Happy Valuta Day

 

Im Jahr 1966 dachten die Floristen noch nicht an die lieben Liebenden, die heute den Valentinstag zu einem ihrer verkaufsstärksten Geschäftstage machen. Am Valentinstag dachte man mehr darüber nach, wie das allmählich abklingende Wirtschaftswunder neu entfacht werden kann. Oder wie man in einer Zeit steigender Löhne die Arbeit effizienter gestalten kann. Die Aussichten, die sich mit diesen Überlegungen verbanden, waren schon mal eine Millioneninvestition (in D-Mark) für eines der rarsten Produkte auf dem Weltmarkt wert: ein IBM /370 Großrechner.

In den Räumen des Christlichen Vereins Junger Männer (CVJM) am Nürnberger Kornmarkt wurde jedenfalls am 14. Februar 1966 der Grundsatzbeschluss über eine solche Rieseninvestition getätigt. Die gut 100 dort versammelten Steuerberater, die bei minus 15 Grad den Weg an den Versammlungsort gefunden hatten, jedenfalls lauschten einer sensationellen Idee ihres Präsidenten, Heinz Sebiger, der nichts weniger vorschlug, als dass jetzt alle einmal Geld zusammenwerfen, um sich so einen Rechenkoloss samt dem kompletten Rechenzentrum-Drumherum anzuschaffen. Als erster /370 Kunde der IBM in Deutschland. Wie gesagt: eine Millioneninvestition!

Und warum? Weil die Zeit reif war für ein genossenschaftlich geführtes Rechenzentrum, in dem alle Steuerberater auf der Basis (freilich noch nicht existierender) Anwendungssoftware die buchhalterischen und steuerberatenden Aufgaben ihres Berufsstands abwickeln sollten. Was in Nürnberg funktionierte, machte bald in halb Deutschland Furore. Heute operiert die Datev sogar im Ausland.

Man könnte die Datev als Erfinderin des Cloud Computings feiern, wenn Service-Rechenzentren vor 50 Jahren nicht ohnehin die einzige Möglichkeit für Mittelständler gewesen wäre, an Rechenpower zu gelangen. Gemietet für Stunden oder für die Anzahl der Transaktionen. Und das klingt in der Tat wie Software as a Service oder Infrastructure as as Service – die heute zukunftsweisenden Geschäftsmodelle in der Informationswirtschaft.

Aber es gibt eine Reihe von Innovationen zwischen dem ersten Service-Rechenzentrum für die steuerberatenden Berufe und den heutigen Cloud-basierten Dienstleistungen, die rund 7000 Mitarbeiter den rund 40.000 Mitgliedern und Hunderttausenden mittelständischen Kunden anbieten. Und sie alle hat die Datev mit geprägt: mittlere Datentechnik, Netzwerke, Personal Computer und jetzt mobiles Internet. Die Datev ist neben SAP das größte Softwarehaus mit internationalem Ruf und ein Innovationstreiber par excellence.

Durch all die Zeitläufte (Einführung der Mehrwertsteuer, Ölschock, Wiedervereinigung, Globalisierung, Finanzkrise, Eurokrise) hat sich die Datev als ein mit fränkischer Gelassenheit ausgestatteter Ruhepol erwiesen, der trotzdem ein ewiger technologischer Unruheherd war. Dabei hat die Genossenschaft ihr Beharrungsvermögen auch dadurch bewiesen, dass die Datev in 50 Jahren nur zwei Vorstandsvorsitzende verschlissen hat: den Gründungschef Heinz Sebiger, der bis 1996 das Steuer der Steuerberater hielt, und Dieter Kempf, der unermüdliche Modernisierer, der nun nach zwanzig Jahren aus Altersgründen ausscheidet.

Auf 47 Petabyte werden heute in den (Cloud-)Rechenzentren der Datev die Buchungsbelege und Konten der mittelständischen Unternehmen geführt. Elf Millionen Lohn- und Gehaltsabrechnungen werden pro Monat absolviert. Da bewährt sich das alte Rechenmodell: jede Buchung verursachte 1966 drei Zeilen Buchungsausdruck. Und für jede Zeile nahm die Datev ganze 60 Pfennige. Da kommt schon mal ein Millionenbetrag für eine IBM /370 zusammen.

Aber dass Steuerberater rechnen können und das Geld lieben, ist ihnen mit dem Gründungsdatum in die Wiege gelegt. Der Schutzheilige Valentin führt seinen Namen auf das lateinische valere zurück, das man mit „stark sein“, „Einfluss haben“ und natürlich „gesund sein“ übersetzen kann. Und im italienisch wird die Valuta, die Währung darauf zurückgeführt, die ja in Deutschland ebenso stark sein mag wie die Datev selbst.

Insofern: Happy Valuta Day, liebe Datev, und ganz besonders Dieter Kempf und Heinz Sebiger.

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