Stoff für die Wolke

Im Markt für Business Software wird kräftig zugekauft: Microsoft ergänzt seine Dynamics Suite um LinkedIn, Oracle bereichert sich um NetSuite, und SalesForce – vor einem Jahr noch selbst sicherer Übernahmekandidat, wenn Microsoft nicht der angefragte Preis zu hoch gewesen wäre – übernimmt Demandware, die jüngste Kopfgeburt von Stefan Schambach. Da ist es gut, dass die Aktie von SAP derzeit beinahe auf dem 52-Wochen-Hoch notiert.
Denn hier wird mit Milliarden jongliert. Und kein Übernahmefall scheint übertrieben oder überteuert zu sein. LinkedIn ging für reichlich 28 Milliarden Dollar über den Tisch, NetSuite für immerhin gut 9 Milliarden Dollar und auch Schambachs Verkaufssoftware war Marc Benioff mehr als 2 Milliarden Dollar wert. Was alle diese Übernahmen gemeinsam haben: Sie sind allesamt Cloud-orientierte Zukäufe und sie erfolgten im friedlichen Einvernehmen. Ist denn die Zeit der feindlichen Übernahmeschlachten vorbei?
Wer heute im Business-Sektor keine Cloud-Offerte im Angebot hat, wird mit dem guten alten Standardsoftware-Modell nicht mehr lange glücklich sein. Dabei ist es ein Treppenwitz der Cloud-Geschichte, dass SAP mit Business by Design die ganze Branche erst wuschig gemacht hat und inzwischen hinter den wolkigen Angeboten der anderen hinterherrennen muss. Kein Wunder, dass SAP – nun offenbar einsichtig geworden – seinen Partnern völlig neue Profit-Angebote unterbreitet, damit nicht nur die eigene Lösung, sondern auch die zahllosen Partnerangebote in die Cloud kommen. Bis lang wollte SAP an den Partnern verdienen, jetzt sollen die Partner mit der SAP-Cloud Gewinne machen.
Aber reicht das? Es ist SAP selbst, das sich auf die Suche machen muss, um mächtige Partner für die Cloud zu gewinnen. SAP steht immer noch für Systeme-Anwendungen-Programme und nicht für „Service aus Portalen“. Trotz immenser eigener Investitionen – die freilich nicht immer zielführend waren – braucht SAP selbst Partner mit starker Präsenz in der Cloud, im Mobile Computing und in den sozialen Medien. Da erscheint die Deutsche Telekom als Partner der ersten Wahl. Immerhin haben die Bonner schon Microsoft aus der Cloudpatsche geholfen. Gerade der Weg zum individuellen Anwender und kleinen Unternehmen könnte über die Deutsche Telekom geebnet werden.
Als Partner in der Cloud bietet sich in Deutschland freilich auch die Datev an, deren Geschäftsmodell rund um Lösungen für den Mittelstand konzipiert ist und die zu den größten Cloud-Betreibern in Deutschland zählt. Eine für den Mittelstand zurecht geschneiderte SAP-Lösung in der Datev-Anwendungscloud würde mehr Stoff in die deutsche Wolke bringen.
Man muss sich ja nicht gleich gegenseitig übernehmen. Da würden sich ja doch alle etwas übernehmen. Aber es wäre ein guter Schutz vor einer Übernahme.

Big Spender

Eine Reise nach Etymologia lohnt sich immer. Ein Spender im deutschen Sprachgebrauch ist jemand, der etwas von sich selbst – eine Niere zum Beispiel oder eine Million Euro – jemandem übereignet, einem Kranken zum Beispiel oder einer humanitären Organisation. Das ist in der Regel positiv konnotiert. Ein Spender ist selbstlos, generös, menschlich. Ja, denkste.

Ein „spender“ im englischen Sprachgebrauch ist ein Prasser, ein Geldausgeber, im besten Fall ein Investor. Er gibt das Geld aus – entweder aus Genusssucht oder aus Kalkül. In keinem Fall aber aus altruistischen Beweggründen. Na, siehste.

