You Better Never Walk Alone

Es sind die Stars, zu denen wir aufschauen – das gilt für die Kunst, Sport und fürs Business. Aber dass es neben den Sternen jede Menge „dunkler Materie“ gibt, wird bei der Romantisierung des Erfolgs und der Erfolgreichen allzu gern übersehen. Dabei scheitern drei von vier Firmengründungen, wie jetzt eine aktuelle Analyse von mit Risikokapital gestützten Startups in den Vereinigten Staaten ergab. Und: Der Firmengründer ist selbst sein eigener Sklave, dessen Job ebenso in Gefahr ist wie sein Kapital, seine Gesundheit und seine sozialen Kontakte.

Besser nicht alleine marschieren, sollte deshalb die Devise lauten, die auch das Manager Magazin in einem etwas lapidaren Kurzbericht zur Analyse empfiehlt. Am besten ist die Firmengründung zusammen mit einem Freund. Doch viele Firmengründer sehen im Alleingang auch den Weg zur Selbstverwirklichung, in der Teilen nur eine nachrangige Rolle spielt. Dann schon eher das Mitteilen: Der Firmengründer, so besagt eine ebenfalls neu herausgegebene medizinische Studie der Johns Hopkins Universität, neigt zum Laberflash, zur Logorrhoe. Er ist nicht direkt manisch – aber fast.

Und er bekommt im Durchschnitt weniger in die eigene Tasche als sein festangestellter Kollege. Nach zehn Jahren beträgt das Delta zwischen durchschnittlichem Firmengründer und durchschnittlichem Angestellten immerhin 35 Prozent. Dafür arbeitet er mehr, hat mehr Sorgen und gefährdet sein Sozialleben. Ein Eremit in der Chefetage.

Dennoch gibt es allein in Deutschland mehr als 3,3 Millionen Unternehmen, die meisten davon mittelständisch strukturiert und in der Hand des Gründers oder der Gründerfamilie. Es muss was dran sein am Unternehmertum – und dass es nicht unbedingt die Aussicht auf das schnelle und ganz große Geld sein kann, belegen die jüngsten Gründeranalysen.

Nach langem Anlauf in den neunziger Jahren und einigen Schockerlebnissen in der Dot.Com-Blase, die im Wesentlichen durch ihre fehlgeschlagenen Firmengründungen und der damit verbundenen Geldvernichtung in Erinnerung bleiben, entwickelt sich dennoch so etwas wie eine Startup-Szene in Deutschland. Die Entwicklung einen Boom zu nennen, wäre noch verfrüht, aber tatsächlich entwickeln sich in Berlin, Hamburg, München und Rhein-Ruhr Gründerszenen, die nicht allein vom Internet-basierten Geschäftsmodell leben. Doch es gilt auch viel aufzuholen: 2012 hatte Deutschland einen absoluten Tiefpunkt in den Gründerzahlen erreicht. Lediglich 134.000 Personen fanden sich bereit, ein Unternehmen zu gründen. Schwache Konjunkturaussichten (die sich aber dann doch als stärker als erwartet erwiesen) und weiter sinkende Arbeitslosenzahlen bildeten nicht gerade den optimalen Nährboden für Firmengründungen.

Doch neben der Zahl der erfolgten Firmengründungen ist vor allem die Zahl der erfolgreichen Firmengründungen entscheidend für einen Wirtschaftsstandort. Und da stimmen drei Viertel Fehlschläge – wie jetzt in den USA ermittelt – alles andere als optimistisch. Um zumindest Anfangsfehler, wenn nicht gar Anfängerfehler zu vermeiden, haben sich inzwischen Initiativen wie der Bundesverband Deutsche Startups gebildet. Berater und Investoren befassen sich in langfristig angelegten Engagements damit, den Neugründungen über die ersten fünf Jahre zu helfen. Und auch die Politik hat das Thema nach dem Tiefpunkt der Firmengründungen vor zwei Jahren auf die Agenda genommen.

Am Ende sind es nicht die Indoor-Fahrräder, Veggie-Bars oder After-Work-Parties, die als Vorurteil die Startup-Szene beherrschen, sondern Bilanzen, Beziehungen und Business-Modelle, die über den langfristigen Erfolg entscheiden. Dass „Fancy Offices“ unter Startups im Silicon Valley jedoch nicht nur ein Vorurteil darstellen, sondern auch einem Fehlurteil der Gründer über ihre durchaus gefährdete Situation darstellen, machte jetzt Marc Andreessen deutlich, der als Firmengründer und Venture Capitalist durchaus einen Namen hat. Inzwischen geht das Wort von der „Burn Rate“ um, mit der das Tempo gemessen wird, in der bei Startups das aufgenommene Kapital verbrannt wird. Hier würden, warnt Andreessen, Erwartungen geschürt, die sich gegen das Unternehmen wenden werden, wenn die Marktsituation sich ändert und plötzlich kein Geld mehr für Extras zur Verfügung steht.

Deshalb sollten Startups vor allem in Beratung investieren, wie sie Business Angels, Investoren und Organisationen wie der Bundesverband Deutsche Startups bieten. Wie heißt es schon in jenem Gänsehaut-Song, mit dem die Heimspiele des FC Liverpool eröffnet werden: „Auch wenn deine Träume getreten und gestoßen werden, geh weiter mit Hoffnung im Herzen, dann wirst du niemals alleine gehen.“ – You´ll never walk alone.

 

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