Schuster zeigt, was Partner leisten

90 Prozent seines Gesamtumsatzes – 2015 waren das 93,5 Milliarden Dollar – generiert Microsoft über seine Partner. Grund genug, in Toronto eine World Partner Conference abzuhalten, die gemessen an der Teilnehmerzahl alle Rekorde brach. Nie hatten sich mehr Softwarehäuser und Serviceunternehmen, die mit und durch Microsoft eigene Märkte erschließen, dafür interessiert, wohin die Reise geht, zu der Microsofts CEO Satya Nadella vor zwei Jahren mit der Devise „Mobile First, Cloud First“ den Startschuss gegeben hatte.

Denn die Basis, auf der Partner ihr Software- und Servicegeschäft aufbauen, wandelt sich mit aller Konsequenz. Da ist zum Beispiel der Wechsel auf Windows 10, den Microsoft ein ganzes Jahr lang durch den Verzicht auf Lizenzumsätze so schmackhaft gemacht hat, dass nun weltweit mehr als 350 Millionen Installationen existieren. In zwei Jahren, so schätzt Satya Nadella, soll die Milliardengrenze durchbrochen werden.

Windows 10 ist eine höchst interessante Entwicklungsplattform für Softwarepartner, die unter einem Betriebssystem parallel Lösungen für Personal Computer, Tablets, Surface oder Smartphone entwickeln können. Und sie ist auch deshalb außerordentlich interessant, weil sie die Plattform ist, auf der der Weg in die Cloud weitgehend barrierefrei ist.

Denn nicht nur offenbart die Cloud – mit Diensten wie Microsoft Azure – den Softwarepartnern die Nutzung neuer Technologien, die Microsoft über Services zur Verfügung stellt. Dazu gehört beispielsweise die intelligente Chatbot-Lösung Cortana, die als freundliche Bedienerhilfe auf Smartphones bislang noch kaum ausspielen konnte, was in ihr steckt. Auf der WPC demonstrierte Cortana am Beispiel der Fastfood-Kette McDonald´s, dass auch unsystematisch daher gefaselte Bestellungen durch Chatbots in eine vernünftige, maschinenlesbare Order umgewandelt werden können.

Satya Nadella war es wichtig, den Partnern aufzuzeigen, dass die Cloud nicht nur ein neues Geschäftsmodell offeriert, sondern dass sich vor allem neue Anwendungsmöglichkeiten durch Services ergeben, die von Microsoft nach und nach in der Cloud und als cloudgestützte Entwicklungsumgebungen für die Partner bereitgestellt werden.

„Die Digitale Transformation gemeinsam bewerkstelligen“, war denn auch das Mantra, dass Microsoft nicht müde wurde, an den drei Tagen von Toronto zu verkünden. Das geschah einerseits durch die visionäre Performance des indisch-stämmigen CEOs. Es geschah aber auch durch die neue Channel-Chefin Gavriella Schuster, die seit wenigen Wochen als Microsoft Vice President der Partner Division fungiert und Phil Sorgen beim Umbau der Partner-Community ablöst.

Nicht nur, sagte Schuster, sind Microsofts Partner durchweg erfolgreicher als ihre direkten Konkurrenten außerhalb der Microsoft-Gemeinde. Sie sind vor allem dann besonders erfolgreich, wenn sie den Gang in die Cloud schon angetreten haben. Wer mehr als 50 Prozent seines Umsatzes mit Cloud-Diensten generiert, rechnete sie ihren Partnern vor, erzielt höhere Margen als die, die nur zaghaft in die Cloud investieren. Das muss nicht verwundern. Denn wer bereits den größten Teil seines Umsatzes durch die Cloud erwirtschaftet, hat die verlustreiche Phase des Übergangs schon hinter sich.

Aber die nächste Zahl, die Schuster präsentierte, hatte es in sich: Auf einen Dollar Cloud-Umsatz für Microsoft kommen 5,84 Dollar für die Partnerschatulle, die aus eigenen Services, Zusatzprodukte und Wartungseinnahmen entstehen. Damit reklamiert Microsoft einerseits, dass die Company inzwischen zu einer der größten Umsatzmaschinen der Welt avanciert ist. Schuster machte auch den Partnern deutlich, dass mehr eigenständige Cloudservices auf Microsoft-Plattformen auch mehr Wachstumspotenzial für die Partner bedeuten. Und die Message dahinter war klar: Je mehr die Partner in der Cloud leisten, umso mehr Freude kommt auf – bei Microsoft, den Partnern und den Kunden.

