschäftsmodelle unter der azur-blauen Wolke vertrocknen. Wo das Web die Logistik und das Deployment übernimmt, fällt ein ganzes Biotop in sich zusammen.
2012 ist das Jahr der Weltuntergangsszenarien und Überlebensstrategien. Über den Chefsesseln der Global Player scheint ein Schild zu hängen mit der Aufschrift: „Natürlich bin ich paranoid. Aber bin ich auch paranoid genug?“