Lustig? Nicht lustig!

1,7 Milliarden Nutzer bescherten Facebook im zweiten Quartal 2016 einen Gewinn von 2,1 Milliarden Dollar. Die Verdreifachung des Quartalsprofits – bei einem um mehr als verdoppelten Umsatz von 6,4 Milliarden Dollar – seien das äußere Zeichen dafür, dass „unsere Community und unser Geschäft ein weiteres gutes Quartal hatten“, kommentierte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg geradezu lakonisch in seinem Post. Richtig „lustig“ aber sei es, fügte er hinzu, dass nun die Zahl der Facebook-Nutzer genau so groß sei wie vor 100 Jahren die Zahl der Weltbevölkerung.

Gar nicht lustig ist dagegen, dass exakt diese 1,7 Milliarden auch die Anzahl Dollars sind, die der von Analysten geschätzte Verkaufswert des Yahoo!-Kerngeschäfts (ohne die Beteiligungen an Alibaba und Yahoo! of Japan) innerhalb von einer Woche eingebrochen ist – auf nunmehr 4,8 Milliarden Dollar, die der US-amerikanische Telekom-Riese Verizon nun tatsächlich bezahlen wird. Dafür bekommt Verizon rund eine Milliarde Kunden, die E-Mailservices und Internet-Portale nutzen, sowie deren Profile und Werbeverhalten. Eine Milliarde? Das ist doch ziemlich genau die Zahl der Weltbevölkerung im Jahr 1800 – jetzt verscherbelt für 4,8 Dollar das Stück. Auch nicht lustig!

Auch diese historische Zahl ist nicht lustig: Im Jahr 2000 war Yahoo! an der Börse noch 120 Millionen Dollar wert. Zugegeben, davon sind die fernöstlichen Beteiligung heute noch 40 Millionen Dollar wert. Aber der Rest sackte auf acht Prozent seines Ursprungswertes zusammen. Wie konnte das passieren? Was hatte Yahoo! nicht, was Google und Facebook haben?

Ein klares Profil! Als Mark Zuckerberg Facebook 2012 an die Börse brachte, spielte er eine Rekordsumme ein. Doch die Analysten warfen ihm schnell vor, keinen Plan für die Zukunft zu haben, der Kurs brach ein. Im Stillen arbeitete Facebook an einer neuen Vision, kaufte den Foto-Dienst Instagram und die Messenger-Software WhatsApp, und richtete das Geschäftsmodell von Seiten für Fans und Freunde auf gezielt vermarktete Werbeportale aus.

Yahoo! dagegen, der 1994 gegründete Pionier stand für Alles und Nichts im Internet, vor allem aber zuletzt auch für Gestrigkeit. Daraus wurde Alles oder Nichts, als Marissa Mayer – ebenfalls 2012 – bei Google ausstieg und einen Tag später das Ruder übernahm. Die best-beleumundete und folglich auch best-bezahlte Internet-Managerin hat vieles versucht. Die Übernahme des Foto-Dienstes Flickr und der Blog-Plattform Tumblr sollte die Erneuerung durch Verjüngung bringen. Beide Dienste blieben nicht nur hinter ihren Erwartungen zurück. Auch die Kosten spielten sie nie ein: Die eine Milliarde Dollar für Tumblr mussten jetzt mit 700 Millionen Dollar abgeschrieben werden. So wurde Yahoo! für Verizon zum Schnäppchen.

Und mit Verizon, das sich schon für 4,4 Milliarden Dollar den anderen Internet-Oldie AOL einverleibt hatte, winkt nun auch den Yahoo!-Nutzern eine stärkere Werbeausrichtung der zusammengeführten Portale. Verizon hat dazu die Algorithmen, über die Kunden gezielt mit Werbeeinspielungen versorgt werden können. Noch geht der Löwenanteil der Werbeausgaben an die TV-Sender. Aber das auf mobile Endgeräte (und deren Plattformen) zielende Anzeigengeschäft wächst stürmisch, vor allem, weil es durch Algorithmen und Metadaten viel präziser auf die jeweilige Zielgruppe wirkt.

Es bleibt allerdings fraglich, ob Verizon in einem solchen Markt noch ernsthaft vorankommen kann. Allein im US-Markt, wo Verizon zuhause ist, werden 53 Milliarden Dollar mit eingeblendeten digitalen Anzeigen umgesetzt. Nach der Übernahme würde der Telekom-Carrier davon einen Marktanteil von 4,4 Prozent behaupten können. Doch was ist das schon, wenn Facebook 17 Prozent und Google 36 Prozent dieses Marktes für sich reklamieren?

Analysten gehen davon aus, dass dieser Markt noch auf über 100 Milliarden Dollar pro Jahr wachsen kann und damit an der TV-Werbung vorbeiziehen wird. Dann könnte sich für Verizon der Kauf von AOL und Yahoo! innerhalb weniger Jahre amortisieren.

Aber anzunehmen, dass die übermächtigen Anbieter Facebook und Google noch aus diesem Markt zu drängen wären… Das wäre einfach nur: „lustig“.