Seid Net zueinander!

Thomas de Maizière ist als Bundesinnenminister zuständig für das Internet. Dabei ist das Internet durchaus und vor allem ein Internationales Netz und damit irgendwie im Zuständigkeitsbereich des Außenministers zu verorten. Dass sich auch die Bundesjustizministerin regelmäßig mit den Weiterungen des Webs auseinanderzusetzen hat, liegt in der Natur des Netzes: Hinter jedem Link steckt stets auch eine Rechtsfrage. Und damit sich nirgendwo ein rechtsfreier Raum auftut, wird der Ruf nach gesetzlichen Regelungen für das Leben im Netz der Netze laut: Schutz vor Ausspähung, Ausbeutung, Ausstellung und Ausgrenzung.

Die Anwendung bestehenden Rechts geht vor der Verabschiedung neuen Rechts, sagt jetzt der Bundesinnenminister in einem Thesenpapier, das er – ganz Netminister – über das Internet zur Diskussion stellt (www.e-konsultation.de). Es ist schon erfrischend genug, dass hier ein Bundesminister das Internet nicht als Verlautbarungsorgan missbraucht, sondern die Segnungen der Community einzusetzen versteht.

Aber ebenso erfrischend ist das Eintreten für die freie Entfaltung im Netz – auf der Basis und im Bewusstsein gemeinsamer Werte. Es sind also nicht neue Gesetze, die wir zur Lösung der Konflikte im Internet benötigen, sondern gemeinsam getragene soziale Regeln, die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung fördern und fordern.

Wer sich im Netz tummelt, muss auch für die Kompetenz sorgen, die ihn vor dem Taumeln im Netz bewahrt. Gleichzeitig muss dem Netznutzer aber auch die „Verfügungsgewalt über den virtuellen Haushalt“ gewährt werden. Die Ausübung von Betroffenenrechten – Recht auf Auskunft, Recht auf Widerspruch – soll gestärkt werden. So werden die Voraussetzungen geschaffen, die Verantwortung zwischen Anbietern und Nutzern im Web gerecht zu verteilen.

Doch der Staat ist nicht nur Ordnungsmacht im Internet, der den Verkehr in der „Basisinfrastruktur unseres Zusammenseins“ regelt – er ist selbst Anbieter und Anwender zugleich. Staatliche Angebote im Netz müssen sich am Nutzen für Bürger und Wirtschaft orientieren. Entbürokratisierung durch Serviceorientierung, die Teilhabe an der politischen Willensbildung oder die Erfüllung des Kultur- und Bildungsauftrags sind Aufgabenfelder, in denen der Staat die Chancen des Internets besser nutzen muss.

Aber das Internet ist längst auch ein internationaler Wirtschaftsraum, für den und in dem Produkte und Dienstleistungen erbracht werden, aus den Milliardenkonzerne entstehen. Wo der Einzelne neben dem Big Player gleichberechtigt (aber nicht unbedingt gleich stark) agiert, gilt es Kernkompetenzen, „technologische Souveränität“ zu wahren und auszubauen. Forschen, Entwickeln und Unternehmen sind deshalb für den Internetstandort Deutschland Kardinalstugenden.

Im Internet ist niemand eine Insel. Der Bundesinnenminister wird die Thesen nicht nur mit den Deutschen diskutieren müssen, sondern – fast wichtiger noch – mit seinen Amtskollegen in der EU, bei den G20 und bei den Vereinten Nationen. Denn was für den Börsenhandel gilt, wo das Verbot von Leerverkäufen im nationalen Alleingang angesichts der internationalen Ausweichmöglichkeiten wirkungslos verpufft, trifft auf alle Internet-Angebote zu: Netzpolitik ist internationale Politik. Also doch was für das Auswärtige Amt?

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