Microsoft braucht ein neues Firmen-Gen

Es geht mal wieder um die Wurst: Vordergründig wird sich auf der Microsoft World Partner Conference ab dem kommenden Wochenende alles um Windows 8, den neuen Tablet-PC und den Windows Store drehen. In Wahrheit aber geht es in Toronto um Microsofts Zukunft. Der Windows-Company muss es gelingen, ihre Fat-Clients abzuspecken und endlich mit Erfolg auf die Cloud-Diät einzuschwenken.

Denn unter der Wolke funktioniert das alt-gewordene Microsoft-Geschäftsmodell nicht mehr lange. Die Windows-Nahrungskette sieht vor, dass kontinuierlich Desktop-Betriebssysteme ausgetauscht werden, was dann neue Optionen in der weiteren Microsoft-Produktpalette nach sich zieht. Das ist ein durchaus sicheres Modell, auch wenn – wie im Falle von Vista – einmal ein Upgrade-Zyklus fehlschlägt. Der Windows-Nachfolger Windows 7 hat die Vista-Panne mit bis dato 690 Millionen installierten Einheiten mehr als wettgemacht. Zum Vergleich: in diesem Zeitraum wurden 245 Millionen Android-Systeme und 196 Millionen iOS-Systeme installiert.

Die Message, die Microsoft jetzt mit dem Launch von Windows 8 und dem für ARM-Chips (statt wie bisher exklusiv für Intel) optimierten Windows RT rüberbringen möchte, ist schlicht: Windows ist unverändert marktdominant und Windows 8 wird dieses Erbe antreten.

Doch Windows 8 muss sich in einem veränderten Geschäftsmodell bewähren. Sein Erfolg wird nicht allein daran gemessen, wie schnell es Microsoft gelingen wird, die Clients daheim und unterwegs, im Büro und in der Werkstatt umzustellen. Jetzt muss es darum gehen, die Smartphones zu erreichen, den Tablet-PC zu etablieren, den Windows Store mit Apps auszustatten und die Cloud Produkte von Azure bis Ofice365 zu vermarkten. Schlägt das fehl, könnte die ganze Firma fehlschlagen.

Zwei Zahlen zeigen, worum es geht – die erste kommt aus Microsofts aktuellem Geschäftsbericht: Im ersten Quartal des laufenden Jahres hat Microsoft einen Umsatzanstieg von sechs Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum erzielt und dabei 13,25 Milliarden Euro (17,4 Milliarden Dollar) umgesetzt. Zum Wachstum hatte dabei die Office-Sparte mit plus neun Prozent, die Windows-Sparte mit plus vier Prozent beigetragen, während der Umsatz der Entertainment and Devices Division um 16 Prozent sank – oder sollten wir sagen: einbrach?

Die zweite Zahl entnehmen wir dem Quartalsbericht von Apple: Fasst man alle iPhone-bezogenen Umsätze zusammen (dazu gehören neben Hardware und Systemsoftware eben auch die Einnahmen aus dem AppStore), so summieren sich die Einnahmen auf gut 22 Milliarden Dollar (16,75 Milliarden Euro).

Nicht nur gelingt es Apple, mit einem einzigen Produkt mehr Umsatz zu generieren als Microsoft mit der gesamten Produktpalette. Es ist auch ausgerechnet die notleidende Entertainment and Devices Division, die für den iPhone-Konkurrenten Windows Phone zuständig ist. Sie kann nur reüssieren, wenn Windows 8 im mobilen Web durchschlägt.

Für diese Welt aber hat Microsoft kein Firmen-Gen. Das Geschäftsmodell ist auf Ablöse auf dem Desktop, dem Fat Client, ausgerichtet. Von diesem Modell muss sich Redmond trennen, wenn es im Highspeed-Market unter der Cloud überleben will. Das ist mehr als die Vertrauensfrage Richtung Windows und Office. Es ist die Vertrauensfrage an das Top-Management, das vielversprechende Neuprodukte verzögert, wenn nicht gar verhindert. Microsoft war einmal das Synonym für eine neue Kultur. Jetzt braucht Microsoft eine neue Kultur, ein neues Firmen-Gen.

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