240115 Roboter

Irgendwas mit KI

Es gibt wohl keine Anwendung, die nicht durch künstliche Intelligenz verfeinert oder verbessert werden könnte. Das gilt nicht nur für Software und Hardware oder Dienstleistungen, es gilt offensichtlich für jedes Produkt, egal wie analog es bisher dahergekommen ist. Ein Frühindikator für diesen Trend ist die Consumer Electronics Show in Las Vegas – die erste Messe für Informationstechnik im neuen Jahr.

Dort gibt es beispielsweise einen Kinderwagen zu besichtigen, der über einen eigenen E-Antrieb verfügt und mit Hilfe künstlicher Intelligenz selbstständig oder zumindest selbsttätig neben der Familie einher rollt. Er kann nicht nur autonom lenken, er bremst und beschleunigt auch eigenständig und verfügt überdies über einen Wipp-Modus, mit dem das Kind in den Schlaf geschaukelt werden kann. „Irgendwas mit KI“ ist der neueste Trend auf dem Gadget-Markt. Zu den – aus Sicht erfahrener Eltern überflüssigen – Neuerungen gehört auch eine App, mit der Kindergeschrei übersetzt werden kann. Eltern lernen so, die Äußerungen ihres Säuglings richtig zu deuten: Hunger, Schmerz, Einsamkeit oder einfach, wenn das Kind frohgemut vor sich hin brabbelt. Ein weiteres KI-Gerät kann zwar nicht Hundegebell übersetzen, dafür aber das Tier in Abwesenheit von Herrchen und Frauchen beschäftigen.

Das Ganze erinnert mich an die Zeit vor gut zehn Jahren, als auf der CES allüberall „Irgendwas mit Cloud“ zu sehen war. Der inzwischen legendäre Kühlschrank, der über seinen Internet-Anschluss selbst für das Replenishment und die Beschaffung gängiger Lebensmittel sorgt, ist zwar bis heute nicht wirklich realisiert worden, sollte aber aufzeigen, was durch Vernetzung möglich ist. Kein Wunder, dass nach und nach auf der CES in Las Vegas alle großen Automobilhersteller zu den wichtigsten Ausstellern gehörten. Sie präsentierten mit Connected Cars sozusagen fahrbare Smartphones mit Entertainment- und Infotainment-Systemen, Fahrassistenten und intelligenten Navigationssystemen. Kein Wunder auch, dass diese Automobilhersteller heute diese Funktion erweitern durch „Irgendwas mit KI“.

Aber natürlich sind in Las Vegas auch nützliche Dinge zu sehen – insbesondere im Bereich Systemüberwachung und Monitorring, auf neudeutsch Observability. Je komplexer heutige IT-Infrastrukturen werden, desto aufwändiger wird es, diese Systeme auch zu managen. Da kann künstliche Intelligenz wertvolle Hilfe leisten. Gerade bei hybriden Infrastrukturen, die Cloud-Anwendungen mit Lösungen im eigenen Rechenzentrum verknüpfen, public und private Clouds von mehreren Anbietern kombinieren und Serverfarmen mit unterschiedlichen Datenbanksystemen einsetzen, können so effektiv und Ressourcen sparend genutzt werden.

Gleiches gilt für Cybersecurity, bei der ein stetes Wettrüsten mit den Cyberkriminellen zu beobachten ist – und künstliche Intelligenz beschleunigt die Innovationen auf beiden Seiten. Aber gerade die Fähigkeit von KI, Muster zu erkennen, hilft bei der Entdeckung und schnellen Reaktion bei Cyberangriffen. Auch hier gilt: Künstliche Intelligenz übernimmt Routinearbeiten und spart damit teure und seltene Ressourcen bei Menschen und Maschinen.

Und auch dieser Trend ist auf der CES zu besichtigen: nachdem KI enorm viel Rechenleistung benötigt, die wirtschaftlich nur über die Cloud-Rechenzentren um zur Verfügung gestellt werden kann, folgt jetzt doch die Tendenz zu dedizierten, für KI optimierten Chips. Sie sollen dazu beitragen, dass künftige Smartphones, KI-Aufgaben nicht mehr über die Cloud verarbeiten, sondern auch dann funktionieren, wenn sich das Smartphone außerhalb der Reichweite von Funkmasten befindet. Das lohnt sich bei der enormen Stückzahl von Smartphones, die Jahr für Jahr über die Theke gehen. Es wird aber wohl nicht lange dauern, bis auch in Tablets, Laptops und Personal Computern eigene KI-Chips eingebaut sind. Das könnte zum Beispiel dazu führen, dass künftige„KI PCs“ oder „KI-Handys“ selbsttätig die richtige Anwendung öffnen, die vom Benutzer gerade benötigt wird. Vorbei wäre dann die Zeit, in der man zwischen zahllosen Icons auf dem Bildschirm suchen muss, um eine Mail zu schreiben, eine Tabelle zu entwerfen, einen Kurzfilm zu kreieren oder Rechenaufgaben zu lösen.

Das führt möglicherweise zu einer völlig neuen gesellschaftlichen (Un)Tugend: wir werden immer fauler, weil uns „Irgendwas mit KI“ jegliche Routinetätigkeit abgenommen haben wird. Ob wir uns dann überhaupt noch die Schuhe selbst binden können? „Irgendwas mit KI“ wird es sicher auch bald  dafür geben.

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