IBM – It´s Business, Man!

Wer vor zwei Jahrzehnten rund 2000 Dollar in Apple-Aktien investierte, kann sich heute über ein kleines Vermögen von rund 650.000 Dollar freuen. Und das, obwohl die Apple-Aktie mehrere scharfe Abgänge erlebte und die Aktionäre vier Aktiensplits erdulden mussten. Ein großes Vermögen hat dagegen Apple selbst eingeheimst: 18 Milliarden Dollar Gewinn im gerade zurückliegenden Quartal! Das ist nicht nur mehr als jemals ein Weltkonzern in nur drei Monaten für sich verbuchen konnte. Es ist auch mehr als IBM im gesamten Geschäftsjahr an Gewinn ausweisen wird.

Und das alles mit diesen kleinen Dingern – iPhone, iPad und iPod -, von denen vor fünf Jahren noch kaum jemand so richtig wusste, wofür man die überhaupt einsetzen sollte. Mit der anderen Seite des IT-Geschäfts – den Mainframes, der Cloud und der dazwischen liegenden Software-Architektur – macht man nicht mehr den großen Schnitt. Auch das zeigen die Geschäftszahlen der IBM.

Oder sind gar nicht die Produkte, sondern die Mitarbeiter das Problem?

IBM ist seit mehreren Quartalen dabei, die eigene Mitarbeiterstruktur neu zu gestalten. Doch jetzt hat das Analysten-Phantom Robert Cringely eine Zahl in die Debatte geworfen, die man – vorerst – besser noch als Gerücht weiter verbreiten sollte: 110.000 Mitarbeiter oder 26 Prozent der Gesamtbeschäftigten sollen gehen.

IBM dementiert – oder auch nicht. „IBM kommentiert keine Gerüchte…“, heißt es lakonisch aus Armonk. „…selbst wenn sie lächerlich und ohne Grundlage sind.“ Dann geht es weiter: „Wer unsere Informationen aus den veröffentlichten Bilanzen gecheckt hätte oder uns einfach nur gefragt hätte, wüsste bereits, dass das Unternehmen 600 Millionen Dollar Kosten … eingeplant hat.“ Wofür? Fürs „Workforce Rebalancing“ – das Wort muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, ehe man sich den Kopf beim Übersetzen zerbricht. Wir versuchen es mal mit „Neuausrichtung der Belegschaft.“

Nun sind ja Kündigungen ein kreativer Hort für Euphemismen und der Interpretationsspielraum ist groß. Schauen wir deshalb einfach auf die Zahlen: Nach Einschätzung von Wallstreet-Analysten hat IBM in den vergangenen Jahren jeweils rund 8000 Mitarbeiter weniger beschäftigt als im Jahr davor. Das waren nicht zwangsläufig Entlassungen. Es reicht, ausgeschiedene Mitarbeiter nicht zu ersetzen und vorzeitige Ruhestände durch einen goldenen Handschlag zu ermuntern. Dafür wurden in den letzten sieben Jahren jährliche Restrukturierungskosten zwischen 450 Millionen Dollar und 1,5 Milliarden Dollar in die Bücher gestellt.

Zwar hat IBMs Finanzvorstand Martin Schroeter bei der letzten Bilanzpressekonferenz dargestellt, dass man sich von „einem geringeren Umfang“ an Mitarbeiter trennen werde – und warum sollte man ihm nicht glauben. Aber die Gerüchte halten sich nun schon eine ganze Weile, dass Big Blue vor der größten Entlassungswelle ihrer Geschichte steht. Und offensichtlich melden sich im Internet mehr und mehr Mitarbeiter zu Wort, die in den letzten Tagen den Laufpass erhalten haben – zum Teil nach schlechter Arbeitsbewertung, zum Teil auch ohne.

Oder sind vielleicht doch nicht die Mitarbeiter, sondern vielmehr doch die Produkte das Problem?

IBM betont seit Jahren, dass weder Google, noch Amazon noch andere die größten Cloud-Provider im Web sind, und reklamiert diesen Titel für sich. Das mag schon sein – aber das Geschäft ist unter Druck und wirft offensichtlich nicht den Gewinn ab, den das Unternehmen zum Erreichen der eigenen Performance-Zahlen benötigt. Vor knapp zehn Jahren schrieb ich dem damaligen CEO nach Armonk angesichts der – aus damaliger wie heutiger Sicht – etwas vollmundigen SAP-Ankündigung, innerhalb kürzester Zeit 100.000 Kunden in der Cloud zu haben: „100.000 Unternehmen, die sich von IBM abwenden und sich einer Cloud zuwenden, in der es egal ist, welcher Hersteller die Rechnerleistung erbringt, können IBM nicht egal sein.“ Damals war es aber offensichtlich egal. Sollte sich IBM jetzt in der kolportierten Zahl von Mitarbeitern trennen – hat das Unternehmen sicher auf lange Sicht geringere Kosten. Aber hat es dann auch die adäquaten Produkte. It´s Business, Man, IBM.

 

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