200502 Gates

Corona and The Road Ahead

Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass Microsofts Gründer Bill Gates – damals noch im Amt – seine Vorstellungen von der technischen Revolution und dem „Information Superhighway“ in seinem Buch „The Road Ahead“ zusammenfasste. Darin beschreibt er unter anderem, wie er sein Haus in Washington mit erheblichen Investitionen in Verkabelung, Sensoren und Fernbedienungen in ein Smart Home umgerüstet hat. Was sich damals kaum jemand leisten konnte, kommt heute mit digitalen Assistenten wie „Hey, Google“ oder „Amazon Echo“ nahezu frei Haus.

Eine weitere Prognose in dem Buch bezieht sich auf das baldige Ende von physischen Büchern. 1995 war der Buchmarkt noch kaum durch digitale Medien unter Druck geraten und Liefergiganten wie Amazon waren gerade erst gegründet worden. Vor allem bei Lehrmitteln in Schulen sei Digitales dem klassischen Buch bei weitem überlegen, meinte Gates. Denn so ließen sich Lerninhalte besser transportieren und der Lernfortschritt besser verfolgen. Heute nutzen Lehrer und Schüler digitale Lernplattformen, um im Corona-bedingten Shutdown den Bildungsbetrieb trotzdem aufrecht zu erhalten.

Zur gleichen Zeit gründete Bill Gates die damals noch von seinem Vater geführte „William H. Gates Foundation“, aus der 1999 die „Bill and Melinda Gates Foundation“ hervorging. Ausgestattet mit einem Stiftungskapital von 36,7 Milliarden Dollar und mehr als 1300 Mitarbeitern verfolgt die Organisation im Wesentlichen drei Ziele: globale Gesundheit, globale Infrastrukturentwicklung und Bildung in den USA. In mehr als 100 Ländern wurden inzwischen Förderprojekte zur Bekämpfung von Krankheiten, Verbesserung der Landwirtschaft sowie gerechtere Teilhabe an Fortschritt, Bildung und Wohlstand unterstützt. Vor allem in die Entwicklung von Impfstoffen gegen Malaria, AIDS, Diphtherie, Kinderlähmung, Masern, Keuchhusten, Gelbfieber und Grippe flossen Milliarden. Zuletzt sponserte Gates die Entwicklung und Produktion von sieben Impfstoffkandidaten gegen Corona in der Hoffnung, dass einer oder zwei zum Erfolg führen.

Und vor fünf Jahren warb Bill Gates dafür, das globale Gesundheitswesen so auszubauen, dass schnelle Eingreiftruppen an die Ausbruchsstellen von Infektionen geschickt werden können und die nationalen Gesundheitssysteme auf eine Pandemie vorbereitet werden sollten. „Die größte Gefahr geht nicht von Raketen aus, sondern von Mikroben“, sagte er 2015 in einer Präsentation für „TED-Talks“. Es sei bemerkenswert, dass die Staaten in nationale Abwehrsysteme gegen Invasionen investierten, nicht aber im gleichen Maße gegen Infektionen. Im wissenschaftlichen Fachblatt „New England Review of Medicine“ ging Gates dann noch einmal in die Tiefe – aber dort wurde er nicht gehört.

Was den TED-Beitrag so gespenstisch macht, ist die bildliche Darstellung der Präsentation. Vor dem Bild eines Atompilzes sagte er: „Die Gefahr sieht nicht so aus, sondern so:“ und wechselte auf die Darstellung eines Corona-Virus früherer Generation als Covid-19. Diese pointierte Darstellung stellt ihn heute ins Zentrum einer absurden Verschwörungstheorie, nach der er nicht nur selbst die Entwicklung des Virus initiiert habe, sondern auch früher als andere über die Ausbreitung von Covid-19 informiert gewesen sei. – Eigentlich fehlt nur noch ein Bild von Gates im Fadenkreuz mit der Aufschrift „Hurensohn“.

„The Road Ahead“ ist in der Pandemie noch weit. In zahllosen Interviews bedauert Bill Gates heute die verlorene Zeit, in der das Gesundheitssystem auf eine Pandemie hätte vorbereitet werden können. Für die USA, die an diesem Wochenende bereits mehr als 70.000 Corona-Tote zu beklagen haben, sieht Gates noch schwierigere Zeiten kommen. Gleichzeitig investiert er eine Viertelmilliarde Dollar in die Jagd nach Impfstoffen und Therapien gegen Corona. Dass er möglicherweise auch an der Produktion von sieben Milliarden Impfstoff-Dosen verdienen könnte, ist nun ebenso Gegenstand einer weiteren Verschwörungstheorie wie die Unterstellung, auch von den Tracking-Apps, die nun weltweit in der Entwicklung sind, finanziell zu profitieren.

Gegenüber der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ plädierte Gates jetzt für „die deutsche Methode“. Im Interview, das in einer Übersetzung auch in der „Welt“ erschien, sagte er: „Ich bin in keinster Weise in diese Tracking-Technologie involviert und würde sogar sagen, dass die westlichen Länder ihren Regierungen keinen Zugang zu ihren GPS-Daten geben werden. In meinem Text weise ich auf die deutsche Methode hin (die darin besteht, dass jede infizierte Person persönlich aufgesucht wird, um so herauszufinden, mit wem er oder sie Kontakt hatte) und empfehle, sie ebenfalls anzuwenden.“

Vielleicht sollten wir uns doch allmählich daran gewöhnen, auf Bill Gates zu hören…

Ein Gedanke zu „Corona and The Road Ahead“

  1. Lieber Hein Paul
    wieder ein guter Beitrag, der mit Informationen vermittelte, die ich sonst kaum gefunden hätte ( oder nur mit hohem Aufwand) und noch einige Zusatzinformationen zu Bill Gates und seiner Haltung aufzeigt.

    Beste Grüße und bleib gesund Toni

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert