„Es macht Spaß in einem Unternehmen zu arbeiten, das nicht mit Microsoft in Konkurrenz steht.“ Das sagte der damalige Google-CEO Eric Schmidt vor ziemlich genau zehn Jahren. Jetzt, als Google-Verwaltungsrat, wünscht er sich diese wunderbare Situation zurück. Dabei könnte seine Situation misslicher sein. Denn Microsoft ist – zumindest im Urteil des IT-Veterans – eine gut geführte Firma… – die es jedoch nicht schaffe, State-of-the-Art Produkte auf den Markt zu bringen.
Das habe sich für die Company aus Redmond solange nicht negativ ausgewirkt, wie das „strukturelle Monopol“ (Schmidt) rund um das Desktop-Betriebssystem Windows funktionierte. Dort, meint Schmidt, werde es auch weiter anhalten. Bei den mobilen Endgeräten jedoch funktioniere das bekannte Microsoft-Monopoly nicht. Hier herrschen andere Regeln. Und die beherrschen Google und Apple besser – in bester Rivalität.
Doch dieses strukturelle Dilemma will Microsofts Boss Steve Ballmer nun durchbrechen – und die Windows-Company zu einer Dienstleistungs- und Endgeräte-Firma umschmieden. „Service and Device“, das ist der IT-Doppelbeschluss, mit dem Ballmer die „Viererbande“ aus Apple, Google, Amazon und Facebook überholen möchte – oder ihr fünftes Mitglied werden will. Denn im Web der vierten Dimension heißen die Machtpositionen Einzelhandel (Amazon), Kommunikation (Facebook), Inhalte (Google) und Lifestyle-Device (Apple). Was fehlt, wäre die Machtposition „Productivity“, die Microsoft für sich reklamieren könnte.
Denn unter diesem Rubrum verdient Microsoft Geld – das machte CEO Steve Ballmer jetzt in einem mächtig verklausulierten Brief an seine Anteilseigner (eben nicht so richtig) deutlich. Worüber er im Wesentlichen schrieb, war der Wille im mobilen Markt zu reüssieren, indem Windows 8 auf allen Plattformen die erste Wahl werden soll. Und um dies zu beschleunigen, setzt Microsoft auf die eigene Hardware-Produktion für die angekündigten Surface-Produkte. Der damit vom Zaun gerissene Streit mit den Hardware-Partnern war offensichtlich wohl kalkuliert. Denn nach den ersten Lamenti folgt nun der Ehrgeiz: Die Hardware-Partner wollen (und werden) bessere Windows-8-Endgeräte auf den Markt bringen als der Hardware-Newcomer Microsoft.
Aber was will Microsoft mehr als einen Wettbewerb der besten Windows-8-Devices? Es wäre kaum zu empfehlen, Apples Solisten-Status zu kopieren, während sich der Vorsprung für iPhone und iPad marginalisiert. Microsoft wird Apple nicht kopieren – auch wenn es sich so anhört.
Schon die Zahlen, die Eric Schmidt liefert, sprechen dagegen. Täglich, so gab er bekannt, werden 1,3 Millionen Android-Devices aktiviert. Täglich! – Das stellt die keineswegs schlechten Apple-Zahlen in den Schatten. Auf jedes iOS kommen demnach vier Androids.
Beide Verkaufszahlen hingegen marginalisieren die bisherigen Erfolge von Windows 8. Das ist der Grund, warum Ballmer bei der Hardware jetzt Hardball spielt. Das ist der Grund, warum er die Company auf Services and Devices trimmt. Das ist die Kunst, die zur Gunst der Shareholder führt. Aber denen hat Ballmer in seinem Schreiben auch deutlich zu machen versucht: Das Geld verdienen wir (noch) woanders – in unserem „strukturellen Monopol“. Es wird nicht ewig dauern, aber noch lange.
Am Ende wird es vielleicht auf eine ganz andere Consumer-Entscheidung hinauslaufen. Nicht das stylischste Smartphone, nicht das beste Betriebssystem, sondern die Frage: Auf welchem Endgerät läuft das alt-vertraute Microsoft Office am besten? Im März 2013 wird es Office-Apps für den iPad geben. Auch ein Android-Office steht an. Und ein Surface Office sowieso.
Am Ende wiederholt sich die Geschichte: Es ist nicht das Gerät, es ist die Killer-Anwendung, die über den Markt entscheidet. Und da gibt es vier bis fünf Kandidaten, die derzeit Hardball spielen: Kommunikation, Einzelhandel, Inhalt, Lifestyle oder eben doch Produktivität.