Ganz schön dreist

Diese Mail habe ich noch schnell aus dem Spam-Ordner gefischt, ehe sie im elektronischen Reißwolf landete. „Betreff: Sichern Sie Ihre Daten besser als die Bundesregierung“. Neben dem Bild einer jubelnden Bundeskanzlerin war die Meldung „Hacker-Angriff auf den Bundestag“ und darunter das Versprechen „Mit NovaStor passiert Ihnen das nicht“. Passend dazu gibt es eine Broschüre mit dem urteilenden Titel „Kein Vorbild: Bundesregierung“.

Mal abgesehen davon, dass hier Bundestag und Bundesregierung in einen Topf gestopft werden, ist die Werbung ganz schön dreist. So ungeschützt, dass schon die Installation eines Standardpakets gleich den ganzen Server-Park des Gesetzgebers vor einem Cyberkrieg bewahren könnte, waren die 20.000 Server ja nun doch nicht. Wenn, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière vermutet, ausländische Geheimdienste am Werk waren, darf man getrost von Meistern ihres Fachs ausgehen.

Es hat ohnehin den Charakter einer asymmetrischen Kriegsführung, wenn im Cyberspace Attacken geritten werden. Die Web-Guerilla zielt nämlich in der Regel auf das schwächste Glied in der Verteidigung – und das ist der Mensch als fahrlässiger User.

Daran wird auch das IT-Sicherheitsgesetz nichts ändern, das letzten Freitag verabschiedet wurde. Danach werden Unternehmen mit „kritischer Infrastruktur“ – also etwa Energieversorger oder Telekommunikationsanbieter – auf ein Mindestniveau an IT-Sicherheit verpflichtet. Darüber hinaus sollen dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Vorfälle wie Cyberattacken unverzüglich gemeldet werden. Davon dürften künftig rund 2000 Unternehmen, aber auch Behörden betroffen sein. Das ist eine der Konsequenzen aus dem Angriff auf den Bundestag. Hier soll das BSI nun auch das Mindestniveau für die Infrastrukturen festlegen.

Bereits vor zwei Jahren hatte der BITKOM gemeinsam mit dem BDI und anderen Verbänden eine Studie zum Umgang mit der Meldepflicht und den Mindeststandardvorgaben bei der KPMG in Auftrag gegeben. Immerhin wird Jahr für Jahr jedem zehnten Deutschen durch Angriffe aus dem Web Schaden zugefügt. Während einerseits praktisch alle am Wirtschaftsleben Beteiligten inzwischen über einen Internetzugang verfügen, sind nach Schätzungen bei einem Drittel der Unternehmen keine größeren Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Das Risiko ausgespäht zu werden, ist also erheblich. Ganz ausgeschlossen werden kann diese Gefahr jedoch nie.

Inzwischen scheint festzustehen, dass die seit vier Wochen laufenden Attacken auf die IT-Systeme des Bundestags über E-Mails auf mindestens zwei Rechnern ausgelöst wurden, mit denen Trojaner und weitere Schadsoftware eingeschleust wurden. Damit offenbart sich eine der gefährlichsten Sicherheitslücken überhaupt – neben USB-Ports. Denn Naivität und Neugier sind noch immer die besten Helfer der Net-Angreifer.

Deshalb ist Wachsamkeit das probate Mittel. Es wäre tatsächlich falsch, sich einzig und allein auf die Installation von Schutzmaßnahmen wie Firewalls und Backup-Lösungen zu verlassen. Sie sind notwendig aber nicht hinreichend. Entscheidend sind ebenso Aufklärung und Disziplin der Anwender, die den Hackern mitunter wenn auch nicht willentlich Tür und Tor öffnen. Angriffsziele sind nicht nur Datenbanken, Patente und Geheimberichte. Mehr und mehr werden die im Internet der Dinge aktiven Maschinen Gegenstand der Angriffe sein. Das kann nicht nur die Produktion gefährden, sondern auch die Verbraucher, die mit gefälschten oder verfälschten Produkten konfrontiert werden.

Es ist anzunehmen, dass sich die Einstufung als „kritische Infrastruktur“ schnell auch auf andere Unternehmen und Organisationen anwenden lassen wird – Arzneimittelhersteller und Nahrungsmittelproduzenten, Chemieunternehmen oder Medizintechniker beispielsweise könnten früher oder später in diesen Kreis aufgenommen werden. Dann wird mehr gefordert sein, als ein Security-Bundle aus dem Softwareladen. Das zu behaupten ist – wie gesagt – ganz schön dreist.