 

SAPple

In einer Welt, in der jeder jeden kaufen könnte, sind schon Kooperationen Anlass zur Spekulation. Es sollte eigentlich nichts Besonderes sein, wenn SAP mit Microsoft über eine engere Zusammenarbeit diskutiert. Immerhin sind gut und gerne 90 Prozent der Endgeräte, von denen aus auf SAP-Software zugegriffen wird, von Microsoft dominiert. Aber, dass dabei schon zweimal über eine Fusion der beiden Software-Riesen diskutiert worden sein soll, entfacht doch die Phantasie. Da muss man noch nicht einmal Verschwörungs-Fanatiker sein.

Jetzt verspricht Apple, die SAP-Software auf seine mobilen Geräte iPhone und iPad zu bringen. Eigentlich nur logisch. Denn die Welt der Gegenwart ist schon mobil – die Zukunft hingegen wird wearable und virtuell real. Da lohnt es sich, mit jedem der potentiellen Device-Designer zusammenzuarbeiten. Also eigentlich keine Nachricht, oder?

Oder doch? Anders als Microsoft hat sich Apple seit Jahrzehnten dem Markt für Geschäftskunden verweigert. Zwar gibt es eine hochloyale Geschäftskundschaft in der Kreativindustrie, aber der Markt für ERP-Systeme, über die Unternehmen ihre Geschicke und Geschäfte steuern, verzichtet weitgehend auf die Unterstützung aus Cupertino. Dabei sind doch gerade hier die langfristigen Bindungen möglich, die einen soliden Umsatzsockel sichern. Stattdessen ist Apple mit der Fokussierung auf das hoch volatile Privatkundengeschäft zur weltweit wertvollsten Firma emporgestiegen. Aber derzeit ist die Aktie im Sinkflug, Apple droht – wie schon einmal – die Spitzenpositionen an Alphabet (also Google) zu verlieren. Denn die nächsten Highflyer-Produkte, mit denen die nächste Umsatz- und Gewinnrakete gezündet werden kann, sind nicht in Sicht.

Jetzt soll also der direkte Zugriff auf die Hana-basierenden SAP-Anwendungen vom iPad und iPhone aus zusätzliches Geld in die Kassen spülen. Aber warum sollte das funktionieren? Die schon 2014 mit IBM eingegangene Partnerschaft hatte anscheinend nicht die erhofften Auswirkungen. Das freilich könnte an den seither kontinuierlich enttäuschenden Quartalsergebnissen von Big Blue liegen.

Da könnte die Partnerschaft mit den Walldorfern tatsächlich aussichtsreicher sein. SAP will seine Benutzeroberfläche Fiori auf die mobilen Apple-Geräte bringen und diese zugleich mit Afaria, den seinerzeit über Sybase erworbenen Tools fürs Gerätemanagement, weltweit ansteuern. Das könnte zumindest dem Arbeitsplatztrend entgegenkommen, wonach jeder Mitarbeiter sein eigenes Device auswählen und anwenden darf. Zudem wandelt sich der Arbeitsplatz derzeit ohnehin rapide. Ein fester Desktop klingt irgendwie nach 20. Jahrhundert. Im 21. Jahrhundert erfolgt das Unternehmensmanagement von unterwegs aus – und sei es aus Panama…

Die neue SAPple-Umgebung wird freilich gleich auch den Herausforderungen der digitalisierten Arbeits- und Fertigungswelt begegnen müssen. Ob dazu Gestensteuerung oder doch lieber gleich virtuelle Realität das Werkzeug der Zukunft ist, bleibt abzuwarten. Aber für beide Seiten dürfte es besser sein, diese Entwicklungsaufgaben gemeinsam anzugehen. Die Arbeiten an der Benutzeroberfläche Fiori hatten seinerzeit SAP-Entwickler ohnehin schon an den Rand des Wahnsinns getrieben. Das muss man nun nicht wiederholen, sondern kann es getrost den Experten überlassen. Die Expertise der SAP liegt nun mal eindeutig im Prozessumfeld und das liegt tief unter der Oberfläche.

