In der Technik bezeichnen wir ein System, das aus (mindestens) zwei unabhängigen Technologien besteht, als Hybrid. Leider ist im Autobau der Begriff schon für die Kombination zweier Antriebsysteme vergeben – treffender wäre es freilich, wenn eine Mischung aus Automobil und Smartphone ein Hybrid wäre. Denn genau das machte diese Woche auf der aktuellen CES-Show in Las Vegas vor allem Furore – ebenso wie bei vielen anderen Geräten, bei denen neben ihren klassischen Funktionen nun immer öfter software-getriebene Features hinzukommen.
Hybrid oder Crossover ist der wahre Game-Changer in praktisch jeder Industriesparte. Wenn Sony zum Beispiel sein erstes Auto vorstellt, dann ist das zwar möglicherweise kaum mehr als ein Messegag. Aber beim Sony Vision-S kommt es wohl kaum darauf an, ein Auto für den Weltmarkt zu produzieren, sondern vielmehr einen fahrbaren Untersatz für die Multimedia- und Telekommunikations-Features, mit denen Sony künftig Autos ausstatten will. So stand´s auch auf dem Hinweisschild am Sony-Stand in der Haupthalle, wo weniger Autobauer, sondern vielmehr Unterhaltungselektroniker ausstellen: „This prototype vehicle is intended to illustrate our potential future concepts.“
Nun kommt ja tatsächlich Hybrid vom griechischen Hybris, also Anmaßung, ehe es durch das lateinische Wort für Mischling zu einem Bedeutungswechsel kam. Und als eine Anmaßung mag es aus Sicht der Etablierten der Automobilindustrie immer noch scheinen, wenn Branchenfremde sich im Autobau versuchen. Und in der Tat: Apple hat sein Megaprojekt Titan inzwischen neu ausrichten müssen. Tesla kämpfte lange mit Fertigungsproblemen. Und auch der chinesische Autobauer Byton musste inzwischen seine Elektromobilpläne modifizieren. Aber alle diese Branchenfremden und viele weitere Start-ups werden mit Hybriden und Crossovers in den soeben angebrochenen zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts die Unterschiede zwischen „Cars, Electronics und Software“ verwischen. Es könnte das neue Motto der CES werden.
Beim vorgestellten Sony Vision-S könnte tatsächlich das S für Software stehen. Denn während auf des CES „nur“ ein teilautonomes Fahrzeug auf dem Level 2 gezeigt wurde, will Sony das voll vernetzte Fahrzeug künftig mit kontinuierlich aktualisierter Software versorgen, die irgendwann ein vollautonomes Fahren nach Level 4 ermöglichen soll. Und das ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Geschäftsmodell, das Sony im Automotive-Sektor verfolgt: wie beim Smartphone oder der Spielkonsole werden die Software-getriebenen Features einfach laufend aktualisiert. Vom Abo-Modell bis zum Pay-Per-Use ist da jedes Bezahlmodell möglich.
Das wird freilich nicht am eigenen Fahrzeug realisiert, sondern an den massenhaft produzierten Fahrzeugen der etablierten Anbieter. Die wollen das Geschäft mit der Software allerdings selbst machen. Doch die tun sich überraschend schwer beim Umstieg aufs elektrisierte, vernetzte und teilautonome Fahren. Auch das machte die CES überdeutlich. Denn Daimlers Cyborg-Fahrzeug AVTR – eine Anspielung auf den Sci-Fi Film „Avatar“ – soll ebenfalls als Konzeptstudie zeigen, wohin die Automobil-Reise gehen soll. Zwar kündigt Daimler an, dass einige Features des AVTR in absehbarer Zeit in der S-Klasse verfügbar seien sollen, doch viel mehr als ein Messegag ist das auf vier Bällen statt auf klassischen Pneus rollende Dings nicht. Es ist damit kaum gelungen, die schlechten Testergebnisse des Mercedes EQC zu verwischen.
Die „Car-Electronics-Software“-Show CES hat deutlich gemacht, dass die Produkte immer häufiger hybride Kombinationen unterschiedlicher Technologien werden. Zwei Technologien waren übrigens praktisch immer dabei: Cloud Computing und künstliche Intelligenz. Beide sind inzwischen schon Selbstverständlichkeiten im hybriden Technologie-Mix.