Partnertausch

Offensichtlich gibt es immer noch keine Klarheit darüber, wie viele Mitarbeiter IBM nun in den kommenden Wochen (oder bisher schon) entlässt. Die schockierende Zahl von 110.000 Mitarbeitern – oder gut einem Viertel der Gesamtbelegschaft – mag als zu hoch gegriffen erscheinen. Sicher ist aber, dass IBM im Zuge der letzten Restrukturierungen 2000 Partner verloren hat. Sie sind mit dem Verkauf des x68-Server-Geschäfts an Lenovo mit in das chinesische Ecosystem gewechselt.

Die Zahl nannte Ginny Rometty auf der PartnerWorld in Las Vegas, als sie das ganze Ausmaß des Transformationsprozesses skizzierte, dem sich IBM derzeit unterzieht. Im gleichen Zeitraum nämlich sind zehntausend neue Partnerunternehmen dem globalen Kanalnetz der IBM beigetreten. Statt der Büchsenschieber jetzt also Entwickler für Cloud- und Mobile-Anwendungen, Security und Analytics – vier der Mainstream-Entwicklungen, aus denen IBM künftig wieder Umsatzsteigerungen generieren will. Zusammen mit den Partnern – aber nur, wenn die sich ebenfalls einer so massiven Transformation unterziehen wie die IBM.

Denn – ob nun bei IBM, Microsoft oder SAP – mit Partnern, die über die Distribution kaum einen Mehrwert erbringen, kann kein Ökosystem in der Informationswirtschaft mehr etwas anfangen. Distribution – das übernimmt künftig die Cloud. Systemadministration – das macht die Cloud. Customer Service – da gibt’s doch auch etwas aus der Cloud. Dazu braucht es künftig keine Low-Skill-Partner mehr. Der Added Value muss her, aus Sicht der IBM am besten in Form eines mobilen Cloud-Services auf der Analyse-Basis von Watson oder der der SoftLayer-Architektur.

Dabei betreibt IBM selbst den eigenen Turnaround bis zur Unkenntlichkeit. Man sieht jetzt IBM-Berater mit Management-Präsentationen auftreten, die von einem Max abgespult werden und eindeutig die Handschrift des neuen – und offensichtlich dominierenden IBM-Partners Apple aufweisen. Immerhin zehn Apps auf dem iPad sind bereits aus der Partnerschaft mit Apple entstanden – zunächst sämtlich branchenorientierte Speziallösungen. Im laufenden Jahr sollen weitere 90 Apps hinzukommen. Die neuen Apps sollen stärker horizontal ausgelegt sein und zum Beispiel Lösungen entlang der Supply Chain offerieren. Das wiederum dürfte nur in enger Partnerschaft mit den führenden ERP-Anbietern funktionieren.

So aber soll künftig das neue Cloud- und Mobile-Geschäft funktionieren. Add-Value-Solutions von Partnern auf iPads von Apple und im Hintergrund tickt die Architektur der IBM. Dafür hat sich Big Blue nicht nur selbst eine neue Organisationsstruktur verpasst, die eine stärkere Lösungsorientierung aufweist. Auch die Partnerorganisation wird diesen Rubriken – Watson, Security, Cloud, Mobile etc. – angepasst. Und wichtiger noch: so wie die Schranken innerhalb der IBM fallen, um eine stärker horizontale Durchmischung der Lösungen zu erreichen, sollen auch die Vertriebskanäle als One Channel Team zusammengefasst und interdisziplinär interaktiv werden.

Lediglich 20 Prozent ihres Umsatzes generiert IBM derzeit durch Partner. Das klingt mau, ist aber durchaus stattlich, wenn man berücksichtigt, dass eine ganze Reihe von Lösungsangeboten – wie bislang zum Beispiel das Globale Outsourcing Business – praktisch ohne Partnervermittlung läuft. In stärker lösungsorientierten Bereichen ist der Partneranteil am Umsatz durchaus oberhalb der 50-Prozent-Marke.

Aber genau hier sei mehr drin, sind Ginny Rometty und ihr Channelchef Marc Dupaquier überzeugt. Die schlichte Formel lautet: mehr Value Add, mehr Profit. Und das soll für beide Seiten der Partnerschaft gelten. Um mehr als die Hälfte erhöhen will Marc Dupaquier als General Manager IBM Global Business Partners den Umsatzanteil, der durch befreundete Firmen in die Kassen nach Armonk strömt.

