Zink plus Vitamin C

Wer im Biologieunterricht aufgepasst (oder später die Gesundheitstipps in den Illustrierten verfolgt) hat, weiß, dass Zink wichtig fürs Wachstum ist. An rund 300 Stoffwechselfunktionen ist das Spurenelement beteiligt.

 Zink hat in Deutschland einen Namen – einen Familiennamen: Grillo. Es ist eines der Vorzeigeunternehmen des deutschen Mittelstands, familiengeführt, traditionsbewusst, sozial engagiert und dabei innovativ und wachstumsorientiert. Dass mit Ulrich Grillo jetzt wieder ein Vertreter eines Familienunternehmens den Bundesverband der Deutschen Industrie als Präsident anführt (wie zuvor bereits Jürgen Thumann), ist ein gutes Signal für die mittelständisch geprägte Unternehmerschaft. Wobei hiermit ausdrücklich kein nachträgliches Misstrauensvotum gegen den ehemaligen Hochtief-Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Keitel, der das Amt des BDI-Präsidenten seit 2008 innehatte, ausgesprochen sein soll.

 Hans-Peter Keitel, der nicht noch einmal für eine weitere Amtszeit kandidieren wollte, übergibt das Präsidentenamt nicht nur in einem Bundestagswahljahr an seinen 53jährigen Nachfolger, sondern auch in einer Zeit der großen, bevorstehenden Paradigmenwechsel. Die Energiewende beispielsweise ist beschlossene Sache – aber umgesetzt ist sie nicht einmal in Ansätzen. Die Haushaltskonsolidierung ist eine in Angriff genommene Aufgabe – aber die Anstrengungen bleiben im Dschungel von Euro-Rettung und Schuldenkrise stecken.

 Dabei setzt Ulrich Grillo bei seinen Antrittsbesuchen – auch innerhalb der 38 zum BDI zusammengefassten Branchenverbänden – richtige Stichworte, wenn er das schöne Wort von der „Zukunft der Industrie“ und der „Industrie der Zukunft“ verwendet. Längst haben wir für den Werte- und Wirkungswandel in der Industrie das Anhängsel „4.0“ gefunden, als handele es sich um ein irgendwie zusammengefasstes neues Release eines bewährten Produkts. Aber „Industrie 4.0“ ereignet sich nicht irgendwann zu einem Stichtag mit Update-Funktion auf Knopfdruck, sondern entwickelt sich allmählich. Von innen heraus, nicht von oben herab.

 Von innen heraus – das bedeutet zum Beispiel eine aus der Mischung aus Innovationskraft und Beharrungsvermögen heraus entstehende „zerstörerische Kreativität“, die – es wurde mal wieder langsam Zeit, das in Erinnerung zu rufen – den Mittelstand im Schumpeterschen Sinne auszeichnet. Dieser Mechanismus braucht keine Effizienzrichtlinie der EU „von oben herab“, um Energiesparmaßnahmen einzuleiten. Da reicht, so sagte es Ulrich Grillo der FAZ, schon die gesunde Gewinnorientierung der Unternehmen.

 „Industrie 4.0“ wird sich in vielen Einzelschritten ereignen. Der neue Präsident hat dabei zu erkennen gegeben, wie sehr ihm bewusst ist, dass der Informationswirtschaft hier eine ganz entscheidende Rolle als Enabler und Querschnittstechnologie zukommt. Mehr Prozessorientierung, mehr Effizienzstreben, mehr Nachhaltigkeit und weiterhin hohe Innovationskraft bilden das Antriebssystem dorthin. Sie sind das Gerüst der Sozialen Marktwirtschaft, das mit Ulrich Grillo einen eloquenten, einen vertrauten und einen vertrauenswürdigen Repräsentanten hat.

 Informationstechnik und Telekommunikation sind sozusagen „Zink plus Vitamin C“, das den Stoffwechselprozess in der Industrie befördert. Und wenn – wie beim werbewirksamen Nebenprodukt „Grillo-fit“ – Zink mit Vitamin C gereicht wird, steht eine gesunde Wirtschaft ins Haus.

