Die Illustration ist der Microsoft-Denkschrift "A Cloud for Global Good" entnommen.

Geschäft mit der German Angst

Es ist schon ein Jahr her, dass Microsoft angekündigt hat, seine deutschen Cloud-Aktivitäten in die treuen Hände der Deutschen Telekom zu geben. Drei Milliarden Dollar war Microsoft das zukünftige Cloud-Geschäft in Europa wert. Denn so viel investierten die Redmonder bisher, um Cloud-Services von Frankfurt und Magdeburg aus für die Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz anzubieten sowie über Dublin und Amsterdam auch für den Rest von Europa.

Drei Milliarden Dollar, die erst einmal wieder reinkommen müssen.  Seit 20 Tagen ist dieser smarte Move, mit dem sich das amerikanische Unternehmen dem direkten Zugriff US-amerikanischer Behörden zumindest regional entzog, nun Realität. Und um dieser Idee einer öffentlichen Cloud, die von Microsoft vermarktet, aber von der Telekom in Treuhand betrieben wird, den nötigen Schwung zu geben, stellten jetzt Microsofts CEO Satya Nadella und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges, ihr Lösungsangebot Vertretern aus Wirtschaft, Politik und den Medien vor. Denn es braucht wohl die vereinten Anstrengungen aller gesellschaftlichen Kräfte, um den Deutschen die Angst vorm Ausspionieren in der Cloud, vor Daten-und Kontrollverlust durch das Auslagern der Informationstechnik zu nehmen. Wenn überhaupt, so nutzen die Deutschen ihre ganz private Cloud, in der sie ihr eigenes, gegenüber der Außenwelt abgeschottetes „Wolkenkuckucksnest“ einrichten. So bleibt alles wie bisher, nur ein bisschen anders.

Doch die digitale Transformation reicht weiter als „ein bisschen anders“. Wenn wir unser Smartphone benutzen, um über Apps fremde Dienste in Anspruch zu nehmen, greifen wir auf öffentliche Cloud-Services zu. Viele Online-Shops sind als Hybrid-Lösung implementiert, bei der das Frontend – der eigentliche Kaufkatalog – öffentlich ist, das betriebswirtschaftliche Backend aber privat. Immer mehr Lösungsangebote der digitalen Startups sind jedoch lupenreine Services aus der öffentlichen Cloud.

Die Public Cloud wird die Veränderung unseres Lifestyles bringen und für Microsoft – und damit für die Telekom als Treuhänder – viel mehr Umsatz. Deshalb werden Anfang 2017 Office 365 und Mitte 2017 Dynamics 365 in die öffentliche Cloud verschoben.

Das allein wird aber nicht reichen. Microsoft braucht auch Partner, die mit eigenen Lösungen auf diesen Basistechnologien aufsetzen und damit eine dreifache Aufgabe erfüllen sollen: Erstens geht es um die Erweiterung des Lösungsangebots in der Cloud. Zweitens sollen die Partner die Geschäftsprozesse und Lösungswelten ihrer Kunden transformieren. Und dafür müssen Sie ihnen drittens die German Angst vor der Cloud nehmen. Für Microsoft bedeutet das: auch die Partner müssen erst einmal ihre German Angst gegenüber der Cloud ablegen.

Microsoft hat das erkannt. Deshalb wurde in Berlin eine Denkschrift für Wirtschaft und Politik vorgestellt. Konkrete Handlungs-Empfehlungen sollen dabei einen sicheren Weg in die Cloud aufzeigen. „Cloud Computing bietet die Antwort auf einige der größten Herausforderungen in der Welt“, sagte Brad Smith, Chef-Justiziar von Microsoft. „Doch wie so oft bei technologischem Fortschritt ergeben sich auch viele Fragen für die Gesellschaft.“ Dafür brauche es „ein ausgewogenes Paket aus politischen und technologischen Lösungen“. Gerade in Deutschland hat die Nutzung von Cloud-Diensten in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, wie eine Studie des Bitkom zeigt. Dennoch blieben Sicherheitsbedenken die größten Hürden für die Unternehmen. Es ist wie immer: Man kann die (German) Angst nicht abschaffen. Aber man kann sie besiegen. Vorher gibt es kein Geschäft.

 

Die Illustration ist der Microsoft-Denkschrift „A Cloud for Global Good“ entnommen.

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