Smartisierung

Wenn der gemeine Römer einen blitzgescheiten Zeitgenossen vor sich hatte, dann nannte er ihn nicht blitzgescheit oder clever, sondern „urbanus“ – er unterstellte also eine städtische Herkunft (wohl nicht zu Unrecht im Gegensatz zum Dorftrottel). Wenn wir heute jemanden wegen seiner (oder ihrer) Kopfleistung auszeichnen, nennen wir ihn (oder sie) „smart“ – und referenzieren damit erhellend auf den „Schmerz“ aus dem gleichen Wortstamm. Denn der „smart“ folgte auf eine Stichverletzung, also durch etwas Scharfes – was früher die Klinge, heute eher der Verstand sein dürfte.

Hier auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin kehren wir uns nun mit der Smartisierung wieder vom Verstand ab und den Dingen zu, die wir immer blitzgescheiter machen: nach den Smartphones nun den  SmartTVs. Längst im Gespräch sind SmartGrids, die sich zum intelligenten Stromnetz ausweiten lassen. Anderswo reden wir schon vom SmartTraffic und meinen Verkehrsleitsysteme, die direkt mit den Autos kommunizieren.

Immerhin 18 Millionen  Smartphones werden laut gfu in diesem Jahr in Deutschland verkauft. Die SmartTVs gehen bereits in einer Stückzahl von 5,7 Millionen über den Ladentisch – das ist mehr als die Hälfte aller verkauften Fernseher hierzulande. Auch BMW, Daimler und der Volkswagenkonzern mit seinem Dutzend Marken statten ihre Fahrzeuge mit SmartFeatures aus – beispielsweise mit Funktionen, die Wetterbedingungen an nachfolgende Autos „weitersagen“.

Die Zahlen belegen den Trend der dritten IT-Revolution. Nach „einem Computer für viele“ und „einem Computer für einen Benutzer“ kommen jetzt „viele Computer für einen“. Derzeit sollen zwei Milliarden Maschinen mit dem Netz kommunizieren können. Durchschnittlich sieben Rechenkerle in unterschiedlichsten Gehäusen – vom Auto bis zum Scanner – sollen für jeden einzelnen Erdenbürger im Jahr 2020 tätig sein. Das wären dann 50 Milliarden smarte Maschinen. Und mit dem Internet-Protokoll in der Version 6 steht den Maschinen auch seit dem Sommer der nötige Adressraum zur Verfügung: Statt der bisher möglichen 3,4 Milliarden Webanschlüsse sind nunmehr 340 Sextilionen möglich.

Was sind schon zwei Milliarden smarte Maschinen gegen 340 Sextillionen möglicher Anschlüsse? Kaum mehr als ein Anfang. Aber mit ihren SmartTVs ist die IFA einer der Paten an der Wiege zum Internet der Dinge. Die Internationale Automobilausstellung ist es mit SmartTraffic allerdings auch. Und die Industriemesse in Hannover kann mit SmartGrid und anderen smarten Maschinen ebenso Patenschaft beanspruchen wie selbstverständlich auch die CeBIT am gleichen Ort, auf der ein großer Aussteller bereits seit Jahren alle dazu auffordert, die Welt ein wenig smarter zu machen.

Es ist zwar etwas ruhiger geworden um das Internet der Dinge – aber es kommt, es ist schon da. Und es verspricht ein Riesengeschäft. Zwar kämpft die Unterhaltungsindustrie gegenwärtig in Europa mitbis zu zehn Prozent Umsatzeinbruch, der dem Preisverfall und der Kaufzurückhaltung geschuldet ist. Nur die Deutschen kaufen derzeit, was das smarte Angebot hergibt. Das gilt sowohl für den privaten Konsum als auch für die staatlichen Infrastrukturinvestitionen. Während für die Beseitigung von Schlaglöchern auf den Straßen die Mittel gekürzt werden, wird weiter kräftig für die Beseitigung von Funklöchern gezahlt. Der Verkehrswegeplan für das Internet der Dinge hat nun mal Vorrang. Auf lange Sicht werden wir in Smart Cities wohnen, wodurch auch das Lateinische „urbanus“ für smart und städtisch seinen Sinn erfüllt.

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