Dazu scheinen Unternehmen, die keinen Turnaround nötig haben, noch attraktiver zu sein, als im Markt aktive Unternehmen, die ihre Kraft derzeit für ihren eigenen Schwenk benötigen. Deshalb fördert IBM Startups was das Zeug hält. Unternehmen, die jünger als fünf Jahre alt sind können – den entsprechend attraktiven Business Plan vorausgesetzt – mit einer Wachstumsspritze zwischen 100.000 und 150.000 Dollar rechnen. Als Darlehen, versteht sich. Aber aus Sicht der IBM, die ja noch lange kein Liquiditätsproblem haben dürfte, könnte das ein interessanter Coup werden.

Heute schon die Partner von morgen an sich binden. Das ist Partnertausch mit Nachhaltigkeitsgarantie. Und irgendwann muss ja auch das ewige Transformieren mal wieder zu Ende sein.

IBM – It´s Business, Man!

Wer vor zwei Jahrzehnten rund 2000 Dollar in Apple-Aktien investierte, kann sich heute über ein kleines Vermögen von rund 650.000 Dollar freuen. Und das, obwohl die Apple-Aktie mehrere scharfe Abgänge erlebte und die Aktionäre vier Aktiensplits erdulden mussten. Ein großes Vermögen hat dagegen Apple selbst eingeheimst: 18 Milliarden Dollar Gewinn im gerade zurückliegenden Quartal! Das ist nicht nur mehr als jemals ein Weltkonzern in nur drei Monaten für sich verbuchen konnte. Es ist auch mehr als IBM im gesamten Geschäftsjahr an Gewinn ausweisen wird.

Und das alles mit diesen kleinen Dingern – iPhone, iPad und iPod -, von denen vor fünf Jahren noch kaum jemand so richtig wusste, wofür man die überhaupt einsetzen sollte. Mit der anderen Seite des IT-Geschäfts – den Mainframes, der Cloud und der dazwischen liegenden Software-Architektur – macht man nicht mehr den großen Schnitt. Auch das zeigen die Geschäftszahlen der IBM.

Oder sind gar nicht die Produkte, sondern die Mitarbeiter das Problem?

IBM ist seit mehreren Quartalen dabei, die eigene Mitarbeiterstruktur neu zu gestalten. Doch jetzt hat das Analysten-Phantom Robert Cringely eine Zahl in die Debatte geworfen, die man – vorerst – besser noch als Gerücht weiter verbreiten sollte: 110.000 Mitarbeiter oder 26 Prozent der Gesamtbeschäftigten sollen gehen.

IBM dementiert – oder auch nicht. „IBM kommentiert keine Gerüchte…“, heißt es lakonisch aus Armonk. „…selbst wenn sie lächerlich und ohne Grundlage sind.“ Dann geht es weiter: „Wer unsere Informationen aus den veröffentlichten Bilanzen gecheckt hätte oder uns einfach nur gefragt hätte, wüsste bereits, dass das Unternehmen 600 Millionen Dollar Kosten … eingeplant hat.“ Wofür? Fürs „Workforce Rebalancing“ – das Wort muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, ehe man sich den Kopf beim Übersetzen zerbricht. Wir versuchen es mal mit „Neuausrichtung der Belegschaft.“

Nun sind ja Kündigungen ein kreativer Hort für Euphemismen und der Interpretationsspielraum ist groß. Schauen wir deshalb einfach auf die Zahlen: Nach Einschätzung von Wallstreet-Analysten hat IBM in den vergangenen Jahren jeweils rund 8000 Mitarbeiter weniger beschäftigt als im Jahr davor. Das waren nicht zwangsläufig Entlassungen. Es reicht, ausgeschiedene Mitarbeiter nicht zu ersetzen und vorzeitige Ruhestände durch einen goldenen Handschlag zu ermuntern. Dafür wurden in den letzten sieben Jahren jährliche Restrukturierungskosten zwischen 450 Millionen Dollar und 1,5 Milliarden Dollar in die Bücher gestellt.

Zwar hat IBMs Finanzvorstand Martin Schroeter bei der letzten Bilanzpressekonferenz dargestellt, dass man sich von „einem geringeren Umfang“ an Mitarbeiter trennen werde – und warum sollte man ihm nicht glauben. Aber die Gerüchte halten sich nun schon eine ganze Weile, dass Big Blue vor der größten Entlassungswelle ihrer Geschichte steht. Und offensichtlich melden sich im Internet mehr und mehr Mitarbeiter zu Wort, die in den letzten Tagen den Laufpass erhalten haben – zum Teil nach schlechter Arbeitsbewertung, zum Teil auch ohne.

Oder sind vielleicht doch nicht die Mitarbeiter, sondern vielmehr doch die Produkte das Problem?

IBM betont seit Jahren, dass weder Google, noch Amazon noch andere die größten Cloud-Provider im Web sind, und reklamiert diesen Titel für sich. Das mag schon sein – aber das Geschäft ist unter Druck und wirft offensichtlich nicht den Gewinn ab, den das Unternehmen zum Erreichen der eigenen Performance-Zahlen benötigt. Vor knapp zehn Jahren schrieb ich dem damaligen CEO nach Armonk angesichts der – aus damaliger wie heutiger Sicht – etwas vollmundigen SAP-Ankündigung, innerhalb kürzester Zeit 100.000 Kunden in der Cloud zu haben: „100.000 Unternehmen, die sich von IBM abwenden und sich einer Cloud zuwenden, in der es egal ist, welcher Hersteller die Rechnerleistung erbringt, können IBM nicht egal sein.“ Damals war es aber offensichtlich egal. Sollte sich IBM jetzt in der kolportierten Zahl von Mitarbeitern trennen – hat das Unternehmen sicher auf lange Sicht geringere Kosten. Aber hat es dann auch die adäquaten Produkte. It´s Business, Man, IBM.

 

Internet der Dollars

Das Weltwirtschaftsforum in Davos ist vor allem ein Weltwirtschaftsforum. Das klingt banal bis trivial, muss aber mal geschrieben werden nach einer Woche, in der zwar viel über die Auswirkungen der Draghi´schen Maßnahmen gesprochen wurde, Staatsanleihen im ganz großen Stil aufzukaufen. Das ist immerhin ein Wirtschaftsthema oder zumindest Wirtschaftspolitik. Ansonsten aber dominierten Krisenherde (zum Beispiel Ukraine) und Krisenherren (zum Beispiel Islamisten) und ihre Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung die Agenda in Davos. Zum ersten Mal aber war das Internet als weltweite Plattform des wirtschaftlichen Geschehens dominant vertreten. Davos hat gezeigt: das World Wide Web ist sowohl die Voraussetzung für World Wide Wealth wie für World Wide Weakness.

Zwar meinte Anshu Jain, Co-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, das Geschäft zwischen Banken und ihren Großkunden werde durch die digitale Revolution kaum beeinflusst. Zwar meinte Googles Chairman Eric Schmidt, das Internet werde in absehbarer Zeit verschwinden. Aber beide meinten damit keineswegs, dass das Web für die Wirtschaft an Bedeutung verliert. Im Gegenteil: Sie identifizierten darin jenes disruptive Element, das das wirtschaftliche Gefüge auseinandernehmen und völlig neu zusammensetzen kann.

Jains Vision vom allgegenwärtigen Internet zielt auf das Massenpublikum, das Massengeschäft, das völlig neue Formen der Kommunikation zwischen Anbieter und Millionen interaktiven Individuen verlange. Und Schmidts Internet ist nämlich nicht verschwunden, sondern so allgegenwärtig, dass es als externe Infrastruktur kaum noch wahrgenommen wird, also so transparent wird, dass es unsichtbar ist. Das Web wird durch seine zahllosen am Körper getragenen und in den Gegenständen unserer Umgebung eingebauten Endgeräte so sehr ein Teil von uns selbst, meint Schmidt, dass wir es nicht mehr bemerken.

