Wir kennen das aus Actionfilmen: Der Kampf in den Wolken verlangt Flugmanöver voller Finten und Finessen. Den Immelmann zum Beispiel, der einen halben Looping mit einer halben Schraube kombiniert und so die schnelle Richtungsänderung ohne Tempoverlust erlaubt. Muss man schon drauf haben, wenn man den Gegner in den Wolken abhängen will. Aber Vorsicht: Man kann bei diesem Manöver ganz schnell an Höhe verlieren…
Léo Apotheker hat mit zwei halben Kursmanövern einen Immelmann für HP versucht. Die Ankündigung, eventuell das PC-Geschäft abzustoßen (halber Loop), verbunden mit der Ankündigung, das britische Softwarehaus Autonomy zu schlucken (halbe Schraube) hat Analysen schockiert. Die HP-Aktie verlor brutal an Höhe, der neue Kurs – raus aus dem Consumer-Markt, rein ins Enterprise-Business – ist gefährdet.
Motorola hatte schon zum Jahresbeginn seine Flugformation aufgelöst und die eine Staffel auf Comsumer-Absch(l)üsse (Motorola Mobility), die andere auf Enterprise-Ziele (Motorola Solutions) ausgerichtet. Das gewagte und schon 2008 diskutierte Manöver kam offensichtlich zu spät: Google hat Motorolas Consumer-Staffel mit einem Flächenabwurf von 12 Milliarden Dollar noch in der Startphase erwischt und reiche Beute gemacht: 17000 Patente. Die Zukunft der Enterprise-Staffel ist nun ebenfalls ungewiss.
Dabei ist es ganz richtig, vor schwierigen Flugfiguren erst einmal ordentlich Ballast abzuwerfen. IBM hat dies längst getan, als es sein PC-Geschäft ausklinkte und seitdem in der Enterprise-Stratosphäre seine Kreise zieht. Die PC-Staffeln haben längst ihre Schubkraft für die Bilanzen eingebüßt, wie Microsoft jetzt schmerzlich im Windows-Markt spürt: Im zweiten Quartal des Jahres wurden 43 Prozent aller Smartphones mit Googles Android ausgestattet, 61 Prozent aller TabletPCs kommen von Apple. Und Windows 8 liegt noch flugunfähig im Hangar. Microsoft steckt im Zweifronten-Krieg zwischen Consumer-Markt und Enterprise-Business.
Und genau aus diesem Dilemma will Léo Apotheker jetzt seine Company mit der Immelmann-Kurve befreien: Raus aus dem Consumer-Markt, der längst zwischen Google, Apple und Microsoft aufgeteilt sein dürfte. Dafür aber rein ins Business-Segment, wo IBM, Oracle und Microsoft schon sind. Für diesen Kampf der Giganten ist „HP-minus-PC-plus-EnterpiseSearch“ aber eigentlich zu schwach – denn für die Lufthoheit im obersten Marktsegment braucht es mehr als Prozessoren, Speicher, Betriebssysteme, Services und Systemmanagement. Dem HP-Geschwader fehlt eine eigene Datenbank ebenso wie ein BI-/ und Reporting-Werkzeug zur Luftaufklärung. Eine eigene Anwendungs-Suite wird ebenso vermisst wie die Middleware zur Anwendungsintegration.
All dies hat SAP – haben Apothekers alte Kampfgefährten! Deren Führungsstab will gerade vom Boden der OnPremise-Lösungen abheben, um über ByDesign in die Wolken aufzusteigen. Dabei sollen Apps für den mobilen Entrepreneur für die nötige Wendigkeit beim Instrumentenflug sorgen. Doch auf lange Sicht fehlen SAP die globalen Stützpunkte mit jener Infrastruktur, die heute HPs Stärke ausmachen.
Es wäre nicht überraschend, wenn sich demnächst über den Wolken neue Allianzen auftun. Die Freiheit dazu ist jedenfalls grenzenlos. Deshalb muss HPs Kurs schnell wieder an Höhe gewinnen. Sonst droht die Bruchlandung, der Crash.