200414 Dollars

Big Spender

Was ist schon eine Milliarde Dollar in einer Zeit, in der Billionen bereitgestellt werden, um die Welt zu retten? Und wenn diese eine Milliarde 28 Prozent des eigenen Vermögens repräsentiert? Jack Dorsey, Co-Founder des Micro-Blogging-Service Twitter hat vergangene Woche diese Summe für eine neue Stiftung – Start Small LLC – reserviert, um erstens einen Beitrag im Kampf gegen das Corona-Virus zu leisten, zweitens die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens zu unterstützen und drittens die Ausbildung von Mädchen zu fördern. Um die Spendensumme zusammenzubekommen, will Jack Dorsey Anteile an dem von ihm geführten mobilen Bezahldienst Square verkaufen.

Bereits kurz zuvor hatte Dorsey 100.000 Dollar an „America´s Food Fund“ gespendet, der sich zum Ziel gesetzt hat, die ärmeren Teile der US-amerikanischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Der Fund geht auf eine Initiative von Leonardo DiCaprio und der Witwe von Steve Jobs, Laurene Powell Jobs, zurück. Apple und die Ford Foundation haben ebenso zur Finanzierung der „Tafel-Runde“ beigetragen wie die Talk-Diva Oprah Winfrey. Der Fonds nimmt sich allerdings im Vergleich zu Dorseys eigener Stiftung noch vergleichsweise zwergenhaft aus – mit einer Ausstattung von derzeit zwölf Millionen Dollar.

Doch Maßnahmen wie diese sind notwendig in einem Land, in dem die sozialen Sicherungsmaßnahmen weniger ausgeprägt sind als beispielsweise in Deutschland. Hier wurde schon früh ein Rettungsschirm für Unternehmen und Solo-Selbständige geschnürt und Kurzarbeitergeld in Milliardenhöhe bereitgestellt. In den USA sind zwar inzwischen durch die FED zusammengenommen mehr als vier Billionen Dollar für vergleichbare Rettungsmaßnahmen bereitgestellt worden. Doch zeitgleich sind innerhalb von drei Wochen 16 Millionen Menschen in die Arbeitslosigkeit entlassen worden. Das entspricht übrigens ungefähr der Zahl der Millionäre und Milliardäre in den Vereinigten Staaten.

Zwar erhalten im Rahmen des Hilfsprogramms CARES rund 80 Prozent der Amerikaner direkte Zahlungen von bis zu 1200 Dollar und 500 Dollar pro Kind – doch ist jetzt die Zeit der großen privaten Spender gekommen, die mit ihrem Vermögen auch dort einspringen, wo die Hilfen des Staates nicht ausreichen. Beispiele gibt es genug: Amazons Gründer Jeff Bezos beispielsweise hat 100 Millionen Dollar in Tafel-Organisationen gesteckt, um den Notleidenden in den USA zu helfen. Apples CEO Tim Cook veranlasste den Kauf von 20 Millionen Mundschutzmasken für das amerikanische Gesundheitssystem.

Der vielleicht bekannteste und markanteste „Big Spender“ ist der Microsoft-Gründer Bill Gates, dessen philanthropische Ambitionen in der Bill and Melissa Gates Foundation gebündelt werden. Aus diesem Engagement heraus sollen nun Produktionsstätten für die sieben aussichtsreichsten Impfstoff-Kandidaten finanziert werden – „auch wenn wir nachher nur zwei von ihnen auswählen werden“. Gates setzt darauf, dass zwei der sieben Kandidaten erfolgreich sein werden, auch wenn jetzt noch nicht abzusehen ist, welche der sieben es sein werden.

Bill Gates begründet sein Engagement auch damit, dass er und die Foundation schneller reagieren können als es die US-amerikanische Bundesregierung könne. Das war noch nicht einmal als Spitze gegen den lange Zeit untätigen Präsidenten Trump gedacht, sondern vielmehr als Analyse, dass Regierungsorganisationen grundsätzlich langsamer agieren und weniger zielgenau operieren. Doch in den USA wächst auch Kritik an den philanthropischen Engagements: Wer jetzt seine Macht unter Beweis stellt, könnte sie nach der Krise auch weiterhin einlösen.

Ganz anders die Diskussion in Deutschland, wo – wieder einmal – eine Reichensteuer oder zumindest eine einmalige Vermögensabgabe gefordert wird. Das „Lieblingsspielzeug der Linken“ (so titelte das Wirtschaftsmagazin Cicero) würde allerdings vor allem diejenigen treffen, die ohnehin hierzulande Steuern zahlen und 60 Prozent aller Arbeitsplätze schaffen – nämlich die Eigentümer von beinahe drei Millionen Familienunternehmen.

Die meisten sind kaum bekannt – anders als Ikonen wie etwa SAP-Gründer Dietmar Hopp, der dem Großteil der Bevölkerung ausschließlich durch die Finanzierung des Bundesligaclubs TSG 1899 Hoffenheim bekannt ist, statt mit seinem philanthropischen Engagement. Oder Ralph Dommermuth: der Gründer von 1&1 beziehungsweise United Internet hat mit seiner Ralph und Judith Dommermuth-Stiftung ganz wesentlichen Anteil an der Integrations-Initiative „Wir zusammen“. Doch anders als in den USA, wo die Devise „Tue Gutes und rede darüber“ fest in der gesellschaftlichen DNA verankert ist, operieren die deutschen Big Spender eher im Verborgenen. Aber es gibt sie.

Und doch sollten die großen Philanthropen stärker aus dem Schatten treten – gerade in Zeiten, in denen vielen das Wort Solidarität so leicht von den Lippen geht. Ihnen gilt meine Anerkennung und mein Dank, dies aber ebenso wie den zahllosen Helfern, die unser Gesundheitswesen und unsere Versorgung in schwierigen Zeiten aufrechterhalten. Gerade zu Ostern sollte uns bewusst sein: Solidarität ist die politische Form der Nächstenliebe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert