Es ist ja keineswegs so, dass die Dinosaurier ausgestorben sind – sie haben nur einfach ein neues Konzept umgesetzt, und ihre Nachfahren bevölkern als Vögel unseren Himmel. Sie haben sich sozusagen vom Boden in die Wolken erhoben…
Es ist auch keineswegs so, dass die Mainframes ausgestorben sind – sie haben nur einfach ein neues Konzept umgesetzt, und ihre Nachfahren leisten heute Schwerstarbeit in der Cloud.
Erstaunliche zwei Drittel des weltweiten Datenbestands in eCommerce- oder eBusiness-Anwendungen werden heute auf Speichersystemen gesammelt, die von Mainframes angesteuert werden. Gut 90 Prozent der 200 größten Unternehmen in Deutschland setzen unverändert auf Großrechner, um ihre Geschäftsprozesse zu steuern. In den USA dürfte der Anteil trotz der Technikverliebtheit der dortigen IT-Manager sogar noch größer sein.
Der Grund: Die Kosten pro Anwender sind deutlich geringer als bei Serverfarmen. Allerdings – und das ist der zweite Grund: Mehr als die Hälfte der Anwendungen auf den Mainframes hat mehr als 20 Jahre auf dem Software-Buckel. Und da diese Applikationen auch noch durchaus im produktiven Einsatz sind, nutzen sie auch etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden Rechnerzeit. Es ist die Software, die veraltet, während die Hardware durch kontinuierlichen Austausch jung bleibt.
Genau darin liegt das Problem für viele internationale ERP-Anbieter, die in den achtziger und neunziger Jahren zu Weltruhm gelangten, weil sie mit ihren Lösungen die Globalisierung der Konzerne beförderten und Software-Architekturen entstehen ließen, die nur mit erheblichem Upgrade-Aufwand auf einem Modernisierungspfad gehalten werden können. Über kurz oder lang steht für jeden CIO die Frage an: aushalten oder abschalten.
Die Lösung aus diesem Dilemma wird immer häufiger in der Totaloperation liegen: neue ERP-Lösungen, die auch einem geänderten Nutzungsverhalten entsprechen, werden die Altsysteme ablösen. Sie sind mit webbasierten Oberflächen, die vom PC-Arbeitsplatz bis zum Smartphone flexibel unterschiedlichste Endgeräte bedienen, ausgestattet und haben zugleich jene Offenheit, neue Megatrends wie Big Data, Predictive Analytics oder die Digitalisierung des Produktions-, Distributions- und Kommunikationsprozesse umzusetzen. Spätestens wenn die Altsysteme auch beim besten Willen nicht mehr den Marktprozessen und den Anforderungen an Transparenz entsprechen, wird es Zeit, software-technisch noch mal von vorne anzufangen.
Das wird der Moment sein, in dem Cloud-Computing auch im ERP-Umfeld seinen Durchbruch erlebt. Schon heute ist bei weltweit tätigen Unternehmen der Unterschied zwischen Cloud und Hosting im Prinzip kaum noch auszumachen – außer in der Frage, wer nun der Eigentümer der Infrastruktur ist. Das aber hat derzeit durchaus rechtliche Konsequenzen, wie die Debatte um NSA-Auslieferungsanträge für gespeicherte Daten, die auf von US-amerikanischen Unternehmen betriebenen Servern residieren, zeigt. Es hat aber auch Konsequenzen in der Frage, wer für die erheblichen Kosten fürs Systemmanagement aufkommen soll. Derzeit, so geben die globalen CIOs in Studien immer wieder zu Protokoll, fressen die Verwaltungsaufgaben bis zu drei Viertel des gesamten IT-Budgets. Schön, wenn sich das demnächst in die Cloud verflüchtigen würde.
Die Cloud ersetzt nicht den Mainframe, sondern die Software, die derzeit darauf läuft. Denn auch in den Data Centern der Cloud Provider wird mit Größtrechenanlagen gearbeitet – für viele Tausend Kunden gleichzeitig. Ein Mainframe in der Cloud ist immer noch ein Mainframe. Er ist nur irgendwie in die Wolken davongeflogen.