Wenn – wie in der Vorstellungswelt von Paul Jacobs, dem Verwaltungsratsvorsitzenden des Mobilfunkanbieters Qualcomm – in der Zukunft Technologien wirksam werden, mit denen unser Blut auf Schritt und Tritt auf das Auftauchen von ersten Krankheitserscheinungen hin untersucht wird, dann werde das mobile Internet zum „digitalen siebten Sinn“. Jacobs hofft auf das „hyper-personalisierte Internet“, in dem Nutzer global-galaktische Persönlichkeitsprofile mit Einstellungen zu Sicherheitsstufen, Privatsphäre, Vorlieben etc. an eine zentrale Instanz übermitteln, die dann von allen Webservices und Endgeräten akzeptiert werden. Ein Global-Cookie für den internationalen Datenverkehr.

Dabei ist es faszinierend, dass nicht alle Anbieter und Anwender am gleichen Internet-Kabel ziehen. Die Auswirkungen der Webwirtschaft seien nicht in allen Bereichen der Weltwirtschaft gleich groß, hieß es in der Diskussion. Als aber Kanzlerin Angela Merkel („und ich sage das als deutsche Bundeskanzlerin mit einer starken deutschen Wirtschaft“) das Podium betrat, war „die Verschmelzung der Welt des Internets mit der Welt der industriellen Produktion“ absolute Chefsache. Man müsse, mahnte Merkel, den Weg zu Industrie 4.0 „schnell bewältigen, weil sonst diejenigen, die führend im digitalen Bereich sind, uns die industrielle Produktion wegnehmen werden.“

Drastischer kann man bei aller politischen Korrektheit die Konkurrenz, die aus dem Kabel kommt, kaum anprangern. Oder weniger politisch korrekt: Das Internet der Dinge, ist in Wahrheit das Internet der Dollars. Es erobert und erodiert alle bestehenden Strukturen überall, wo es hinkommt.

Und wenn es dazu noch eines Beweises bedürfte, dann hat ihn IBM soeben geliefert. Big Blue wird sich dem Vernehmen nach von bis zu 110.000 Mitarbeitern trennen, für die in einer Welt des Internet-basierten Cloud Computings aus Sicht des Managements in Armonk keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr existiert. Die alte „Boxenschieber-Mentalität“, die IBM einst zur Weltmacht aufsteigen ließ, ist jetzt das Opfer des disruptiv wirkenden Internets der Dollars. Denn umgekehrt – so hat jetzt die Boston Consulting Group im Auftrag von Qualcomm ausgerechnet – hat allein die Mobilfunkbranche elf Millionen Arbeitsplätze geschaffen – das Hundertfache der jetzt vom Aderlass bei IBM Betroffenen.

Scheitern als Naturgesetz

In dieser Woche wird IBM ihre Ergebnisse für das vierte Quartal berichten – und alles deutet darauf hin, dass erneut ein Umsatzrückgang dabei herumkommt. Zwar werden es nicht die enttäuschenden Rückgänge sein, die IBMs Chefin Ginny Rometty noch vor drei Monaten beklagen musste. Aber rückläufig ist rückläufig und markiert einen inzwischen mehr als drei Jahre anhaltenden Trend. Freilich: Umsatz ist nicht alles: 2011 holte Big Blue aus 107 Milliarden Dollar Umsatz 15,8 Milliarden Dollar Gewinn. 2013 war das Verhältnis sogar weiter verbessert: aus „nur noch“ 99,8 Milliarden Dollar Umsatz wurden 16,4 Milliarden Dollar Gewinn.

Für 2014 freilich dürften beide Werte sinken. Das liegt zum einen an den weiteren Verkäufen von Firmenbestandteilen, zum anderen aber daran, dass aus dem Hause IBM derzeit außer Watson nichts Bahnbrechendes zu erwarten ist. Cloud ist eher Me-too; und das weiter wachsende Business mit Global Services krankte zuletzt an der geringen Investitionsneigung selbst der treuesten IBM-Kunden.

Ist IBM ein Einzelschicksal? Weit gefehlt. IBM ist in bester schlechter Gesellschaft. Es sind die in die Jahre gekommenen Unternehmen, deren Organisationen an ihren eigenen Erfolgsprodukten leiden. Sie sind im Wachstum fett und träge geworden und verhindern mit dem eigenen Overhead, sich an neue Paradigmen anzulehnen. Ihr ganzes Streben zielt nicht darauf ab, zu etwas Neuem aufzubrechen, sondern die im Markt aufkommenden Neuerungen zu bekämpfen.

