Hybrid or not hybrid

Die Welt ist ja nicht nur geteilt in Nord und Süd, arm und reich, Mann und Frau, jung und alt, sondern auch in Raucher und Nichtraucher, Kaltduscher und Warmbader – und natürlich differenzieren wir nicht nur zwischen offline und online, sondern vor allem zwischen OnPremise und OnDemand…

Wenn die Zukunft der Informationswirtschaft tatsächlich und unbestreitbar im Something as a Service liegt – wie sollte man den Paradigmenwechsel abreiten? Auf einen Rutsch, gestern noch Lizenz und heute schon Miete, oder eher nach dem Motto: Wie es Euch gefällt?

Die Beantwortung der Frage ist alles andere als akademisch. Sie greift tief in die Vertriebspsyche. Wer einen Fall über, sagen wir: 3 Millionen Euro Lizenz oder eine Million Euro Jahresnutzungsgebühr mit gleicher Abschlusswahrscheinlichkeit bearbeiten muss – für welchen sollte man sich entscheiden? Mann, drei Millionen noch im laufenden Quartal! Alle Stakeholder zufrieden gestellt, die Provision ist geritzt, und das Schulterklopfen der neidischen Kollegen ist inklusive.

Die klassische Vorteilsargumentation für OnDemand-Lösungen zeigt dem Anwender die Schönheit eines Lebens ohne Hardwarekauf, Lizenz-und Wartungskosten auf, lässt aber völlig unerwähnt, dass die zur Zeit gängigen Angebote bereits im vierten Jahr die Softwarelizenzgebühren übersteigen und über einen Abschreibezeitraum von sieben Jahren gegenüber dem Kauf bestenfalls plus/minus Null auskommen. Für den Anbieter hingegen ist es ein hochinteressantes Geschäftsmodell, allmählich Usage Fee auf Usage Fee häufen zu können. Im klassischen Lizenzgeschäft heißt es hingegen: Gehen Sie zurück auf LOS.

Und trotzdem sind drei Millionen auf der Hand mehr als eine Million jährlich auf dem Dach. Das merkt jeder, der beim Wechsel von seinem Geschäftsmodell zum anderen die Weite und Tiefe des Tals der Tränen ausgelotet hat. Ein Legacy-Softwarehaus muss mit einer Durststrecke von mindestens drei Jahren rechnen, bis das Plateau an Nutzungsgebühren soweit aufgebaut ist, dass es die Lizenzeinnahmen in den Schatten stellen kann. Der klassisch unterkapitalisierte Software-Mittelstand kann sich diesen Wechsel einfach nicht leisten.

Aber auch Größe schützt vor dem Tal der Tränen nicht. SAP ist das beste Beispiel: Während im unteren Mittelstand ein bislang für SAP unerreichter Markt mit Milliardeninvestitionen ins OnDemand-Geschäft attackiert wird, dominiert im angestammten Kundenkreis immer noch die Heilige Sankt Lizenzia. John Wookeys Abgang dürfte auch aus Frust darüber erfolgt sein, dass SAP nur mit einem Bein im OnDemand-Modell steht, mit dem anderen aber betonfest im lizenzgestützten Geschäftsmodell verbleibt.

Ist OnDemand möglicherweise nur etwas für Newcomer, die keine Licence-Legacy zu überwinden haben? Salesforce zum Beispiel gründet seine Existenz auf den Ausbau des Nutzungsplateaus und verzichtet nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt auf nennenswerte Gewinne, weil es branchenunüblich intensiv in Marketing und Markt investiert. Googles Marketingausgaben haben in der jetzt begonnen „Ära Page“ massiv zugelegt. Aber ist nicht Apple zugleich der Beweis dafür, dass die vollständige Transition vom Lizenzmodell zum Nutzungsmodell funktionieren kann?

Es klingt wie der Rat eines Zauderers (und nicht eines Zauberers): Lasst den Kunden entscheiden. Nur im Hybridmodell kann der Umstieg gelingen. Das haben Automobilbau und Informationswirtschaft gemeinsam. Was spricht dagegen, eine faire Kalkulation für beide Bezahlmodelle vorzulegen. Nachrechnen können die Einkäufer sowieso. Denn schließlich ist OnDemand weniger eine neue Technik als vielmehr ein neues Bezahlmodell. Und darüber entscheidet der Kunde gern. Soll er!

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