Irgendwie fühlt es sich ja an wie „die Rückkehr der Internet-Blase“ – ein Action-Film von der Wall Street. Dabei schienen die Zeiten, in denen Unternehmenskäufer und –verkäufer jegliches Maß verloren hatten, vorbei, vergessen, verarbeitet. Jetzt, mit Blick auf einen Börsengang der Superlative, der mehrere Milliarden Dollar ins Financebook von Facebook spülen wird, gehen die Preise ins Absurde, Obszöne.
Es ist vielleicht noch nicht einmal der Kaufpreis für den Fotodienst Instagram selbst, der den Zynismus der Social Mediatoren offenbart – der freilich ist schon übersteigert genug, wenn man bedenkt, dass eine Handvoll Entwickler das gesamte Human Capital darstellt und 30 Millionen App-User praktisch keinen Umsatz generieren.
Denn erst allmählich werden die Umstände bekannt, unter denen der Deal über die Bühne ging. Innerhalb von zwei Tagen, so hat das Wall Street Journal herausgefunden, habe Mark Zuckerberg dem Instagram-Mitbegründer Kevin Systrom eine Milliarde Dollar abgeschwatzt. Denn Systrom, der Anfang April auf den Schwingen von einer Million neuer Android-Nutzer die Facebook-Welt gegen die Google-Globus auszuspielen begann, träumte offensichtlich eher von zwei Milliarden Dollar für sein App-enteuer.
Dann aber wurde gewürfelt: Wenn Facebooks Börsenwert 100 Milliarden Dollar betrage, dann sei Instagram eben ein Prozent davon wert. Warum nicht zwei Prozent, also 50 zu 1? Warum nicht 28 zu 1 – das wäre das Verhältnis der Userzahlen beider Internetdienste?
Und warum dann nicht auch eine Milliarde für den Coupon-Anbieter Tagtile? Der vor einem Jahr von ehemaligen Google-Anbietern gegründete Rabatt-Dienst wurde im Nachgang zum Instagram-Deal gleich mit vom Markt gefegt. Es besteht wohl wenig Aussicht, dass die Tagtile-Software bei Facebook zum Einsatz kommt. Wichtiger ist Mark Zuckerberg offensichtlich der Zugriff auf menschliches Knowhow. Auch die Übernahme des Geotagging-Spezialisten Gowalla Ende letzten Jahres zielte weniger auf die Apps und Applications, als vielmehr auf die Entwickler.
Damit leistet sich Mark Zuckerberg eines der teuersten Recruiting-Programme, das nur noch vom Formel-1-Zirkus und den Europäischen Fußball-Ligen übertroffen wird. Längst zählen im Silicon Valley nicht mehr die Jahresgehälter, sondern die Boni und Aktien-Optionen. Nicht der Dienstwagen ist das Statussymbol, sondern die gewährten unternehmerischen Freiräume. Längst gilt: Geist ist geil.
Der Wettlauf um das Human Capital ist der wahre Grund, warum sich der Arbeitsmarkt um Soziale Medien aufheizt. Wenn Mark Zuckerberg voraussichtlich am 17. Mai zum ersten Mal am NASDAQ die Facebook-Aktie notieren lässt, wird die Personalkasse bei Facebook um weitere fünf bis zehn Milliarden Dollar für Firmen- und Mitarbeiter-Übernahmen gefüllt sein.
Dann kennen wir auch den wahren Kaufpreis für Instagram. Während im Systrom-Deal 30 Prozent der Übernahme-Summe tatsächlich in bar gezahlt werden, sollen die verbleibenden 70 Prozent in Aktienpaketen zum Stückpreis von 30 Dollar vergütet werden. Damit hätte Zuckerberg seine Company auf 75 Milliarden Dollar Marktwert taxiert. Im außerbörslichen Handel werden für Facebook-Anteile aber derzeit eher 40 Dollar geboten. Das wäre dann ein sattes Plus für Instagram.
Die Blase beginnt sich zu überdehnen. Wer wird das erste Opfer? Die Aktionäre!