CES an MS: Ne me quitte pas

Im Cesar´s Pallace singt Celine Dion ihre wunderbare Interpretation von Jacque Brels « Ne me quitte pas » und draußen, gut eine Meile vom Colloseum entfernt, bereitet Microsoft seinen letzten großen Auftritt auf der Computer Electronics Show in Las Vegas vor. Das fetzt noch mal richtig, denn mit Windows 8 harmonisiert Redmond nicht nur seine Systemsparten Desktop, Smartphone und Tablet-PCs unter einer einheitlichen Oberfläche, sondern vereint mehr oder weniger alle Produkte in einem.

Überall herrschen Wischen und Winken einerseits oder schon Sprechen und Kommandieren andererseits. 3M beispielsweise zeigt einen Multiuser Touchscreen in 46 Zoll Größe, der bis zu 20 Fingerzeige gleichzeitig versteht und verarbeiten kann. Kollaboration am gemeinsamen Arbeitstisch soll so die Planungsaktivitäten der Zukunft beflügeln. Wer beim Touch-Screening allerdings für sich bleiben will, findet unzählige neue Tablet-PCs, die flach und flacher werden. Das Gerücht, dass Microsoft seine Office-Anwendungen nicht nur auf dem eigenen Tablett präsentieren wird, sondern künftig auch auf dem iPad verfügbar macht, verdichtet sich hier in Las Vegas zur Tatsache. Ansonsten gibt es bei Tablets drei Schwerpunkttrends: Android, Android, Android.

Während Windows 8 mit Kinect-Features für alle Windows 8-Systeme die Gestensteuerung feiert, legen Apple und andere mit ihrer Sprachsteuerung schon die (Sprach-)Teppiche für die nächste Mensch-Maschinen-Schnittstelle aus. Die legendäre Frage an Apple 4S, „Soll ich heute Abend einen Regenschirm mitnehmen?“ und die noch legendärere Antwort – „Für heute Abend ist kein Regen angesagt.“ – trifft auf Las Vegas im lauen Januar auf jeden Fall zu.

Zwei neue Besuchergruppen kann man hier auf der Consumer Electronics Show ausmachen. Unternehmer, die zwar eine Firma haben, aber noch lange kein Produkt, sollen nicht nur zeigen, dass das endlos gewundene Band der Innovation auch in einer Post-Microsoft-Ära fortbestehen wird. In einer waghalsigen Vorwegnahme der eigenen Zukunft, präsentieren sich hier rund einhundert Firmen, die erst in einigen Jahren auf der CES etwas zum Ausstellen haben werden.

Aber wahrscheinlich verfügen sie bereits über eine der wichtigsten Waffen, die es derzeit im Kampf der Innovatoren gibt: Patente. Dafür interessiert sich die zweite Gruppe der CES-Neulinge – die Patentanwälte. Denn inzwischen wird nicht nur nach Patentrechtsverletzungen, Fälschungen und Plagiaten gefahndet. Im Wettstreit um die Vormachtstellung im mobilen, ubiquitären Internet zählt der Patenteinkauf en gros. Google kaufte jüngst IBM einige Hundert Patente ab, will mit der Motorola-Übernahme das gesamte Patent-Portfolio an sich reißen und mausert sich allmählich zum Patent-Paten der ganzen  Branche.

Da rückt dann auch Deutschland (und die CeBIT) in den Fokus der CESaren. Denn hier wird 2012 nahezu wöchentlich über Patentstreitigkeiten – meistens zwischen Apple und Samsung – entschieden. Das interessiert auch hier. Doch wie auch immer das ausgeht, wie auch immer Microsoft seine Zukunft ohne CES, die CES seine Zukunft ohne Microsoft gestalten wird – ein Trend ist auch für 2013 sicher: Celine Dions Herz wird auch 2013 weiterhin im Cesar´s Pallace schlagen. Und wir Tech-Addicts werden dich schon nicht verlassen, liebe Celine, äh CES.

Same procedure as every year

Zeit ist kein Problem, solang sie in der Zukunft liegt. Nie wird einem dies deutlicher als in den ersten Tagen eines neuen Jahres, wenn  satte 52 Wochen zur Verfügung stehen. In der Regel führt dieser Überhang an Zeit zu einem Überschwang an Zielen. Verbunden mit Wünschen und Wunschvorstellungen vermischen sich diese Vorhaben und Vorgaben zu Vorhersagen. Wir wollen da nicht zurückstehen. Unsere sieben schönsten Prognosen für das Jahr 2012 – natürlich alles ein wenig nebulös und wolkig:

Alles aufs Tablett: Apple wird Galaxy-Tablets nicht dauerhaft aus den europäischen Läden verbannen können. Mit Samsung wird somit ein Anbieter mehr den Siegeszug der Wisch-und-Weg-Geräte vorantreiben. Wer keine App für das Tablet zur Verfügung stellt, ist weg vom Fenster.

Appvertising: Einen AppStore zu unterhalten, gehört längst zum guten Ton. Über den Appverkauf lassen sich die eigenen Ökosysteme bestens steuern und ausbauen – und die Käuferströme zu den Sweetspots der Markenanbieter lenken. Weil das wichtiger ist als der Verkauf der Apps selbst, wird die Kleinstsoftware zunehmend kostenfrei abgegeben. Dafür gibt es eine neue Werbeplattform: Advertising auf der App. Ach ja: Natürlich wird dabei HTML5 seinen Siegeszug starten.

Soziale Maschinen: Während Google+ zum Herausforderer für Facebook um die Lufthoheit bei den sozialen Netzwerken werden will, dringt das Prinzip der sozialen Vernetzung so allmählich in alle Anwendungsbereiche vor: Unternehmenslösungen mit Facebook-Komponenten sollen zusätzliche Kollaborationsmöglichkeiten eröffnen. Und wer sagt, dass nicht auch Endgeräte und Maschinen künftig Freunde und Like-It-Buttons brauchen?

Unsoziale Übernahmen: Weil aber alles mit jedem „sozial“ vernetzt werden kann, wird 2012 ein Übernahmefieber die Social-Media-Scene befallen. Von IBM bis Oracle, von SAP bis Microsoft werden sich die Kaufinteressenten bei den Also-Runners bedienen. Ohne Social Layer keine Global Player.

Große Datenwolke: Big Data wird zum entscheidenden Investitionshebel der nächsten Jahre. Nach Business-Intelligence-Tools werden jetzt auch In-Memory-Datenbanken die Phantasien beleben. Dabei werden zusätzliche Anreize durch die Möglichkeit gegeben, große Datenmengen in die Wolke zu verlegen und die Rechnerpower zur ihrer Verarbeitung aus der Wolke zu beziehen.

Megamultimediamix: Während aber heute BI-Funktionen noch im wesentlichen Analysen zu strukturierten Daten leisten, werden die rund 90 Prozent der Multimedia-Daten erst allmählich erkennungstechnisch behandelt. Welche Informationen in Video-, Audio- oder Bildinformationen stecken, was sich aus Datenschnipseln in sozialen Medien zusammenklauben lässt, das wird 2012 ein Topthema der globalen Anwender.

Ende eines Schismas: 2012 wird dabei fortsetzen, was 2011 schon überdeutlich zu erkennen war: Die klassische Trennung zwischen Business IT und Consumer IT wird weiter aufgelöst. Auf dem Weg zum Mittelstandsmarkt wollen die Cloud-Anbieter gleich bis zum One-Man-Shop durchrauschen – und das weltweit. Auf der Suche nach dem lukrativen Business Case für den Mittelstand gilt unverändert: Same procedure as every year.