Qualität – ISST – Zukunft

So vergeht die Zeit: Vor 20 Jahren wurde Windows 3.1 freigegeben – die Version, die letztlich den Durchbruch für die Microsoft-Oberfläche brachte. Sie war aber auch der Durchbruch für zahllose Programmierer, die mit Tools und Töölchen, mit Programmen und Progrämmchen die Welt des Personal Computings bereicherten – oder auch verseuchten. Denn noch nie hatte die wunderbare Welt der Software eine solche Entwicklungsexplosion erlebt wie zu Beginn der neunziger Jahre. Und noch nie war so viel lausiger Code geschrieben worden…

„Software ist wie Bananen – sie reift beim Kunden“ – dieser bitterböse Satz fasst die Erfahrungen der damaligen Zeit zusammen. Sicher – auch heute ist fehlerfreie Software ein Ideal, das wir – wie alle Ideale – nicht erreichen. Interessanterweise gibt es auch immer noch kein fehlerfreies Buch – obwohl wir seit 3000 Jahren über Schriftsprache und seit 500 Jahren über den Buchdruck verfügen.

Vor 20 Jahren wurde auch das Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik gegründet – und zu seinem Jubiläum sei ihm und seinem Institutsleiter, Prof. Dr. Jakob Rehof, herzlich gratuliert. Es ist irgendwie selbsterklärend, dass der ehemalige Qualitätsmanager bei Microsoft dieses Institut 2006 übernommen hat, das sich für mehr Softwarequalität einsetzt…

Anfang der neunziger Jahre – das war auch die Zeit der großen Software-Architekturen. Ich erinnere mich gut an IBMs San Francisco Initiative, die ein weltweites Konsortium von Softwarehäusern zusammenschmiedete, um ein für alle Anwendungsfälle gültiges Application-Framework zu entwickeln. Die Initiative traf sich stets in der Stadt am Golden Gate – mit ebenso gejetlagten australischen wie europäischen Teilnehmern. Heraus kam ein Architektur-Ungetüm, das zwar alle Eventualitäten bis zum japanischen Kaiserkalender einschloss, aber im praktischen Einsatz eher die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Mega-Architekturen haben damals praktisch alle globalen Anbieter entwickelt – mit im Vergleich zum Aufwand äußerst überschaubarem Erfolg. Denn die Ökonomie der Softwarewelt entwickelte sich stets dynamischer als die Architekturen, die ihr Ordnung geben sollten.

In dieser Zeit war das ISST angetreten, um mehr Qualität in die mittelständische Softwarewelt zu bringen. Getreu dem Fraunhofer-Prinzip, Grundlagenforschung mit Wirtschaftsförderung zu verbinden, entwickelten die Forscher in Dortmund und Berlin mittelstandstaugliche Konzepte, wie mit ingenieurmäßigen Methoden mehr Qualität für Anwendungen und Systeme herauszuschlagen ist. Aus der Softwarebranche wurde eine Softwareindustrie. Sie hat – gerade am Standort Deutschland – wichtige Exportartikel hervorgebracht: wenn „Made in Germany“ unveränderte hochwertige Automobile und Maschinen bedeutet, dann auch, weil in ihnen programmierte Intelligenz schlummert, die Komfort und Sicherheit garantieren.

Jetzt – in der Ära des „Web 3.1“ – stehen wir vor der gleichen Herausforderung: Mit Apps und Services aus der Cloud, deren Herkunft und Qualitätsniveau vom Anwender nicht eingeschätzt werden kann, stehen wir wieder in einer Pionierphase, wie sie Anfang der neunziger Jahre bestand. Der Bedarf an Architekten, die uns Hilfestellung dabei geben, qualitätsorientierte Software zu schreiben, ist unverändert hoch. Das mobile Web fordert unabhängige Qualitätswahrer – und mit dem Internet der Dinge, das die Zahl der möglichen Anwendungen und Dienste noch vervielfachen wird, ist der Druck auf Qualität noch wesentlich höher. Was würde geschehen, wenn Millionen Maschinen nach einer Pfeife tanzten, die nicht gestimmt ist? Wir brauchen Normen für funktionssichere Software, die von unabhängigen Forschern erarbeitet werden. Das ISST unsere Zukunft.

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