Jetzt ist also Mark Zuckerberg so ein „Big Spender“, der angesichts seiner neugeborgenen Tochter 99 Prozent seines Vermögens spenden möchte und dabei die Dreistigkeit besitzt, auch noch bestimmen zu wollen, wofür: nämlich für das Wohlergehen nicht privilegierter – also in klarem Deutsch: armer – Kinder. Das ist natürlich schändlich, so entnehmen wir dem aktuellen Erregungszustand im Word Wide Wrath, dem Netz der ungehemmten Emotionen gegen jeden und alles.

Denn folgt man dem Shitstorm, dann besteht ja das „Asoziale“ in Mark Zuckerbergs Handlung gerade darin, dass er sein Vermögen im Falle seines Todes dem Staat entzieht, der Zugriff auf bis zu 90 Prozent der Sore hätte, wenn es nach den gegenwärtigen US-amerikanischen Steuergesetzen ginge. Dann wäre das Geld zwar auch für die Allgemeinheit verfügbar, aber nicht ausschließlich für die von Mark Zuckerberg als vorrangig bedürftig ausgemachte Zielgruppe, sondern würde im US-Haushalt versickern.

Eine Einschätzung, der sich auch Caren Miosga bei ihrer Moderation der Tagesthemen angeschlossen hat. Sie sah in Zuckerbergs Vorpreschen die Ausgeburt eines Egotrips. Das ist schade. Und vor allem: Es ist falsch und irreführend.

Bill Gates und Warren Buffet haben mit ihrer Initiative „The Giving Pledge“ vor einigen Jahren vorgemacht, was es bedeuten (und vor allem: bewirken) kann, wenn sich Multi-Milliardäre von der Last ihres Vermögens zur Hälfte, zu einem Drittel oder gar zur Gänze befreien und humanitäre Projekte unterstützen. Übrigens handelt es sich beim Kampf gegen Malaria, gegen Kinderarmut, gegen Analphabetismus und und und um Projekte, bei denen Steuergelder in viel zu geringem Maße fließen. Es ist richtig und an der Zeit, dass Unternehmer mit dem nötigen Kleingeld hier regulierend eingreifen.

Sie tun dies zum Beispiel in der „Breakthrough Energy Coalition“ – auch so einer „asozialen“ Koalition von Superreichen, die ein bisschen Einfluss darauf nehmen wollen, was mit dem verfügbaren Geld geschieht. Hinter dieser Organisation, die sich für bahnbrechende Technologien bei alternativen und erneuerbaren Energien verwendet, stehen Milliardäre wie Meg Whitmann (HP), Bill Gates, Marc Benioff (Salesforce), Jeff Bezos (Amazon), Richard Branson (Virgin), Reid Hoffman (LinkedIn), Jack Ma (Alibaba) und Hasso Plattner (SAP). Ja – und auch Mark Zuckerberg and Dr. Priscilla Chan.

Was kann man noch mit seinem Geld tun? Man kann zum Beispiel als größter Einzelaktionär von Microsoft für Unruhe sorgen, weil – wie es Steve Ballmer auf der Aktionärsversammlung gerade getan hat – man mit der eingeschlagenen Strategie bei Smartphones und der Cloud nicht einverstanden ist. Es hat natürlich ein “Geschmäckle” wenn der gescheiterte Vorgänger seinen gescheiten Nachfolger öffentlich rügt. Und es mag sein, dass Ballmers Ansinnen ein berechtigtes Fundament hat. Aber er fehlt derzeit in den Listen der “gebenden Hände”. Er bemüht sich – was ebenso redlich ist – gerade darum, sein Vermögen und das seiner Mitaktionäre zu mehren.

Aber ihm fehlt ganz offensichtlich die Souveränität und der Langmut, über die beispielsweise Bill Gates verfügt hat, als er das Zepter weitergereicht hatte – an seinen Nachfolger Steve Ballmer. Wir werden sehen, wie sich Big Spender Ballmer künftig entscheiden wird. Wird er einfach nur Steuern zahlen?

Biere Harbour

Dieser Streich wird Schule machen. Microsoft will sich mit der geplanten Übergabe des Data Centers für die deutsche Cloud-Region, die in einer Datentreuhänderschaft von der T-Systems betrieben werden soll, den Zugriffsmöglichkeiten der US-Behörden entziehen. Sollte das Konzept, das im kommenden Jahr in die Pilot- und sukzessive auch in die Betriebsphase gehen soll, greifen, wäre – im übertragenen Sinne – ein Datenraum geschaffen, der einzig und allein deutscher Gerichtsbarkeit unterliegt.

