Share dich zum Glück

Nachrichten über stürmische Aufschwünge bei Internet-Startups erzeugen ja immer noch eine kurze Panikattacke aus der Erinnerung an die plötzlich geplatzte Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende. Aber wenn wir was gelernt haben aus dieser Zeit des Wild Wide Web, dann das: Bei neuen Geschäftsideen achten Investoren heute mehr auf Substanz als auf Brillanz. Und sie stellen sicher, dass die Gründer genügend Managementpraxis und eine profunde Kenntnis von betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen haben.

Trotzdem wurde das Geschäftsmodell der „Shareconomy“, wo Mehr erst durch Teilen entsteht, lange Zeit argwöhnisch beäugt. Doch inzwischen gehört Teilen zu den Beschleunigern unter den Wachstumsmodellen. Und wie: 17 Startups identifizierten jetzt die Analysten von VBProfiles, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden. Das älteste, eBay, durchbrach bereits 1998, drei Jahre nach Gründung, die Milliardengrenze, überlebte gestärkt die Dotcom-Krise und wird heute mit mehr als 71 Milliarden Dollar bewertet. Der Taxi-Konkurrent Uber ist seit 2013 (ebenfalls nach drei Jahren) mehr als eine Milliarde Dollar wert (inzwischen 40 Milliarden) und Wohnraum-Vermieter Airbnb schaffte den Durchbruch 2011 – heutiger Marktwert: zehn Milliarden Dollar.

Alle drei Karrieren stützen den Mythos vom ewig erfolgreichen „Silicon Valley Dweller“, der nur ein paar Investoren für seine Ideen gewinnen muss, ehe er mit seinem Startup durchs Dach schießt. Dass dieser Mythos ebenso wahr wie falsch ist, erlebten jetzt die Teilnehmer der hochkarätig besetzten German Silicon Valley Week, in der der deutsche Startup-Verband Jungunternehmer und Politiker mit Gründern, Weltunternehmen, Investoren und Managementgurus im Tal der unbegrenzten Möglichkeiten zusammenbrachte. Für Wirtschaft und Politik gleichermaßen interessant ist es zu sehen, wie Investoren, Mentoren und Inkubatoren im Valley in einer „Shared Economy“ zusammenarbeiten, um immer neue Firmengründungen mit einer schnellen Exit-Strategie und damit einer attraktiven Rendite für die Geld- und Ratgeber auf den Weg zu bringen. Der Marktführer dort, Y Combinator beispielsweise, hat derzeit Aktienanteile an Startups mit einem Gesamtvolumen von 14 Milliarden Dollar unter Vertrag.

Es sind vor allem die handfesten Stützungsmaßnahmen, die die Jungunternehmer in Begleitung der Parlamentarischen Staatssekretärin Brigitte Zypries, motivierten.Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt beispielsweise seit fast vier Jahren deutsche Startups beim Auftritt auf dem US Markt. „500 startups“ zeigte den Besuchern auf, wie sie die erste und zweite Finanzierungsrunde organisieren. Wie sehr der Startup-Markt gegenwärtig aufgeheizt ist, machte „E Venture“ deutlich, die knapp eine Milliarde Dollar an Gründergeldern managen. Dort rechnet man mit einer baldigen Marktkorrektur und zielt deshalb weniger auf schnelle Exit-Strategien als auf langfristige Strukturen. Auch Ernst&Young setzen mit ihrer auf Beratung ausgelegten Gründerinitiative vor allem auf eine langfristige Planung.

Im deutlichen Gegensatz dazu stehen die zum Teil vollmundigen, wenn nicht vorlauten Lebensäußerungen vieler Jung-Entrepreneure, die wir besuchten. Sie wirkten oftmals übertrieben selbstbewusst, ja geradezu naiv. Aber unter der Sonne Kaliforniens hält sich eine sagenhafte Unbeschwertheit, die sich auch dadurch nährt, dass gescheiterte Gründer immer noch einen Top-Job bei jenen erhalten, die durchgekommen sind. Denn – auch das wurde deutlich – trotz eines schier unerschöpflichen Nachschubs an IT-Einsteigern herrscht im Silicon Valley ebenso Mitarbeitermangel wie in Berlin, München oder Hamburg.

Dabei geht es nicht darum, die überhitzte Atmosphäre des Silicon Valleys nach Deutschland zu holen. In vielen Diskussionen am Rande der German Silicon Valley Week wurde vielmehr deutlich, dass ein „deutscher Weg zu mehr Gründergeist“ keine Kopie des US Way of Life sein muss. Gerade Unternehmen wie die Deutsche Bank, die künftig jährlich bis zu 500 Geschäftsideen von Startups testen will, oder die Labs von SAP, in denen weltweit nach vielversprechenden Partnern gesucht wird, zeigen, dass sich die deutsche Starthilfe für Firmengründer längst formiert hat.

Dabei ist die Startup-Szene selbst eine „Shareconomy“. Informationen über Gründungsverhalten, Starthilfen, Investoren und Technologien wurden freimütig geteilt in dieser Woche der Valley-Wallfahrt. Es gibt gute Gründe fürs Gründen, das erkennen auch hierzulande immer mehr Investoren. Die neu aufgelegten Angebote zum Beispiel der KfW-Bank zeigen deutlich, dass Aufbruchsstimmung in Deutschland aufkommt. Statt „Scher dich zum Teufel“ heißt es bei Bankern immer häufiger: „Share dich zum Glück“.