Mehr Mittel im Mittelstand

Die deutschlandweiten Mittelstands-Indizes weisen alle in eine Richtung – leicht nach oben. Und das Signal stimmt eindeutig positiv: Der Mittelstand wird im ersten Quartal 2013 und voraussichtlich auch danach; mehr Mittel für Informationstechnik und Telekommunikation bereitstellen. So prognostiziert der IT-Mittelstandsindex von techconsult, dass die IT-Investitionserwartungen für die nächsten drei Monate so hoch sind wie zuletzt 2011. Dabei besteht ein direkter Umsatz mit dem im Mittelstand erzielten Umsatz: Weil die kleinen und mittleren Unternehmen mit guten Umsatzergebnissen aus dem Jahr 2012 gekommen sind, starten sie jetzt mit offenen Taschen ins Jahr 2013.

Der positive Trend wird im nunmehr rot-grünen Hannover spätestens zur CeBIT sichtbar: Denn unter dem Motto Shareconomy werden dort jene Hightech-Produkte präsentiert, von denen sich der Mittelstand besondere Impulse für das Wachstum der kommenden Zeit verspricht. Völlig überraschend steht nach einer Bitkom-Umfrage erstmals „Big Data“ in die Spitzengruppe auf der Einkaufsliste des Mittelstands. Lange Zeit haben sich die kleinen und mittleren Unternehmenslenker auf ihr Bauchgefühl verlassen, wenn es darum ging, die aktuelle Situation in der Firma und im Markt zu analysieren. Nach den zurückliegenden Krisenjahren hat der Mittelstand aber offensichtlich erkannt, dass sie ohne Business Analytics leichter den Überblick verlieren. Und in der Tat: Auch Business Intelligence steht ganz oben auf dem Wunschzettel.

Während der Mittelstand bei BI und Big Data dem klassischen Vorurteil entspricht, wonach kleine und mittlere Unternehmen erst einmal ein halbes Jahrzehnt abwarten, ob ein Technologietrend tatsächlich den verheißenen Nutzen bringt, haben Mobilitätsthemen sofort ihre Akzeptanz gefunden. „Bring your own Device“ und mobile Anwendungen sind heiße Investitionsthemen für den Mittelstand.

Interessant ist auch, dass dabei die Wahlfreiheit zwischen Services aus der Cloud und Softwarelösungen vom eigenen Server erhalten bleiben soll. Damit wird deutlich, die Ressentiments gegenüber der Cloud klingen allmählich ab und weichen einem mittelstandsüblichen Pragmatismus. Cloud und Hybrid soll in diesem Jahr bei drei von vier Investitionsentscheidungen in Frage kommen.

Dabei, so meint Bitkom-Präsident Prof. Dieter Kempf jetzt gegenüber der Wirtschaftswoche, kann die positive Investitionsneigung in Deutschland zu neuem Schwung auch innerhalb von Europa führen. Gerade das hierzulande besonders gut ausgeprägte Bewusstsein für IT-Sicherheit und Datenschutz sei eine der Stärken. Es sei an der Zeit, hier europaweit zu einem gemeinsamen Verständnis und damit auch zu einem einheitlichen Regelwerk zu gelangen, das nicht zuletzt auch die Position gegenüber den USA stärken könnte.

IT-Sicherheit gehört laut Kempf zu einen der Eckpfeiler in der Vision von der „Industrie 4.0“, die eine Vielzahl europäischer Tugenden zusammenfasst: Prozessoptimierung,   mobiles Internet und Internet der Dinge und nicht zuletzt die Innovationsbereitschaft im Mittelstand. Um dies weiter zu stärken, fordert Kempf bessere Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen und mehr Planungssicherheit für Firmengründer.

Doch möglicherweise wird in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres ein weiterer Trend die Kräfteverhältnisse und Investitionsneigungen noch einmal deutlich durcheinander wirbeln. Dann erwarten Auguren nämlich eine Belebung der Investitionstätigkeit in den USA. Und dann werden noch mehr Mittel frei – auch im Mittelstand.

