Die Bevölkerung ist der Star!

Von Fachkräftemangel kann beim Fußballweltmeister nun wirklich nicht die Rede sein: Auch den Ausfall des wadengepeinigten Khedira kurz vor dem Finale konnte das deutsche Angriffsspiel wegstecken. Dabei ist die goldene Generation alles andere als Zufall, sondern das Ergebnis einer konsequenten Bildungsoffensive mit Fußballinternaten und Jugendarbeit. Und: die Fußballnation Deutschland hat sich schon früh für Zuwanderer stark gemacht – der Anteil an Spielern mit Migrationshintergrund ist beachtlich.

Die Nationalmannschaft hat vorgemacht, was Deutschlands Wirtschaft dringend nachholen sollte. Denn wenn auch die Wirtschaftsweisen des Baseler Prognos-Instituts weiter prosperierende Jahre für die deutsche Ökonomie vorhersagen und sogar so etwas wie die Goldenen Zwanziger ankündigen, spätestens ab 2030, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter wechseln, wird es dunkel in Deutschland.

Von einem sagenhaften durchschnittlichen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von mehr als 1,5 Prozent jährlich, die die Prognos-Prognostiker für Deutschland zwischen 2020 und 2030 vorhersehen, sinkt das jährliche Wachstum auf ein maues halbes Prozent. Der Export werde zurückgehen, der Industrieanteil sinken. Der Grund: Die Bevölkerung schrumpft – anders als beispielsweise in Frankreich und Großbritannien. Gleichzeitig steigt der Anteil an Rentnern um 50 Prozent. Arbeit wäre also 2030 noch da, aber es gäbe zu wenige, die sie erledigen könnten. Bliebe alles wie es ist, werden in 20 Jahren vier Millionen Menschen fehlen, deren Arbeitskraft die Wirtschaft dringend benötigen wird.

Wenn nicht jährlich 200.000 Menschen mehr nach Deutschland einreisen als das Land verlassen, wird der hiesigen Wirtschaft, die schon jetzt unter dem Mangel an Fachkräften ächzt, das Arbeitspotential ausgehen. Ausgleichen kann man dieses Defizit nur, indem mehr Menschen im arbeitsfähigen Alter auch tatsächlich arbeiten, indem die Ausbildung weiter optimiert wird und – vor allem – indem wir mehr gut ausgebildete Menschen aus dem Ausland fürs Arbeiten in Deutschland interessieren.

Das alles greift nur, wenn wir rechtzeitig damit beginnen.

Allein die Informationswirtschaft schafft derzeit Jahr für Jahr 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland. Hier wie auch in anderen Technologiebranchen – Chemie, Automobilbau, Maschinenbau – werden schon jetzt die vorhandenen Wachstumspotenziale vor allem wegen des Arbeitskräftemangels nicht voll ausgeschöpft. Es wäre aber fatal, wenn der Wachstumsmotor im Herzen Europas ins Stocken käme.

Wirtschaftszahlen aus mehr als 40 Ländern wurden für die komplexe Basler Prognose ausgewertet und mit einander verglichen. Daraus leitet Prognos einen leichten Absturz der Deutschen im internationalen Vergleich ab 2030 ab: Wenn sich Deutschlands Anteil an der Weltwirtschaftsleistung von heute gut sechs Prozent auf vier Prozent im Jahr 2040 verringert, rutscht Deutschland auch in der Rangliste der stärksten Industrienationen ab – hinter Indien, dem dann bevölkerungsreichsten Land der Erde.

Hier könnte sich der demografische Wandel doppelt negativ auswirken. Denn während die Industrieproduktion und damit der Außenhandel in den Dunklen Dreißigern zurückgehen, gewinnt der Konsum der privaten Haushalte an Bedeutung. Doch auch deren Beitrag wird wieder sinken, wenn die Bevölkerung schrumpft und altert.

Uns stehen Goldene Zeiten bevor, das ist die erste Message der Prognos-Prognose. Aber wenn wir sie nicht nutzen, werden die Jahre danach dunkel. Große Erfolge bahnen sich durch gezielte und breit angelegte Vorbereitung aus. Die deutsche Wirtschaft sollte sich die Nationalmannschaft zum Vorbild nehmen. Die Bevölkerung ist der Star!

 

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