Das wäre für die USA so etwas wie ein Pearl Harbour im großen vaterländischen Schnüffelkrieg.

Microsoft hat für seine Public Cloud-Angebote – also Azure, Office 365 und Dynamics CRM – länger gebraucht als seine US-Konkurrenten, um die Präsenz mit Datenzentren in Europa zu verstärken. Amazon, Google oder IBM haben schon im vergangenen Jahr mit neuen Hochsicherheitstrakten für Cloud-Daten in Europa Milliardeninvestitionen getätigt. Die Liste ist in der Tat beeindruckend. So werden Amazons Web Services in Dublin und Frankfurt, Googles Dienste in Dublin, St. Ghislain (Belgien), im niederländischen Eemshaven und im finnischen Hamina gespeichert. IBM kündigte noch im vergangenen Oktober den Ausbau europäischer Standorte an, die dann London, Amsterdam, Paris, Frankfurt und Mailand umfassen. Und auch Salesforce hat mit einem eigenen Datenzentrum in Frankfurt einen sicheren Boden unter den Füßen.

Doch der alleinige Gang auf europäisches Terrain ist für US-amerikanische Datendienstbetreiber alles andere als hinreichend, wenn es um datenschutzrelevante Belange geht. Denn nach US-amerikanischer Rechtsauffassung haben US-Behörden in bestimmten begründeten Fällen auch dann Zugriff auf in Europa residierende Daten, wenn der Betreiber ein US-Unternehmen ist und somit auch im Ausland US-Recht unterliegt. Einen derartigen Fall fechten Microsoft und die US-amerikanischen Ermittlungsbehörden derzeit in einem konkreten Fall aus, bei dem die angeforderten Daten in Dublin residieren und ausgeliefert werden sollen.

Es hat wohl dieses Gerichtsverfahrens bedurft, um bei Microsoft die Erkenntnis reifen zu lassen, dass das Betreiben eines Data Centers in Europa nicht ausreicht. Schon vor drei Jahren haben die deutschen Microsoft Partner mit Richmond darüber debattiert, dass prinzipiell die Weitergabe von Daten an US-Behörden gegen geltendes deutsches Recht verstoßen könnte. Im Oktober hat schließlich der Europäische Gerichtshof die Safe Harbour-Vereinbarung mit der Begründung als ungültig erklärt, dass die Datenschutzvereinbarung offensichtlich zwar für US-Unternehmen, nicht aber zwangsläufig für US-Behörden gelte.

Jetzt hat Microsoft als erstes US-Unternehmen die rechtlichen Konsequenzen gezogen: Die deutschen Cloud-Services werden beginnend mit Azure als Basis in das Rechenzentrum von T-Systems in Biere bei Magdeburg verlagert und in Frankfurt gespiegelt. Nach dem Aufbau gibt Microsoft quasi die Schlüssel an Telekom-Techniker ab und versagt sich damit jeglichen Rückgriff auf die dort getätigten Installationen. Im Ergebnis wird Microsoft somit behaupten können, nicht mehr in der Lage zu sein, dem Ansinnen von US-Behörden auf Datenherausgabe folgen zu können.

Der technische, aber verschmerzbare Nachteil: Da die deutsche Cloud in „Biere Harbour“ vollständig von der sonstigen globalen Cloud-Infrastruktur von Microsoft abgekoppelt sein wird, entzieht sie sich auch den Updatemöglichkeiten aus der Microsoft-Zentrale. Neue Versionen und Funktionen müssen also durch die Telekom-Techniker übernommen und installiert werden. Ein weiterer Nachteil ist freilich auch, dass mit der T-Systems ein weiteres Element in der Cloud-Nahrungskette eingebunden ist. Zwar sind noch keine Preise bekannt, aber teurer ist das Mehr an Sicherheit bestimmt.

Das Modell dürfte Schule machen, denn mit dem Gang nach Europa allein haben sich die anderen US-Anbieter dem Zugriff ihrer US-Behörden keineswegs entzogen. Die „deutsche Wolke“ könnte aber auch darüber hinaus werbewirksam für andere globale Regionen wirken. So soll das chinesische Unternehmen Huawai bereits die Dienste in Biere in Anspruch nehmen. Sollte dahinter die Absicht stehen, die eigenen Daten vor der chinesischen Regierung zu schützen, müsste allerdings noch eine ähnliche Treuhänder-Beziehung folgen, wie sie jetzt Microsoft und T-System geschlossen haben.

