Der 4. IT-Gipfel hat es noch einmal gezeigt – der Ruf nach einer nationalen Initiative zur Belebung der deutschen Informationswirtschaft findet breiten Konsens – grundsätzlich. Im Detail sieht es dann schon ein wenig uneinheitlicher aus. Zwischen Stärken stärken, Schwächen ausgleichen und Nachwuchs fördern pendeln die Denkschulen hin und her.
Stärken stärken:
Deutschland spiele nur in der zweiten Liga der IT-Champions, heißt es in den Kommentaren zum IT-Standort Deutschland immer wieder. Als weltweit führender Anbieter werde lediglich die SAP in Walldorf augenfällig. Und dieses Phänomen gilt als nationaler Sonderfall. Tatsache ist, dass SAP wie kein anderes Unternehmen deutsche Ingenieurtugenden exportiert – noch immer hat Deutschland die größte Konzentration an Softwarehäusern, die sich mit Enterprise Resource Planning befassen. Viele davon haben jedoch den Sprung auf die internationale Bühne nicht vollziehen können. SAP verdankt inzwischen seine Weltstellung jedoch vor allem der Tatsache, dass sich das Unternehmen in den neunziger Jahren internationalen Herausforderungen gestellt hat. Bestrebungen zur Internationalisierung und Mehrsprachenfähigkeit von Lösungen sollte im Interesse der multilingualen EU sein – und auf jeden Fall förderungswürdig.
Schwächen ausgleichen:
Deutschlands IT-Landschaft ist mittelständisch orientiert. Nach SAP kommt erst einmal – nichts und dann die Software AG. Interessant ist aber, dass sich viele der mittelständischen Softwareunternehmen auf Nischen konzentrieren, in denen sie nationale und internationale marktführende Positionen erreicht haben. Interessant ist auch, dass sich diese Mittelständler oftmals als Veredler von sogenannten Leitarchitekturen verstehen, die aus Datenbanken, Betriebssystemen etc. Anwendungen generieren. Microsoft beispielsweise ist für zahllose Anbieter in Deutschland nicht etwa ein Wettbewerber, sondern ein Markt, auf dem die eigenen Produkte erfolgreich sind. Ähnlich wie in der chemischen Industrie, in der die weltweite Grundstoffprodukte von wenigen globalen Giganten erzeugt werden, aus denen mittelständische Anbieter ihre Enderzeugnisse schaffen, hat sich auch die deutsche IT-Branche aufgestellt: Aus Leitarchitekturen werden Unternehmenslösungen. Auch SAP hat inzwischen dieses Zeichen der Zeit erkannt und setzt bei der Entwicklung ihrer OnDemand-Software Business by Design verstärkt auf die Entwicklungsleistung mittelständischer Partner. So erhalten die Schwachen eine starke Plattform für den weltweiten Marktangang.
Nachwuchs fördern
Die althergebrachten Weltbilder von amerikanischer und asiatischer IT-Dominanz passen kaum noch in das globale Bild junger Weltbürger. Wenn nun, wie der 4. IT-Gipfel bekennt, der Nachwuchs verstärkt gefördert werden muss, um in kommenden Jahren genügend eSkill bei Anbietern und Anwendern vorfinden zu können, so ist das auch nicht nur eine Herausforderung an das Bildungssystem, sondern in hohem Maße an die IT-Unternehmen selbst. Informationstechnologie – und allen voran die Softwareentwicklung – ist eine im wahrsten Sinne grenzenlose Branche. Wer international bestqualifizierte junge Mitarbeiter haben will, muss auch einen international attraktiven Arbeitsplatz und Karrieremöglichkeiten bieten. Dies können Unternehmen wie Microsoft und Google leisten – aber eben auch deutsche Anbieter wie SAP.
Deshalb gilt: Wenn wir unsere Stärken nicht stärken, werden wir den Nachwuchs nicht gewinnen.