Die Leistung, im Markt mit disruptiven Innovationen aufzuräumen, ja die Märkte völlig neu zu definieren, begründet in der Regel die Kraft und die Dynamik für einen stürmischen Aufschwung in globalem Ausmaß. Doch irgendwann geht diese Fähigkeit verloren. Die Kraft des Unternehmens geht vor allem in den Erhalt des Status quo, in die Absicherung, wenn nicht gar Abschottung der eigenen Märkte. Auch Reorganisationen dienen überwiegend diesem Zweck. Am Ende kommt doch die gleiche Company heraus.

Zu drastisch? IBM hat selbst dann Innovationen bekämpft, wenn sie aus dem eigenen Haus kamen. Zu mächtig war und ist die Mainframe-Fraktion, die zunächst das Midrange-Geschäft, dann das PC-Geschäft bekämpfte. Und heute, auf der CES in Las Vegas, erleben wir ein Déjà-vu, indem IBM seine Mainframes als Backbone des Cloud-Geschäfts positioniert.

Läuft es nicht ganz ähnlich bei Siemens, das 2006 aus 87 Milliarden Euro Umsatz rund drei Milliarden Euro Gewinn generierte, während es im Jahr 2014 aus knapp 72 Milliarden Euro Umsatz satte 5,5 Milliarden Euro Gewinn wurden? Dort hat Vorstandschef Joe Kaeser jetzt gegenüber der Wirtschaftswoche zugegeben, dass es seit einem halben Jahrzehnt nicht gelungen sei, von „einer stark ordnungspolitisch getriebenen Unternehmung umzuschalten auf eine Wachstum und Werte schaffende Organisation“. Das müsse man jetzt nachholen. Es ist aber auch die Diagnose, die schon Kaesers Vorgänger im Amt gestellt und vergeblich zu therapieren versucht hat.

Oder nehmen wir Microsoft, das am 4. April 40 Jahre alt sein wird. Die Geldflüsse aus den Produktreihen Windows, Office und Windows Server haben ein Geschäftsmodell zementiert, das lange das Internet ignoriert hat und heute im Cloud-Business in Gefahr geraten ist. Ganz ähnlich wie IBM versucht auch Ballmer-Nachfolger Satya Nadella nun, das alte Microsoft-Paradigma der Client/Server-Infrastruktur auf die Cloud zu münzen. Aber von der Lizenz zur Miete, von der Software zum Service, von der integrierten Lösung zur offenen Plattform ist es ein weiter Weg. Vielleicht ist er zu weit?

Siemens (1847) und IBM (1896) haben ihre Wurzeln im vorvergangenen Jahrhundert und mussten schon mehrfach beweisen, ob sie in der Lage waren, das Ende großangelegter Innovationszyklen überleben zu können. Für Microsoft, dem Unternehmen aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, stellt sich jetzt ebenso die Frage, ob diese Ermüdungserscheinungen am Rande großer Innovationszyklen überwunden werden können. Wir werden sehen, ob Microsofts Dauerrivale Apple seine Ermüdungsphase ebenfalls überwindet oder sich lediglich damit begnügt, das nächste iPhone, das nächste iPad – und sei es in Gestalt einer Uhr – anzukündigen.

Und selbst das mit gerade 16 Jahren vergleichsweise jugendliche Unternehmen Google zeigt diese Ermüdungstendenzen. Zwar generierte Google 2013 aus knapp 60 Milliarden Dollar Umsatz annähernd 13 Milliarden Dollar Gewinn, doch haben Markt und Börse zuletzt verschreckt auf den leichten Rückgang auf 75 Prozent des Online-Werbemarktes reagiert. Google sucht händeringend nach dem nächsten ganz großen Ding. Trotz aller Schlagzeilen mit Innovationen wie autonome Fahrzeuge, Heißluftballone als Internetzugang, Google Glass und den zahllosen Technologie-Akquisitionen wie NestLab für das Smart Home ist der nächste ganz große Umsatzbringer nicht in Sicht.

„To big to fail“, heißt es mit einer zweifelhaften Zuversicht über die Giganten des Weltmarkts. Aber man muss auch fragen: „To old to change?“ Ist das Scheitern an sich selbst vielleicht ein Naturgesetz?