 

 

Liebesgrüße aus Moscone

Es ist irgendwie ein Treppenwitz der IT-Industrie, dass ausgerechnet zum 40. Geburtstag von Apple das legendäre Moscone Center in San Francisco schon ausgebucht ist – durch Microsofts Entwicklerkonferenz BUILD. Dabei hat das Moscone Center so ziemlich jede Innovation gesehen, die Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht hat. Hier hat Steve Jobs seine legendären Ankündigungen mit dem berühmtesten Halbsatz der IT-Geschichte präsentiert: „…und dann noch eine Sache:…“

Microsofts CEO Satya Nadella hat jetzt auf der BUILD sich nicht „mit noch einer Sache“ begnügt, sondern so ziemlich nach jedem Technologie-Luftballon gezielt, der derzeit am Megatrend-Himmel zu beobachten ist: Virtuelle Realität, Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge – für all diese Multimilliarden-Märkte der Zukunft will Microsoft ein Infrastrukturangebot unterbreiten, das auf den beiden Eckpfeilern der „Cloud First, Mobile First“-Strategie beruht, die seit fast zwei Jahren die Entwicklungsrichtung für Microsoft vorgibt. Microsoft war noch nie so breit aufgestellt wie jetzt.

Apple war noch nie so breit aufgestellt wie jetzt am Ende der vierten Dekade seines Bestehens. Und dennoch wirkt das Unternehmen aus Cupertino geradezu eng fokussiert im Vergleich zu dem Redmonder Allüberall-Anspruch, der jetzt auf der BUILD im Moscone Center postuliert wurde. Dabei waren es der iPod, der iTunes Store, das iPhone, der iMac und das MacBook Pro, der Apple Store und schließlich der Apple Retail Store, die von den Ankündigungen im Moscone Center aus die Welt eroberten und Apple einen aktuellen Börsenwert von mehr als 600 Milliarden Dollar bescherten. Wäre Apple ein Staat, würde die Weltbank ihn auf Listenplatz 54 der reichsten Länder dieser Erde aufführen – Kopf an Kopf mit Neuseeland.

Dabei war vor zwei Jahrzehnten mit Apple nicht viel Staat zu machen. Auf der ersten Macworld Conference & Expo, die übrigens wie alle folgenden Macworlds gar nicht von Apple, sondern vom IT-Publizisten IDG veranstaltet wurde, musste Steve Jobs nach dem Rettungsreifen greifen, den Bill Gates ihm vom scheinbar unsinkbaren Microsoft-Mutterschiff ins kalte Wasser der Bay geworfen hatte. Die angeschlagene Apple Company war nach zahlreichen Flops und Management-Fehlern einen „Pakt mit dem Feind“ eingegangen. Der Auftritt von Bill Gates per Videoschalte wurde von den MacFans enthusiastisch ausgebuht.

Jetzt ist Bill Gates der reichste Mann der Welt, aber Apple das reichste Unternehmen der Welt. Sein Nach-Nachfolger, Satya Nadella, unternimmt nun alles, das allzu lange auf Wintel-Architektur fokussierte Unternehmen Microsoft wieder in die Mainstreams der IT-Welt zurückzubringen – und dort am besten gleich als Technologie- und Wortführer. Seit langem zeigen die Börsianer, dass sie auch bei Apple auf das nächste ganz große Ding warten – egal, ob virtuelle Realität, künstliche Intelligenz, autonomes Fahren oder Weareables mit neuen, körperoptimierenden Funktionen.

Auch unter dem Jobs-Nachfolger Cook hat Apple seine DNA nicht verloren, nach der es beste Firmenkultur ist, auf einen zwar noch nicht ausgereiften, aber in seiner Marktbedeutung erkennbaren Trend aufzuspringen und dabei eigene, bewährte Cash Cows zu opfern. Wir können damit rechnen, dass das fünfte Apple-Jahrzehnt mit so einem Knall beginnen wird. Das Moscone Center ist jedenfalls bereit für die nächsten Liebesgrüße.

 

Wer bringt das nächste große Ding?

Eigentlich müsste sich Tim Cook genüsslich zurücklehnen. Mit insgesamt knapp zehn Millionen Dollar wurde Apples Vorstandsvorsitzender soeben fürstlich dafür belohnt, dass die iCompany sämtliche der gesteckten Ziele erreicht und ein Rekordjahr hingelegt hatte: 53,4 Milliarden Dollar Reingewinn bei 234 Milliarden Dollar Umsatz! Das ist ein Jahrhundertrekord!

