Jetzt aber nicht wieder die GroKo! Rein rechnerisch wäre eine Fortsetzung des Bündnisses, das zuletzt Angela Merkel getragen hat, möglich. Aber sollte man glauben, dass die industrielle Transformation in Deutschland, die mit Blick auf das Klima, Innovation, Finanzen und sozialer Gerechtigkeit erfolgen muss, nachhaltig ist? – Wer weiß? Niemand will die altbekannte Bräsigkeit zurück.
Also tatsächlich eine 3P-Koalition, die von Grünen und Liberalen geprägt sein wird? „Auf den Kanzler kommt es an“ – diese Wählerweisheit stimmt so nicht mehr. Denn ob „Jamaika“ oder „Ampel“ – die 3P-Koalition wird liberal und grün.
Daraus lässt sich ein Wählerwillen ableiten, der den Kampf gegen den Klimawandel mit Innovation gewinnen will. Die digitale Transformation ist somit nicht gegen Klimaneutralität und Nachhaltigkeit gerichtet, sondern zielt parallel auf das gleiche Ziel: die Stärkung der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit für diesen Wirtschaftsstandort. Die Teilnehmer der Berliner Runde wiesen mit vorsichtigen Freundlichkeiten bereits in diese Richtung. Und in den Tagesthemen und später bei Anne Will schmusten FDP und Grüne bereits unverhohlen miteinander.
Da klingt das Angebot der Liberalen, mit einem Superabschreibungsprogramm Investitionen in die Erneuerung der Industrie attraktiver zu gestalten, schon ungefähr so wie die Vorstellung der Grünen, stärkere Anreize für den Erwerb klimafreundlicher Technologien auszuloben. Und die Idee der Grünen, künftig klimafreundliche Startups und digitale Technologien sowohl durch Investments in Neugründungen als auch durch steuerliche Anreize besser zu fördern, klingt wie die Vorstellung der FDP, Klimaneutralität durch Innovation zu erreichen. Und da zeigt sich zwischen FDP und Grünen schon die Erkenntnis, es sei besser, zunächst untereinander Einigkeit zu erzielen, ehe man entscheidet, unter welchem Kanzler diese neu gefundenen Gemeinsamkeiten dann umgesetzt werden.
Und plötzlich wird es zur Nebensache, ob Laschet oder Scholz ins Kanzleramt einziehen. Die neue Bundesregierung wird von der Frage geprägt werden, ob darin ein Digitalministerium oder ein Klimaministerium etabliert werden. Es wäre durchaus ein attraktiver Köder, ein entweder digital oder grün ausgeleuchtetes Superministerium zu schaffen. Denn Dekarbonisierung und Digitalisierung sind die zwei wichtigsten Dimensionen in einer multidimensionalen Herausforderung zur Modernisierung des Landes. Nach den bisherigen Annäherungsversuchen der Liberalen und Grünen zeigt sich bereits die Übereinstimmung: ohne digitalen Wandel kein erfolgreicher Kampf gegen den Klimawandel.
Ins Kanzleramt wird wieder ein Mann einziehen. Beide, weder Laschet noch Scholz, stehen dabei als Ikone für die Themen „Liberal“, „Digital“ oder „Grün“. Sie werden getrieben werden durch ihre Koalitionspartner. Das muss nicht zum Chaos führen, sondern zu einer neuen Agilität. Auf den Kanzler kommt es (nicht mehr) an.
Doch Halt: Nach Nachwahlumfragen wünscht die Mehrheit der Wähler eigentlich die Große Koalition. Auch gäbe es dann zwar ein Superministerium – aus Wirtschaft und Finanzen. Verlierer wären dann aber die Dekarbonisierung und die Digitalisierung gleichermaßen.