Was kostet die Wolke?

Die Cloud weckt Phantasien – nicht unbedingt an der (Aktien)Börse, aber in den Einkaufsabteilungen der großen IT-Anbieter.  Dort werden die (Geld)Börsen weit geöffnet, um Vorsprung im Rennen um die beste Wachstumsposition einzukaufen. Egal, ob Marktanteile, Technologien oder Produkterweiterungen gesucht werden, immer geht es darum, Zeit zu sparen, die für Eigenentwicklungen und harmonisches Wachstum in einem schnelllebigen Markt nicht mehr zur Verfügung zu stehen scheint. Cloud-Übernahmen haben sich zu einem zuverlässigen Indikator für IT-Trends erwiesen. Nach Customer Relationship Management und Business Intelligence ist jetzt offensichtlich Human Capital der ganz große Cloud-Coup.

Wie heiß der Markt inzwischen gelaufen ist, zeigt das Ringen um SuccessFactors, für dessen Übernahme SAP nach der jetzt erfolgten Freigabe der Kartellbehörden rund 3,4 Milliarden Dollar hinlegen will. Der Kauf tut doppelt gut. Denn der Human Capital Spezialist soll nicht nur Business by Design aufhübschen, er soll auch nicht ins Oracle-Lager fallen. Mit einer Übernahme von SuccessFactors durch die Ellison-Company hatte die Branche eigentlich gerechnet. Doch SAP war offensichtlich schneller.

Jedenfalls dürfte der Kauf von RightNow durch Oracle (1,5 Milliarden Dollar)  im Oktober 2011 nur der Auftakt einer Einkaufstour im Wolkenland sein, mit dem der SAP-Rivale seine Präsenz im Cloud Computing weiter auszubauen beabsichtigt. Es würde nicht weiter überraschen, wenn sich in Redwood allmählich eine Due Dilligence-Abteilung mit den Büchern von Marc Benioffs Salesforce befassen würde. Der CRM-Spezialist wächst, was das Zeug hält – mit Sicherheit die beste Waffe gegen eine feindliche Übernahme. Im laufenden Geschäftsjahr, für das im Februar Zahlen erwartet werden, sollen gut 2,25 Milliarden Dollar zusammenkommen.

Für sein Ziel, 2013 einen Umsatz von 3 Milliarden Dollar nahezu ausschließlich aus SaaS-Gebühren und „App-Anagen“ zu erzielen, geht Benioff selbst auf Einkaufstour. Zum Jahresende übernahm Salesforce mit Rypple  einen direkten Konkurrenten von SuccessFactors. Für das Humankapital hat Salesforce gleich einen eigenen Produktbereich aufgemacht.  „SuccessForce“ klingt nicht nur wie ein Plagiat, sondern hält auch noch einen weiteren Nadelstich bereit: das Geschäft verantwortet kein geringerer als John Wookey, der bis August 2011 als Executive Vice President bei SAP ein Cloud-Dreamteam aufgebaut hat – unter anderem aus ehemaligen Oracle- und Salesforce-Mitarbeitern!

Wookey, der wie Marc Benioff seine Wurzeln bei Oracle hat, wo er zuletzt als Senior Vice President für Application Development zuständig war, dürfte sich bei Salesforce über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Denn die Benioff-Company ist derzeit der größte Ankäufer von Cloud-Anbietern: Vor der Rypple-Übernahme verleibte sich das Unternehmen aus San Francisco schon die Consulting-Company Model Metris, den Social Media-Spezialisten Assistly, die Verschlüsselungs-Experten von Navajo-Systems, den Medien-Monitor Radian6 und die auf Echtzeitkommunikation fokussierte DimDim ein – alles Schnäppchen, über deren Preis Salesforce möglichst Stillschweigen wahrt. Alle Salesforce-Akquisitionen gehen mehr oder weniger unmittelbar in die Arrondierung des CRM-Lösungsangebots. So wurde aus DimDim beispielsweise die Plauderplattform Chatter.

Ob das reicht? Die Taschen der Cloudianer sind gut gefüllt – und die Panik, im Cloud-Gewitter abgehängt zu werden, ist groß. Die Übernahme des Video-Telefonieservices Skype durch Microsoft im vergangenen Jahr war Steve Ballmer immerhin 8,5 Milliarden Dollar wert. Und Léo Apotheker war bei HP bereit, für Autonomy zehn Milliarden Dollar hinzulegen. Was kostet die Welt?

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