Doch die Börse reagierte unwillig – der Apple-Kurs sank innerhalb von fünf Wochen um 18 Prozent und dümpelt nun um die 100 Dollar-Marke. Der Grund: die neuesten Freischaltzahlen rund ums Weihnachtsgeschäft lassen erkennen, dass sich das Interesse an iPhones verringert, nachdem auch die Verkaufszahlen für die Tablets schon zurückgegangen waren. Womit, so fragt man sich, will Apple im neuen Jahr so viel Geld verdienen, dass es zum Rekordjahr aufschließen kann?

Eine Frage, die Microsofts CEO Satya Nadella für seine Company vielleicht schon im zurückliegenden Jahr beantworten konnte. So gelang der Turnaround bei Windows, das mit der „10“ endlich wieder Kunden und Partner gleichermaßen zufriedenzustellen scheint. Selbst das totgeglaubte PC-Geschäft erlebt gegenwärtig ein zartes Revival. Hersteller wie Lenovo investieren nach eigenem Bekunden heftig in Windows 10-basierte Systeme, weil die Kundennachfrage endlich wieder steigt. Lenovo orientiert sich dabei an Produkten, die das Zeug zum nächsten Industriestandard haben: Microsofts Surface Pro 4 und Surface Book als Mittelding zwischen Tablet und Netbook. Sie bilden auch die Plattform für künftige dreidimensionale Anwendungen, die über den Virtual Reality Spezialisten Havok ins Microsoft-Portfolio kommen sollen. Da mag es verschmerzbar sein, das Microsoft im Smartphone-Segment auch mit Windows 10 keine großen Umsatzsprünge macht.

Die gemeinsame Plattform für all das ist hingegen Microsofts Cloud-Strategie, für die nicht nur direkt um große Kunden geworben wird, sondern indirekt um Partner, die mit Infrastrukturangeboten, neuen Dienstleistungen und zukünftigen Anwendungen nicht nur die Cloud beleben sollen, sondern auch das Windows-basierte Geschäft überall: zuhause, im Büro und auf dem Weg zwischen beiden. Die Börse jedenfalls dankt es – mit einem Kursplus von 18,5 Prozent im vergangenen Jahr. Und seit Nadella am Ruder Kurs hält, stieg die Microsoft-Aktie sogar um 45 Prozent!

Und IBM? Big Blue hält seinen Aktienkurs relativ stabil, weil in Armonk konsequent eigene Aktien zurückgekauft werden. Das senkt die Gefahr – so unglaublich es auch klingen mag –, dass IBM zu einem Übernahmekandidat für Apple, Google oder Amazon werden könnte. Aber warum sollte man sich eine Firma mit zu viel altgedientem Personal und Portfolio ans Bein binden? Darauf gibt es eine einfache Antwort: Watson!

Als Jeopardy-Sieger war der Künstliche Intelligenzbolzen noch eine clevere Spielerei, doch schon mit dem Einsatz als Diagnosehelfer im Medizinumfeld bewies der Watson-Computer seine Ernsthaftigkeit. Jetzt, auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas, kündigte IBMs Vorstandsvorsitzende Ginny Rometty nicht weniger als den Beginn eines neuen Computerzeitalters an und untermauerte diesen kühnen Anspruch mit einigen schillernden Partnerschaften. So macht Watson künftig im denkenden Teil des Haushaltsroboters Pepper von Softbank Furore. Die sprachanalytische Komponente soll den kleinen Hausknecht noch besser befähigen, auf Sprachbefehle seiner Familienmitglieder zu hören. Der Sportausrüster Under Armour will mit Watson seine Fitness-Tracker aufpeppen.

Und der Retailer Whirlpool analysiert mit Watson Milliarden von Kundendaten. Für Unternehmen wie Whirlpool soll ein einfach zu bedienendes Software Development Kit zur Verfügung gestellt werden, mit denen Watson in Eigenregie auf die individuellen Anforderungen im Big Data-Segment getrimmt werden kann. Große Datenmengen, wie sie bei der Digitalisierung der Produktionswelten anfallen, sollen Watsons Spezialgebiet werden. Sechs Labors hat IBM dazu weltweit ins Leben gerufen. Dann wären auch Partnerschaften mit den großen Anbietern von Unternehmenslösungen wie SAP oder Oracle nur noch eine Frage der Zeit.

In der Ära des kognitiven Computings wird Watson auf eine Infrastruktur zurückgreifen können, die IBM in 44 Ländern der Erde etabliert hat: hochverfügbare Cloudservices aus Datencentern, die das Number Crunching von der Pike auf gelernt haben. Watson ist bestimmt eines der nächsten ganz großen Dinger. Wem auch immer IBM dann gehören mag…