Ein Ausstand alter Männer

Nicht immer verläuft ein Generationenwechsel im Unternehmen so polternd und unterhaltend wie zuletzt im Volkswagenkonzern. In den vergangenen Tagen haben sich dort Familienangehörige, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, Landespolitiker und Ex-Bundeskanzler zu Wort gemeldet, um sich zur Frage einer Nachfolgeregelung wechselweise im Aufsichtsrat und/oder Vorstand zu äußern. Ohne der letzten Drehung des Wolfsburger Personalkarussells vorgreifen zu wollen, kann aber getrost prognostiziert werden, dass sowohl an der Spitze des Aufsichtsrats als auch des Vorstands in absehbarer Zeit Jüngere stehen werden.

Die Unternehmensnachfolge zu organisieren, ist beileibe keine einfache Aufgabe. Aber im deutschen Mittelstand findet sie tagtäglich statt. Das ist aber offensichtlich nicht häufig genug, wie jetzt eine Studie die KfW zur Altersstruktur im deutschen Mittelstand zeigt. Danach sind inzwischen 36 Prozent der Firmenchefs älter als 55 Jahre. Sie sind damit nahezu ein Spiegelbild der Altersstruktur der Deutschen überhaupt, wo 38 Prozent der hiesigen Bevölkerung  über 55 Jahre alt sind. Da man annehmen kann, dass Unternehmer dazu tendieren, länger im Amt zu bleiben als Arbeitnehmer, wird sich dieses Verhältnis sogar noch umkehren. Mit andern Worten: der deutsche Mittelstand vergreist!

Eine Weiterführung der Firma durch die eigene Familie gilt nach wie vor als Königsweg im Mittelstand, der aber zunehmend hinter der pragmatischen Lösung, einen externen Geschäftsführer einzubinden, zurücktritt. Die Entscheidung einer Unternehmensnachfolge wird in den kommenden 36 Monaten rund 580.000 Mal in Deutschland zu treffen sein. Jede für sich wird wahrscheinlich vergleichsweise still ablaufen, alles in allem aber bedeutet der anstehende Generationswechsel eine aufkommende volkswirtschaftliche Gewitterfront.

Denn zusammengenommen, so errechnete die KfW, sind von der Frage, ob ein Unternehmen erfolgreich weitergeführt werden kann, rund vier Millionen Arbeitsplätze betroffen – achtmal so viel wie bei VW. Ebenso schwerwiegend ist die Erkenntnis, dass alternde Unternehmer – vor allem, wenn sie selbst die zukünftige Weiterführung ihres Unternehmens als ungesichert betrachten – nicht mehr zu Investitionen und schon gar nicht zu Innovationen neigen. Die KfW belegt dies mit Zahlen: Während mehr als die Hälfte der Unter-40jährigen eine Bereitschaft signalisiert, Geld in die Hand zu nehmen, um das Unternehmen voranzubringen, sehen nur noch 37 Prozent der Über-60jährigen diesen Impuls. Fokussiert auf Erweiterungsinvestitionen sinkt die Zahl bei den 60+-Unternehmern sogar auf 28.

Schlimmer noch sieht die Lage bei den Innovationen aus, wo ebenfalls nur noch 38 Prozent der 60+-Generation angeben, dass sie bereit sind, in strukturelle Veränderungen in ihrem Unternehmen zu investieren. Dabei ist die Bereitschaft zur Optimierung bestehender Prozesse sogar noch stärker bedroht: Von zuletzt 23 Prozent geht die Zahl der Innovationsbereiten auf 15 zurück.

Diese Zahl ist angesichts einer Phase, in der der Wirtschaftsstandort Deutschland auf die Runderneuerung durch die Volldigitalisierung der Fertigungswelten schaut, umso bedrohlicher. Es ist folglich kein Wunder, dass die Hoffnung auf den Schultern der Unternehmensgründer ruht. Doch deren Zahl befindet sich in einem Langzeittief, über das auch der zuletzt erreichte kleine Anstieg nicht hinwegtäuschen kann. In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Existenzgründer nahezu halbiert – von knapp 1,5 Millionen Neuunternehmern im Jahr 2003 auf 868.000 im Jahr 2013.

