Das Plus bei Google

20 Millionen Nutzer in nur drei Wochen – das ist doch was. Mit seinem neuesten Versuch, ins Soziale Netz einzudringen, hat Google bereits eine Reihe von Achtungserfolgen geschafft. Einer besteht darin, zwei Wochen nach dem Start bereits zehn Millionen User zu beherbergen, eine weitere Woche später waren es bereits 20 Millionen. Ob das Wachstum der (noch nicht einmal) Betaversion weiter so anhalten wird, wird Google wohl selbst steuern, denn bis auf weiteres gibt’s das Soziale Netz von Google nur auf Einladung.

Anfangserfolg Nummer Zwei ist die Reaktion von LinkedIn-Chef Jeff Weiner, der ein wenig voreilig das baldige Aus des neuen Konkurrenten vorhergesagt hat: Noch eine Soziale-Netz-Adresse benötige kein Mensch, der mit seiner Zeit noch etwas anzufangen weiß. Das wäre ja gerade so, als hätte man plötzlich mehr als 20 Fernsehprogramme. Oh, hoppla. Ich habe ja mehr als 20 Fernsehprogramme!

Anfangserfolg Nummer Drei sind die anerkennenden Urteile der Analysten, die mit den Google-Funktionen wie Herumhängen, Videomeetings, Freundeskreise etc. ein Plus gegenüber Facebook erkennen, während die durch Suchmaschinen gestützten Features wie „+1“ („Gefällt mir“ bei Facebook) oder Twitter-ähnliche Posts an die Google-Gemeinde das Beste der Konkurrenten übernehmen.

Anfangserfolg Nummer Vier aber ist die Unterstützung, die Google+ durch einen der mächtigsten Internet-Player erhält: Google selbst. Schon jetzt ist abzusehen, wie sich das Soziale Netz mit GoogleDocs, Kalender, Suchergebnissen, Maps und AdWorks zu einer umfassenden Beziehungs- und Bürosoftware zusammensetzt. Ein künftiges GoogleCRM nebst Auftragserfassung, Online-Shop und
-Katalog, Routenplanung und und und ist bereits am Horizont zu sehen. Auch die Einbindung von Smartphones und TabletPCs funktioniert bereits nahtlos. Es ist kaum wahrscheinlich, dass Larry Page der Versuchung widerstehen würde, hier eine alles umfassende Lösung anzubieten. Und warum sollte er auch.

Denn die Integration aller viralen Aktivitäten (muss ja nicht nur Marketing sein) könnte Google schneller schaffen als alle Konkurrenten. Da klingt es keineswegs unwahrscheinlich, dass die 700 Millionen Facebook-Freunde in absehbarer Zeit in Google-Circles eingekreist werden könnten. Eben erst hat sich Facebook dagegen zu wehren versucht, dass die Freundes-Listen einfach so per Mausklick zum Wettbewerbs-Account verschoben werden können. Doch die Erfahrung zeigt: Auch ohne Button zum „Freunde Mitnehmen“ bauen sich Freundeskreise unter echten Netzwerken in Rekordzeiten auf. Das liegt in der Natur der Digital Natives.

Aber geht es überhaupt noch um die Frage, welches Soziale Netzwerk das weltweit dominierende sein wird? Das Potenzial, das Google+ – selbst schon im Vorbeta-Stadium – andeutet, lässt ahnen, welcher Sturm demnächst durch den Werte-Wald im Web wehen wird: Wenn Netzwerke und Freundeskreise künftig alles und jedes im Internet bewerten und damit Suchergebnisse beeinflussen, Links forcieren und unterdrücken können, dann entsteht ein basisdemokratisches Verbraucher- und Interessens-Vertretungsorgan, dessen Dynamik vor keiner Funktion, vor keinem Produkt und vor keiner Meinung Halt machen muss.

Schließlich ist es vom „+1-Button“ zum „-1-Button“ nur noch ein kleiner Schritt. Während wir die Macht der Rating-Agenturen beklagen, die nicht nur Unternehmen, sondern inzwischen ganze Staaten dadurch trockenlegen, dass sie ihnen den Zugang zu Krediten durch Schlechturteile verwehren können, entsteht mit Google und Google+ eine Rating-Agentur für Life, the Universe and Everything.

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