Controlling ist gut, Vertrauen auch

Aus dem Markt für ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) ist die Luft raus – das zumindest ist die gängige Meinung von Marktbeobachtern. Bei den klassischen Aufgaben – Einkauf, Produktion, Verkauf – sehen in der Tat nur wenige der Analysten heute noch Optimierungspotenziale. Denn wir haben doch schon alles gehabt: Computer Integrated Manufacturing für die Prozessoptimierung in der Fertigung, eProcurement für die Verzahnung von Angebot und Nachfrage im Einkauf, und natürlich Sales Force Automation und Customer Relationship Management für die Unterstützung im Verkauf.

In der Tat: Die Kernprozesse im deutschen produzierenden Mittelstand sind bereits so durchorganisiert, dass hier kaum noch nennenswerte Verbesserungen erwartet werden. Nur 42 Prozent der von der GUS Group zusammen mit euromarcom befragten mittelständischen Manager erwarten beispielsweise noch Kapazitätseinsparungen, die durch den ERP-Einsatz erreicht werden können. Dafür aber rechnen vier von fünf Befragten damit, dass ERP-Systeme die Unternehmensprozesse insgesamt effizienter gestalten helfen und beschleunigen. Bereits an Platz zwei ist die Erwartung anzutreffen, dass der ERP-Einsatz zu einer Verbesserung des Reportings führt.

Kein Wunder also, dass neun von zehn Befragten deshalb heute das Controlling als den wichtigsten Einzelbereich einer ERP-Suite ansehen – dicht gefolgt von Analysefunktionen zur Auswertung von Key Performance Indikatoren.

Damit hat sich der strategische Schwerpunkt heutiger Unternehmenslösungen deutlich verlagert: Während noch in den letzten Jahren vor der Jahrtausendwende vor allem die Geschäftsprozesse in der Produktion und Distribution im Zentrum der Aufmerksamkeit liegt, scheinen die Hausaufgaben rund um den Materialfluss inzwischen erledigt zu sein. Jetzt geht es darum, die Informations- und vor allem Wertflüsse im Unternehmen besser unter die Lupe zu nehmen. Die Ressourcen, die heute geplant und optimiert sind, sind Zeit und Geld – so banal das auch klingen mag

Tatsächlich sind mit diesem Wertewandel allerdings alles andere als banale Herausforderungen für ERP-Anbieter und Berater verbunden. Die Zahlen, die heute zur Analyse der aktuellen Unternehmenssituation herangezogen werden sollen, werden aus den ERP-Lösungen oftmals gar nicht bereitgestellt. Nur ERP-Suiten mit integriertem Finance und Controlling, mit Werkzeugen für Business Analytics sowie zur Planung und Simulation künftiger Produkt- und Marktstrategien können den aktuellen Anforderungen tatsächlich genügen.

In seiner Erwartungshaltung ist der Mittelstand längst so anspruchsvoll wie globale Konzerne, die ganze Stäbe für Planung und Analyse einsetzen. Der Mittelstand freilich ersetzt Stabfunktionen in der Regel durch Flexibilität – und die muss auch das ERP-System leisten. Workflow-Engines, die im Kern die Prozesse des Unternehmens steuern, geben einerseits Sicherheit, dürfen andererseits aber den stetigen Veränderungsprozess nicht beeinträchtigen. Hard codierte Prozessschritte erweisen sich da schnell als Mühlstein am Hals des Mittelstands.

Dessen Erwartungen sind freilich hoch: Knapp 60 Prozent der Befragten Mittelständler – in der Regel aus Unternehmen bis 1000 Mitarbeitern – sind mit ihrem ERP-System nicht und nur wenig zufrieden. Lediglich vier Prozent konnten sich vorstellen, die Geschäftsprozesse so zu ändern, dass sie zum Standardablauf des eingesetzten ERP-Systems passen. Dagegen erwägen zwei Fünftel der Befragten, in naher Zukunft ein neues ERP-System einzuführen. Mehr als die Hälfte der Unzufriedenen ziehen dabei einen Anbieterwechsel in Betracht.

Das Anforderungsprofil für den neuen ERP-Anbieter ist dabei klar: aufbauend auf den klassischen Prozessen zum Materialfluss müssen sie vor allem in den werteorientierten Disziplinen brillieren: Rechnungswesen, Business Analytics, Controlling. Hier setzen die Anbieter auch auf Vertrauen und den direkten Draht zum Lieferanten. Drei Viertel der mittelständischen Manager wollen alles aus einer Hand: Betreuung, Bedarfsermittlung und Implementierung durch den Softwarehersteller. Lediglich ein Viertel will zur Kontrolle noch einen externen Berater einsetzen. ERP ist eine Frage des Vertrauens – aber mit Controlling.