Doch es zeichnet sich ein Silberstreifen am Horizont ab. Immerhin 42 Prozent der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren können sich vorstellen, ein Unternehmen zu gründen. 39 Prozent sind zudem bereit, durch finanzielle Beteiligung bestehende Unternehmen zu übernehmen und in die Zukunft zu führen. Allerdings hinterfragt die Studie an dieser Stelle nicht, ob es sich bei dieser Vorstellung um Schwärmerei oder unternehmerisches Kalkül handelt.

Entscheidend aber dürfte es in der Zukunft sein, wie viele dieser potenziellen Gründer auch tatsächlich in die Unternehmensführung wechseln. Das ist nicht allein eine Frage des Charakters, sondern auch des Kapitals. Es wird sich zeigen, wie sich Unternehmerfamilien künftig mit der Frage auseinandersetzen, wer um welchen Preis das Unternehmen fortführen soll. Der „Ausstand alter Männer“ könnte auch zum „Aufbruch junger Menschen“ in Richtung Industrie 4.0 werden.

Wir haben es in der Hand, diesen Prozess so zu begleiten, dass in Deutschland ein Generationswechsel mit einem Technologiewechsel zusammengeht.

Moore und die Globalisierung

Jedes Kind kennt Einsteins berühmte Formel (E=mc2), aber die Zahl derer, die erklären könnten, was diese Buchstabenkombination tatsächlich bedeutet, ist verschwindend gering (zur persönlichen Weiterbildung hier klicken). Ebenso gering dürfte umgekehrt die Zahl derer sein, die mit der Formel „K(t) = K0 * 2t/T2“ etwas anfangen können. Dafür aber weiß jedes Kind seine Folgen einzuschätzen: die Rechnerleistung verdoppelt sich in etwa alle 18 Monate.

Und in einer ersten Konsequenz bedeutet das: Computer können altern oder zumindest veralten und haben deshalb einen kürzeren Erneuerungszyklus als beispielsweise Autos. Jedes Kind macht irgendwann die Erfahrung, dass es mit einem 18 Monate alten Smartphone in der Schule nicht mehr reüssieren kann!

Einsteins Formel beschreibt ein Naturgesetz. Der Zeitraum, in dem sich die Anzahl der Transistoren auf einem Chip regelmäßig verdoppelt, den Gordon Moore vor einem halben Jahrhundert abschätzte, war und ist nur eine Prophezeiung. Allerdings eine, die sich trotz aller Unkenrufe kontinuierlich bewahrheitet.

Das dürfte auch daran liegen, dass Intel – der Chip-Produzent, den Gordon Moore zusammen mit Robert Noyce 1968 gründete – sich das Mooresche Gesetz als selbsterfüllende Prophezeiung konsequent zur Richtschnur der eigenen Produktplanung gesetzt hat und damit nicht nur sich selbst, sondern auch die Lieferanten unter enormen Entwicklungsdruck stellt. Davon hat bekanntlich nicht nur Intel profitiert, sondern eine ganze IT-Industrie – und wenn man so will die gesamte Weltwirtschaft.

Denn so wie Einsteins relativistische Theorie über den Zusammenhang von Energie und Masse die Welt im Innersten zusammenhält, befeuert Moores Gesetz vom ewigen Schrumpfen das globale Wachstum. Ja, es ist überhaupt erst die Geheimformel, die die Globalisierung vorantreibt. Denn ohne die Fähigkeit, unsere Geschäftsabläufe rund um die Erde und rund um die Uhr zu synchronisieren, gibt es keine effizienten globalen Prozesse. Das gilt für den weltweiten Maisanbau ebenso wie für die Digitalisierung der Produktion im Sinne von „Industrie 4.0“.

Der Umkehrschluss wäre wohl nicht übertrieben, wenn man folgert, dass ein Ausbleiben des 18monatigen Verdopplungsprozesses in der Chiptechnologie dazu führen würde, das globale Wachstum einzubremsen, zum Erstarren und zum Erliegen kommen zu lassen. Denn wir streben kontinuierlich nach mehr Effizienz auf der Basis von mehr Erkenntnis. Mehr Daten verlangen mehr Verarbeitung. Mehr Informationen verlangen mehr Kommunikation.

