Die bittere Erkenntnis aus der Wirtschaftskrise: Vorstände und Geschäftsführer werden abberufen, wenn sie keine Sparmaßnahmen einleiten. Politiker werden nicht wiedergewählt, wenn sie Sparmaßnahmen ankündigen. Das 80-Milliarden-Paket der Haushaltskürzungen wird gerne und euphemistisch als Sparpaket bezeichnet. Dazu müssen wir jetzt mal grundsätzlich werden: Sparen ist Geld nicht ausgeben, das man hat. Was derzeit beabsichtigt wird, ist etwas anderes – nämlich sich einschränken!
Lassen wir mal die Tatsachen beiseite, dass es sich erstens sowieso nur um eine Absichtserklärung handelt, deren Durchsetzung noch fraglich ist, und zweitens die Summe der neuen, „echten“ Einschränkungen deutlich geringer ist. – Der Haushalt des Bundes läuft immer nach der gleichen und gleich befremdlichen Logik: Viel hilft viel. Und wenn weniger ausgegeben wird, dann wird auch weniger erreicht. Statt Leistungen zu kürzen, sollte die Leistung gesteigert werden – bei jedem einzelnen. Von Effizienzsteigerung ist aber keine Spur zu erkennen. Da wird gekappt, statt kapiert.
Mittelständler ticken anders. Die Leistung von heute morgen günstiger erzielen – das ist das ewige Mantra des mittelständischen Machers. Er schraubt an Geschäftsprozessen, optimiert Materialbeschaffung, innoviert Prozesse und Produkte. Wo ist dieses Ingenium in der Politik?
Natürlich, Politik wird nicht produziert, sondern prozediert. Da gibt es keine Ausbeute, keinen „yield“. Aber es spricht für sich, dass gerade Dienstleistungsunternehmen die Wirtschaftskrise zum Anlass genommen haben, ihren Wertschöpfungsprozess, der von ausgebildeten Personen abhängig ist, eher durch Qualität als durch Quantität gekennzeichnet ist, zu beschleunigen. Und Optimierungsdienstleistungen – zum Beispiel IT-Services – haben in der Krise geradezu geboomt.
Der Staat als Dienstleistungsbetrieb aber bleibt auf Entschleunigungskurs. In Lissabon haben sich die Europäer geschworen, aus dem altgewordenen Kontinent eine Region der Wissensgesellschaften zu schaffen. Wir wollten und wollen eine Community von gebildeten und geschickten Dienstleistern sein. Aber noch immer kämpfen wir um neue Infrastrukturen – vom Kindergarten bis zur Universität, vom Bürokratieabbau bis zum Bandbreitenausbau. Wir subventionieren das Gestern und kürzen die Investitionen für morgen. Das ist die falsche Lehre aus der Krise.
Der Engpass ist, dass Politik, Parteien und Politiker durch die Wähler nicht unter effizienz-, sondern unter emotions-Gesichtspunkten bewertet wird. Alle Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit der (Zukunfts-) Industrien erhöhen, zum Beispiel durch Senkung der Lohnnebenkosten oder Schaffung von ITK-Infrastruktur, werden nicht wahrgenommen oder angefeindet, das Kürzen des Wohngeldes, der Agrarsubventionen oder der in jeder Hinsicht fragwürdigen Solarenergie als Anschlag auf die Gesellschaft fehlinterpretiert. Das liegt sicher nicht daran, dass die Wähler die Zusammenhänge nicht verstehen könnten. Vielmehr herrscht seit Jahrzehnten eine stille Übereinkunft der Parteien, ihre Kommunikationsmöglichkeiten dazu zu nutzen, Fakten im jeweils eigenen Interesse reduziert darzustellen. Vor diesem Hintergrund braucht es niemanden zu wundern, dass der Bürger nicht nach Fakten, sondern nach Emotionen entscheidet; denn er kennt die Fakten ja nie vollständig genug.
Wenn sich zumindest die Parteien der Mitte darauf einigen würden, ihre Potenziale zur Meinungsbildung dazu zu nutzen, die Bürger über die Zusammenhänge aufzuklären, wäre viel gewonnen … zugleich wäre den Demagogen am rechten und linken Ende das Wasser abgegraben.