CESons Greetings

Der außerordentlich milde Winter in Europa vergällt einem einen der schönsten Gründe, zur Consumer Electronics Show nach Las Vegas zu fahren: Wenn in Deutschland hier und da die Biergärten geöffnet haben, gibt es kaum noch einen nennenswerten Temperaturunterschied zum Wüstenklima in Nevada.

Aber es gibt ja noch einen zweiten Grund, warum Technikfreaks die CES im Januar nicht auslassen sollten. Dank der unübersehbaren Abwesenheit von Apple und Microsoft kann man sich mal auf die schönen Nebensächlichkeiten der elektronisierten Welt stürzen: Hausgeräte, HiFi, TV, Autos, Kameras.

Ja, natürlich auch Smartphones und Tablets unter Android – zum Beispiel von Samsung oder Sony. Aber darüber zu schreiben, macht erst nach den nächsten Announcements von Apple und Microsoft wieder Spaß.

Es ist ja nun ein schöner Gemeinplatz, wenn man feststellt, dass nahezu alles, was der Mensch heutzutage herstellt, durch Elektronik zusätzliche Funktionen erhält – und damit auch für kurze Zeit einen Wettbewerbsvorteil. Aber wenn eines auf diesen 33 Fußballfeldern deutlich wird, die die diesjährige CES umfasst, dann ist es die unglaubliche Diversität, die Consumer Electronics inzwischen darstellen – Elektronik ist immer und überall. Noch das geschmackloseste Kuscheltier hat irgendwo Intel Inside – oder einen anderen Chiphersteller.

Aber es gibt Gemeinsamkeiten – sozusagen einen globalen Trend: Keine Elektronik ohne die drei großen C: Content, Connectivity, Community. Es scheint, als wollten die CES-Aussteller beweisen, dass der neue IPv6-Standard für 3,4 mal 10 hoch 38 Adressen möglichst bald ausgeschöpft werden sollte. Doch keine Sorge: Der Adressraum ist groß genug, um jeden Quadratmillimeter der Erdoberfläche mit 665 Billiarden IP-Adressen zu versehen. Diese Dichte wird auf dieser CES doch noch bei weitem verfehlt.

Dennoch zeigt sich, dass die wichtigsten Zusatzfunktionen inzwischen aus der Cloud kommen.  Kameras mit Geodaten, TVs mit Web- und Touchzugang, und sensorbeladene Fahrzeuge – sie alle erhalten zusätzliche Lebensfunktionen durch die Interaktion mit der Webgemeinde und die Kommunikation mit Info-Plattformen. Nichts, was nicht binnen Sekundenbruchteilen der ganzen Welt bekanntgegeben werden könnte.

Und irgendwie hat man ja drauf gewartet: Das einzige, was Tablets bisher nicht konnten war – völlig überraschend – Telefonieren! Mit den Phablets (Phone and Tablet) ist dieser Gebutsfehler nun endlich behoben. Gleichzeitig zeigt sich aber auch der gegenläufige Trend: Wenn Tablets alles können, warum dann nicht ein Mobile Phone bauen, das nichts anderes kann als genau das: Telefonieren.

Ähnlich verläuft die Konversion zwischen TV und PC – und damit der Stellungskrieg zwischen Wohnzimmer und Arbeitszimmer. Ob Set-Top-Boxen den Fernseher cloudfähig machen oder ultrahochauflösende Bildschirme den PC fernsehbrillant ist noch lange nicht entschieden. Da werden noch einige CESons ins Land gehen, ehe dieser Krieg der Konzepte entschieden ist.

Inzwischen freuen wir uns an niedlichen Displays, die man biegen kann ohne sie zu brechen. Rollen freilich kann man die weichen Screens noch nicht, falten schon gar nicht. Aber es ist immerhin ein Anfang.

Schöne Wintergrüße von der CES wünscht Heinz-Paul Bonn – CESons Greetings