Gut, dass mit der Verdopplung in der Leistung auch ein Verfall bei den Kosten einhergeht. Der Supercomputer Cray-1 aus dem Jahr 1975 leistete (damals) schwindelerregende 80 Millionen Gleitkommaoperationen pro Sekunde (Megaflops). Die Grafikeinheit in einem schon gar nicht mehr top-aktuellen iPhone 5S leistet fast 1000mal so viel. Als Deep Blue 1997 Gary Kasparow im Schachturnier schlug, konnte er mit 11,4 Gigaflops rund 200 Spielzüge pro Sekunde analysieren. Der Tablet-Chip Tegra K1 in Googles Nexus 9 schafft es auf fast 400 Gigaflops. Und was machen wir damit? Daddeln, Texten, Quatschen.

Andererseits allokieren die großen Cloud-Anbieter immer mehr Rechenpower in ihren Data Centern rund um die Erde. Sie werden – ob durch Cloud oder Mobile, ob durch Big Data oder Social Media befeuert – das neue Rückgrat der Globalisierung. Wir sollten vielleicht die Betrachtungsweise ändern und künftig nicht mehr die Anzahl der Komponenten auf einem Chip zählen, sondern die schiere Rechenleistung, die sich mit immer gigantischeren Rechenzentren zusammenballt.

Als die Cray-1 den legendären Computerfilm Tron animierte, lag diese Rechenleistung in der Hand von wenigen, die sich eine solche Millionen-Investition leisten konnten. Die Rechenleistung der Cloud steht jedem, der sie mieten und nutzen will, zur Verfügung.

Dabei wird die Effizienz durch ein zweites, deutlich unbekannteres Gesetz weiter gesteigert: Das Metcalfesche Gesetz, das in diesem Jahr immerhin 35 Jahre alt wird. Robert Metcalfe, der Erfinder des Ethernets und Gründer des Netzwerkspezialisten 3Com, hat 1980 postuliert, dass der Nutzen eines Kommunikationssystems mit der Anzahl der möglichen Verbindungen der Teilnehmer wächst, während die Kosten nur proportional zur Anzahl der Teilnehmer steigen. Also: je mehr im globalen Kommunikationsverkehr teilnehmen, desto ertragreicher ist das für alle. In einer Digitalen Wirtschaft dürfte dieses Gesetz Moores Gesetz längst den Rang abgelaufen haben.

Nur, wo bleibt da der Mensch? Nach Schätzungen ist im Hirn Platz für 2,5 Petabyte. IDC aber schätzt, dass sich die Daten im Internet alle zwei Jahre verdoppeln und im Jahr 2020 40 Zettabyte (eine 4 mit 22 Nullen) an Daten im Web gespeichert sein werden. Unsere Fähigkeit, neue Informationen aufzunehmen, steigt aber nicht annähernd so schnell. Wir werden immer mehr Systeme brauchen, die Daten zu Informationen verdichten und Informationen auswählen. Irgendwann werden wir mit Didi dem Doppelgänger sagen müssen: „Ich brauche weniger Details.“

 

Industrie 4.3

Bereits zum dritten Mal steht die Hannover Messe ganz im Zeichen der Digitalisierung und der vernetzten Fertigung, mit der die vierte industrielle Revolution losgetreten werden soll. Mal abgesehen davon, dass das Schlagwort von der „Industrie 4.0“ auch bei der dritten Aufführung nicht griffiger, nicht mitreißender wird und inzwischen ähnlich abgenutzt klingt wie der Begriff vom „Internet der Dinge“: es braucht halt mal wieder so lange, bis aus einer Vision eine Mission wird und sich daraus eine Aktion ergibt.

Aber so ist das nun mal mit den Elefantenschwangerschaften. Und dass Industrie 4.0 ein ganz dickes Ding ist, das bestätigen unisono Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissar Günther Oettinger und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der dem Handelsblatt  nicht nur vorrechnete, dass „Hunderttausende neue Arbeitsplätze“ entstehen können, sondern auch postulierte: „Ein Plus von mehr als 250 Milliarden Euro an Wertschöpfung ist in den nächsten zehn Jahren möglich.“

Was sind da schon drei Jahre fürs Anlauf-Nehmen? Dass auch gesprungen wird, glauben drei Viertel der vom VDE befragten Mitgliedsunternehmen aus der Elektronik, Elektrotechnik und Informationstechnik: Die intelligente Fabrik seit spätestens 2025 Realität. Immerhin befänden sich bereits 70 Prozent der Befragten in einer Analysephase, während schon jeder dritte ein konkretes Projekt in Angriff genommen hat. Ähnlich positiv sieht der Hightech-Verband Bitkom die Lage. Von 100 befragten Unternehmen hat in dessen Studie jedes vierte ein konkretes Projekt am Laufen.

