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„Ich habe mehr als 30 Jahre darauf gewartet, das folgende sagen zu können: Dad, ich habe dir immer gesagt, dass ich zurückkommen werde, um meine Abschluss nachzuholen“, sagte Microsoft-Gründer Bill Gates zur Eröffnung seiner Rede bei der Abschlussfeier des 2007er-Jahrgangs in Harvard. Und mit der Rückschau nach drei äußerst erfolgreichen Jahrzehnten, mit einem milliardenschweren Vermögen und der Gewissheit, ein Lebenswerk sowohl in der Informationstechnik als auch im Gesundheitswesen geschaffen zu haben, das seinesgleichen sucht, kann man den tobenden Applaus für diesen Satz auch mit breitem Grinsen genießen…

Aber vorher, in den Gründerjahren war da dieser pickelige, bebrillte Nerd, der alles andere als sicher sein konnte, dass die Geschäftsidee, mit der er Harvard vorzeitig verlassen hatte, überhaupt bis zum ersten oder zweiten Geschäftsjahresabschluss halten würde. Zukunftsgewissheit steht ebenso an der Wiege eines jungen Unternehmens wie die Angst vorm Scheitern.

Oder die Angst, nach dem Scheitern stigmatisiert zu sein – als Loser, als einer, ders vergeigt hat. Rund zwei Drittel der deutschen Unternehmensgründer sehen (und fürchten) die kulturell bedingte negative Würdigung eines Fehlschlages, wie sie hierzulande üblich ist. Kein „der hats schon mal erlebt“, kein „aus Erfahrung wird man klug“. Die „Kultur der zweiten Chance“, die in den USA – zumindest im Wirtschaftsleben – fest verankert ist, fehlt in Deutschland.

Aber die deutschen Gründer sind deshalb keineswegs unerfahren, wie der zweite Deutsche Startup-Monitor in Erfahrung gebracht hat. Während das Durchschnittsalter deutscher Firmen-Starter bei 35 liegt und zugleich Mehrfachgründer mit 50 Prozent die größte Einzelgruppe bilden, zeigen die Startups selbst, dass ihre Frühphase immer professioneller gestaltet wird. Vom Business Case bis zum Recruiting neuer Mitarbeiter, von der Markteinführung bis zur Marktausweitung verlaufen die Geschäftsprozesse nach Best Practices, die in den vergangenen Jahrzehnten an Business Schools, durch Business Angels und durch Berufserfahrung etabliert wurden. Anteil daran hat auch der Bundesverband Deutsche Startups, der den Deutschen Startup Monitor letztes Jahr erstmals initiiert hat und jetzt sein zweijähriges Bestehen feiert.

Den Gründungserfolg nicht dem Zufall überlassen – das könnte als gemeinsame Überschrift über zahlreiche Initiativen rund um die deutsche – übrigens überwiegend (mit 31 Prozent) Berliner – Startup-Szene gelten. Denn eines ist klar: erfolgreiche Jungunternehmen stellen in ihrer Gesamtheit eine ebensolche Wirtschaftskraft dar, wie so manches etabliertes Industrieunternehmen. Und: sie sind mit rund 17 Mitarbeitern nach der Gründungsphase einer der wichtigsten Job-Motoren im Land. Konkret gerechnet: Wenn die rund 900 befragten Startup-Unternehmen im Durchschnitt im kommenden Jahr jeweils zehn weitere Arbeitsplätze schaffen wollen, dann ist das ein Potenzial vom 9000 Arbeitsplätzen.

Dazu – sagen die befragten Gründer – benötigen sie in Summe ein Wachstumskapital von rund 650 Millionen €uro. Das entspricht einem Investment von 72.000 €uro pro zusätzlichem Arbeitsplatz. Gar nicht mal so wenig, möchte man meinen. Gar nicht mal so viel, möchte man meinen, wenn man bedenkt, dass die Agentur für Arbeit im Rahmen ihrer laufenden Tätigkeit Beschäftigungsverhältnisse in Höhe von bis zu 75 Prozent unterstützt.

Aber den Gründern geht es um Kapital, nicht um Beihilfe. Sie wollen ihr Wachstum finanzieren, nicht ihre Kosten verteilen. Dafür wollen sie ihren Erfolg teilen. Die typische Neugründung erfolgt nicht im Elfenbeinturm, sondern in einer teamorientierten, kommunikativen Umgebung. Und bis zu 13 Prozent der Unternehmensanteile sind heutige Starter bereit, mit ihren Mitarbeitern erfolgsorientiert zu teilen. Deshalb ist es auch interessant, dass sich viele Neugründungen nicht um ichbezogene Innovationen, sondern um teamorientierte Geschäftsmodelle ranken. Die wahre Innovation der Startups liegt nicht unbedingt in der Technologie – hier dominieren IT-Klassiker wie Cloud, eCommerce oder mobile Apps -, sondern in der Geschäftsidee, die bewährtes weiterentwickelt, alte Prozesse mit neuen Methoden aufpoliert. Dass dabei Infrastrukturen wie Cloud oder Mobile Computing und Soziale Medien ins Zentrum der Geschäftsidee gestellt werden, kann nicht überraschen. Wer beispielsweise wie Graphmaster nicht einfach nur ein neues Navigationssystem entwickeln will, sondern alte und neue Infrastrukturen miteinander verknüpft, indem er Straßenkarten mit den Routenplänen anderer Autofahrer vernetzt, der schafft nicht unbedingt neue Technologien, aber neue Geschäftsideen durch die Verknüpfung etablierter Mechanismen.

Davon lebt Deutschland. Startup starten sich nicht nur selbst, sie pushen auch den Standort Deutschland. „If you start me up“, sangen die Rolling Stones (übrigens auch zum Launch des legendären Microsoft Windows 95), „If you start me up I´ll never stop.“ Dass es so kommen möge, gehört zum Gründungsmythos des Bundesverbands Deutsche Startups, dem ich herzlich zum zweiten Geburtstag gratuliere.

 

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