Veni, vidi, Wiki

Uns sind jetzt etwa 250.000 Dokumente aus dem US-Wirtschaftsministerium zugespielt worden, die nach ihrer Veröffentlichung im Internet dafür sorgen werden, dass die Geschichte der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen völlig neu geschrieben werden muss. Die amerikanisch-deutsche Ökonosphäre ist demnach ein Tummelplatz teflon-beschichteter, unkreativer Risikoträger, deren Gedanken wenig substanziell zu sein scheint. Beide Seiten haben sich, wie es scheint, nichts geschenkt. Eins aber ist sicher – das Verständnis historischer Wirtschaftskrimis kann nun endlich gelingen. Eine Auswahl exklusiv für Bonnblog-Leser:

Der Schaffner: Herman Hollerith wurde in einem internen Papier des deutschen DEHOMAG-Gründers Willy Heidinger aus dem Jahre 1911 als „lochfixierter Fahrscheinknipser aus Buffalo“ bezeichnet, der es in Deutschland zu kaum mehr als einem Oberschaffner bringen werde. Hollerith hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst mit IBM-Gründer Thomas J. Watson über den Verkauf der Lochkartengesellschaft geeinigt.

Der Lötkolben: Bevor Konrad Zuse sich hilfesuchend an die Großindustrie wandte, um für seine notleidende Computerfirma Investoren zu finden, hatte das amerikanische Verteidigungsministerium dem Computererfinder bereits alle Technologie abgeguckt. Kommentar eines hochrangigen Ministeriumsmitarbeiters: „Mit dem Lötkolben ist er fix, doch seine Rechner taugen nix.“

Die Alm-a-Mater: Als Andreas von Bechtolsheim 1977 von der Carnegie-Mellon-University nach Stanford weitergereicht wurde, wurde der Dekan in Palo Alto bereits durch eine vertrauliche Mitteilung vorgewarnt. „Es reicht, wenn Sie ihn den Sommer über da behalten. Aber Vorsicht: dieser Farmer´s Boy melkt alles, was nicht bei drei auf der Palme ist.“

Der Lumpen-Sammler: Ende der siebziger Jahre wurde Deutschlands führender Computer-Unternehmer Heinz Nixdorf vom damaligen US-Präsident Jimmy Carter ins Land geholt, um die Automatisierung des amerikanischen Bankenwesens voranzutreiben. Die Kooperation endete 1981 – den Grund offenbaren jetzt Kopien seines geheimen Tagebuchs: Heinz Nixdorf hatte sich mehrfach über „die Lumpen in der Bank“ geäußert. Wie sich jetzt herausstellt, meinte er aber nicht die Broker, sondern die Dollar-Noten, die sich ständig in den Nixdorf-Zählautomaten verhedderten.

Der Hör-Geschädigte: Während Deutschland seine Wiedervereinigung organisierte, arbeitete Karlheinz Brandenburger bei den AT&T Bell Laboratories als Postdoctoral member of technical staff. Sein damaliger Betreuer notierte in einem Memorandum für das amerikanische Postministerium: „Der Mann ist absolut unempfänglich für die Höhen und Tiefen der Musik.“ Angeblich hatte Brandenburger den Amerikanern ein Verfahren vorgeschlagen Audiodateien so zu beschneiden, dass sie über die völlig überlasteten Telefonleitungen übertragen werden können.

Das Gesäß: Endgültig Klarheit gibt es nun auch über den Vorfall, der Larry Ellison und Hasso Plattner 1996 endgültig entzweit hat: Im Amerikanischen Olympischen Komitee sind Fotos aufgetaucht, die den SAP-Gründer nach dem Mastbruch der Yacht Morning Glory gezeigt haben, als der Oracle-Chef dem Kontrahenten jedwede Hilfestellung verweigert hatte. Demzufolge hat der Deutsche dem Amerikaner tiefere Einblicke gewährt als bisher vermutet.

Wir werten die Fülle der Dokumente weiter aus und melden uns zu gegebener Zeit mit neuen Enthüllungen. Eins ist jedenfalls sicher: Die Dokumente sind der 11. September der Ökonomie.

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