Dann kann nämlich nur auf Anordnung eines deutschen Richters eine Herausgabe von Daten erreicht werden. Dazu müsste jedoch ein Amtshilfeersuchen aus dem Ausland vorliegen. Ganz versperrt ist die Tür also nicht. Aber sie wird, wenn überhaupt, nach deutscher Rechtsauffassung geöffnet.

Die USA haben mit ihrer Datensammelwut in den vergangenen Jahren möglicherweise sich selbst ein Pearl Harbour bereitet. Sie haben in Europa „einen schlafenden Riesen geweckt“.

 

AMD–Another Microsoft Device

History, they say, never repeats itself – except, perhaps, as a farce. That really does seem to be the case. A few hundred Bonnblogs ago we wondered what IBM was going to do with its war chest of around $100 bn and whether Big Blue would be able to catapult itself back into the centre of the IT action by means of acquisitions.

Now that Microsoft has a war chest of around $100 bn the question that constantly arises is which takeovers Redmond has in mind and why they might serve to bring Microsoft back to the centre of the cloud-based IT scene. The day before yesterday Salesforce was seen as a likely candidate for a Microsoft takeover; yesterday it was the microchip manufacturer AMD.

The two companies could hardly be more different.

Salesforce with its cloud-based CRM software is undermining established providers of sales support solutions and securing important sources of revenue. Oracle, SAP and indeed Microsoft are not achieving anywhere near the same growth rates in this market segment. It is a highflyer and there is talk of astronomically high takeover prices. The latest figure to be bandied about was a fabulous $60 billion price tag.

Advanced Micro Devices in contrast supplies the Who’s Who of the IT scene with chips and thereby secures important sources of revenue for them. AMD graphics or computing chips power Apple MacBooks, Sony’s PlayStation and Microsoft’s Xbox too. Yet the industry oldtimer is nonetheless valued most cautiously. The current price tag is a mere $1.26 bn.

That is little more than one per cent of Microsoft’s war chest and, conversely, the sum that Microsoft has to pay AMD annually for its Xbox microprocessors. So Microsoft CEO Satya Nadella could hardly go wrong by acquiring AMD, especially as competitors such as Sony or Apple would then face the alternative of either allowing Microsoft to participate in their business success via AMD or building up totally new supply chains.

But did Satya Nadella not just state in his mail to Microsoft employees that it isn’t a hardware company? Did he not repeat that it is a cloud first, mobile first organisation that has enough on its plate to see its own PC business safely into the cloud? Nadella owes his well-filled war chest to the PC product business, which accounts for 40 per cent of Microsoft sales and three quarters of Microsoft profits. The challenge must then surely be to keep Microsoft’s profitability high despite lower future profit margins from the cloud. What that requires cost reductions and not cost drivers like in-house chip production.

The problem for all established companies that are preparing for the cloud is that they have grown large and fat on an inflow of dollars from the licence business, whereas companies like Salesforce, Amazon or Facebook, which have lived under the cloud from the outset, are lean and streamlined in their positioning. Their partner structure is totally different too and does not rely on the traditional cascade model in which the manufacturer, the consultant and the implementer share the licence cake.

They, in contrast, live on complex and multi-faceted relationships between platform and service, between offerings that strengthen each other and on a market presence that builds up reciprocally. They use the dynamics of the cloud rather than the statics of co-marketing. How difficult this has become for Microsoft is indicated by the latest poll of partners, 25 per cent of whom said that Microsoft was their most important supplier, but 70 per cent see Microsoft merely as an important partner among many. The old binding mechanisms no longer work.

IBM also underwent – and suffered from – this trend. After all of its acquisitions in recent years Armonk has been forced to realise that the company is still the same: IBM. Microsoft too will face the same experience, with or without Salesforce, with or without AMD. Change does not come from without and not by means of acquisitions. The transition to a flawless cloud company can only succeed from within and with products that pass on the company’s own heartbeat and that of its employees.

AMD would otherwise just be Another Microsoft Device. And that would really be money poured down the drain.