Kabinettstückchen

Nach dem Ja  der sozialdemokratischen Basis zum schwarzroten Koalitionsvertrag ging es richtig schnell – und alle Ämter wurden mit Köpfen ver-sehen. Ob es sich möglicherweise hier und da um ein Ver-sehen handelt, wollen wir frühestens nach 100 Tagen erstmalig beurteilen. Aber es stimmt doch nachdenklich, dass sämtliche Ressorts, in deren Zuständigkeit Aufgaben mit der Vorsilbe „Ver“ vorgesehen sind, für Überraschungen gesorgt haben.

Da ist zuallererst das Ver-teidigungsministerium, das mit Ursula von der Leyen nun zum ersten Mal von einer Frau ver-waltet wird. Das Lob der Kanzlerin, die Niedersächsin könne sich so ziemlich in jedes Thema hineinarbeiten, klingt allerdings durchaus ver-halten. Aber wenn man bedenkt, dass nunmehr schon ein halbes Dutzend männlicher Kollegen bei der Aufgabe ver-sagt haben, die Bundeswehr zu reformieren, sollte man es durchaus mal mit einer Frau ver-suchen.

Da ist zweitens das Ver-braucherministerium, das vom Landwirtschaftsministerium ins Justizministerium wechselt und nun in der Ver-antwortung des Saarländers Heiko Maas liegt. Das ist nun durchaus ein Signal, denn Ver-braucherschutz hört nicht bei Fleischgammlern und Weinpanschern auf, sondern ist – gerade im Zeitalter des eCommerce – eine heikle juristische Ver-anstaltung.

Und da ist drittens das Ver-kehrsministerium, das unter dem Seehofer-Ver-trauten Alexander Dobrindt nunmehr auch die digitale Infrastruktur  im Ressortzuschnitt ver-ordnet bekommen hat. Die Resonanz in der ver-netzten Welt war ver-halten. Zum einen scheint der Ver-bund von Ver-kehr und Ver-netzung falsche Signale zu ver-mitteln. Zum anderen hat der neue Amtsinhaber bislang nicht unbedingt auf sich ver-wiesen, wenn es um das Ver-ständnis für die Internetwirtschaft geht.

Schnell machte das ver-unglückte Wort von der Datenautobahn wieder die Runde. Und Witzchen wie die Sorge um eine Ausländermaut auf deutschen Internet-Trassen fanden am Sonntag schnelle Ver-breitung. Dabei ist es natürlich bedenklich, wenn das Internet auf den Ausbau von Trassen reduziert bliebe. Aber der Ausbau der Infrastruktur mit Asphalt und Glasfaser ist für den Logistikstandort Deutschland alles andere als ver-zichtbar.

(Und haben wir nicht selber vor wenigen Bonnblogs einen Infrastrukturminister gefordert? Bei Wünschen, heißt es, soll man vorsichtig sein. Sie könnten in Erfüllung gehen – nur anders als erhofft.)

Die juristische, die soziale und die wirtschaftliche Komponente des Internets ist im Justizministerium keinesfalls schlecht ver-ortet. Denn nun können Verbraucher- und Anbietersichten intellektuell ver-knüpft werden. Was wir hier brauchen, ist ein Ver-trauensministerium, das dabei hilft, die Ängste um das Aushorchen durch Dritte, um das Aus-Phishen von Zugangsdaten, um das Abzocken durch Nepper zu ver-ringern.

Dieses Kabinett, dem wir mit seiner Ver-eidigung am Dienstag bestes Gelingen wünschen und gute Ver-richtung in der Umsetzung der Ver-einbarungen im Koalitions-Ver-trag, weist so manches Kabinettstückchen auf. Dazu zählt sicher auch die Rückkehr von Jörg Asmussen von der EZB in die Bundespolitik – als ver-beamteter Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium.

Jetzt geht es nach der Ver-eidigung erstmal in die ver-diente (?) Weihnachtspause, ehe dann im Januar ver-stärkt und mit ver-einten Kräften regiert wird. Sozusagen mit Ver-ve!

Ein Gedanke zu „Kabinettstückchen“

  1. Jetzt fehlt uns nur noch das Ver-trauen in diese Regierung, die ja nun ver-dammt lange gebraucht hat, um sich zu finden. Die Ver-führung einen Posten zu ergattern war doch für viele sehr groß. Warten wir die ersten 100 Tage ab und sehen dann mal, was diese Regierung bis dahin ver-hackstückt hat.

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