Das Problem ist nur: beide Studien befragen Unternehmen mit höchster Affinität zur Digitalisierung. Sie könnten sozusagen die Speerspitze der Industrie-4.0-Bewegung bilden. Ob aber tatsächlich nach zehn Jahren auch schon die breite Masse an mittelständischen Fertigungsunternehmen nach „Digitalien“ aufgebrochen sein wird, darf dennoch getrost bezweifelt werden. Auch wenn die Einführungsphasen neuer Technologien immer kürzer werden. Aus kaufmännischer Sicht müssen die alten Maschinen immer noch erst einmal abgeschrieben sein und einen Return on Invest erarbeitet haben, ehe Schichtwechsel im Maschinenpark herrscht. Jeder vierte vom VDE Befragte fürchtet, dass die deutsche Industrie zu lange an klassischen Produktionsmethoden festhalten wird.

Kein Wunder, dass hier und da auf der Hannover Messe die Rufe nach mehr Anreizen für Investitionen durch die Politik lauter wird. Zwar sehen sich Automobilbau und Maschinenbau ebenfalls ganz vorne beim Weg ins Digitale Fertigungszeitalter. Aber mehr Rechtssicherheit aus Berlin und Brüssel gerade dort, wo Unternehmensgeheimnisse und operative Daten in die Cloud wandern, wäre schon gut, heißt es beim VDMA. Denn die Furcht vor Spionage, Piraterie und Plagiaten wächst – auch bei den Maschinenbauern, die sich immer stärker einem unlauteren Wettbewerb durch nachgemachte Ersatzteile ausgesetzt sehen. Und auch die VDE-Studie bestätigt: Sieben von zehn Befragten sehen in der nicht gegebenen IT-Sicherheit die größten Hemmnisse.

Und gleichzeitig bleibt die Politik auch bei der Bereitstellung der nötigen Infrastruktur in der Bringschuld. Für die Umsetzung der Digitalen Agenda nimmt die Bundesregierung trotz dreier zuständiger Bundesminister ähnlich lange Anlauf wie die Wirtschaft für die Umsetzung von Industrie 4.0. Da nehmen die Argumente zum Teil schon absurde Formen an, wenn es einerseits heißt, die Zukunft des Industriestandorts Deutschland hinge von diesen Maßnahmen ab, andererseits aber jeder jeden anguckt und die Schultern zuckt: Fangt ihr schon mal an.

Nach der VDE-Studie glaubte vor zwei Jahren noch mehr als die Hälfte der Befragten, dass Deutschland zum Leitanbieter für Industrie 4.0 wird. Jetzt sind es nur noch 40 Prozent. Einer der Sündenböcke für die leichtsinnige Aufgabe von weltwirtschaftlichen Führungspositionen wird dabei in falschen Forschungsimpulsen gesehen. Die Automobilindustrie klagt, dass Deutschland zu lange kein Interesse an modernen Batterien hatte, die jetzt auf dem Weg zur Elektromobilität dringend benötigt werden. Und der Maschinenbau klagt ebenso wie die Elektronik-Industrie, dass viel zu wenig in die Weiterentwicklung Cyber Physical Systems investiert wird. Sie sind es, die das Internet der Dinge überhaupt erst mit Daten und Erkenntnissen füttern und damit die vierte industrielle Revolution mit Leben füllen.

Doch die beklagenswerten Versäumnisse von gestern rechtfertigen nicht die Unterlassungen von morgen. Politik und Wirtschaft sollten nicht jeweils auf den anderen zeigen, wenn es darum geht, Schub zu erzeugen. Sonst wird „Made in Germany“ ein nostalgischer Begriff, der auf der Hannover Messe bereits abgelöst wird durch den Slogan des Gastlandes: „Make in India“.