 

 

Welche Plattform hätten´s denn gern?

Ich bin ein echtes Nachkriegskind – am 9. Mai 1945 geboren. (Ich teile diesen Geburtstag übrigens mit Drafi Deutscher.) Ich habe sozusagen gewartet, bis „die Luft rein“ ist, ehe ich mich auf diese Welt begeben habe. Seitdem aber gehe ich kaum einem Streit aus dem Weg…

Als ich mit 35 Jahren mein Unternehmen gründete, die GUS Group, die sich auf Unternehmenslösungen für die Prozessindustrie und die Logistik spezialisiert hat, ahnten wir kaum, was für eine Revolution mit der Digitalisierung des persönlichen Arbeitsplatzes losgetreten werden würde. Statt Personal Computing war für mich vor allem die sogenannte Mittlere Datentechnik das Szenario, auf das sich mein Startup gründen sollte. Und damit landete die Company inmitten eines erbitterten Stellungskriegs zwischen unterschiedlichsten Hardwareplattformen: hier die IBM /3x-Familie, dort die Nixdorf 8870 gerade oder ungerade, daneben Siemens und andere zur IBM 4300 steckerkompatible Systeme. Wir hatten uns allen Plattformen gleichermaßen verschworen und wurden zwischen ihnen aufgerieben, weil wir die Software dafür parallel und unabhängig voneinander entwickeln mussten. Ein Kraftakt, von dem wir uns beinahe nicht erholt hätten…

Kaum hatten wir jedoch mit der IBM AS/400 zum Ende der achtziger Jahre ein halbwegs sicheres Fahrwasser gefunden (und als erster Mittelstandspartner der IBM in Europa eine kooperative Marketingstrategie erfunden), hatte der Personal Computer die Ära des Client/Server-Computings eingeläutet, die uns erneut dazu zwang, eine Plattform-Entscheidung zu treffen.

Doch als sich in diesem Stellungskrieg der Staub gelichtet hatte, war schon längst das – zunächst belächelte – World Wide Web als Plattform der Zukunft aus dem Nebel aufgetaucht. Wir adaptierten auch diese neue Welt, indem wir vor jede Lösung ein kleines „e“ hängten. Da viele glaubten, mit dem vorgehängten „e“ sei die neue Plattform bereits erreicht, stürzten sie in die größte Spekulationsblase der Nachkriegsgeschichte.

Heute suchen wir die richtige Plattform in der Cloud. Sie wird nicht mehr durch Hardware geformt, nicht mehr durch eine Software-Architektur definiert, sondern durch ein Geschäftsmodell bestimmt. Die Plattform ist – bei aller Technik, die zu ihrer Verwirklichung notwendig ist – vor allem eine Idee. Eine Plattform in der Cloud kann Infrastruktur oder Software als Service anbieten. Sie kann aber auch Gelegenheiten, Kontakte, Wertschöpfungsketten oder ganz allgemein Ressourcen bereitstellen: Facebook, die größte News-Seite der Welt, produziert keine Inhalte. Uber, das weltweit größte Taxi-Unternehmen, besitzt keine Fahrzeuge. AirBnB, dem größten Bettenvermieter der Welt, gehört kein Hotel und Alibaba, der wertvollste Händler der Welt, besitzt kein Lager.

Oder auch: Apple, der Betreiber des größten App-Stores der Welt, produziert kaum eigene Software. Die Diskussionen auf Microsofts Entwickler-Konferenz Build deuten in die gleiche Richtung. Die Software, die die Plattformen Windows10 und Azure erfolgreich machen soll, kommt nicht von Microsoft, sondern von Unternehmen, die derzeit vielleicht noch nicht einmal gegründet worden sind. IBM tauscht nicht nur sein Vertriebsteam, sondern auch seine Unabhängigen Softwarepartner im großen Stil aus. Und eine der größten Cloud-Plattformen überhaupt – Salesforce.com – steht plötzlich zum Verkauf.

Heute ist mein Unternehmen so alt wie ich war, als ich es gründete: 35 Jahre. In diesen dreieinhalb Jahrzehnten haben wir ein knappes Dutzend Plattform-Entscheidungen zu treffen gehabt. Und wir stehen erneut vor der vieles entscheidenden Frage: Welcher Partner bietet die richtige Grundlage für unser künftiges Kerngeschäft?

Wie alle Software-Anbieter im industriellen Umfeld werden wir diese Entscheidung gleich mit der nächsten Plattform-Wahl zusammenlegen müssen: Welche Cloud-Strategie ist die richtige, wenn der Mittelstand in den nächsten Jahren im großen Stil in die Digitalisierung der Fertigungswelten investiert. Sind die bestehenden Cloud-Plattformen auch die richtige Basis für „Industrie 4.0“?

Und auch die übernächste Plattform-Frage wird sich stellen: Welches soziale Netz bietet die richtige Plattform für ein kundengetriebenes Geschäftsmodell? Sollen wir das Firmengeschick der Spaßgesellschaft unter Facebook, den Interessenskreisen von Google+ oder den Berufs- und Karriere-Plattformen anvertrauen?

Je mehr sich die Dinge ändern, umso mehr bleiben sie gleich: Die Gründungsphase meines Unternehmens und vieler anderer Softwarehäuser, die sich der Mittleren Datentechnik verschrieben hatten, war geprägt von plattformbezogenen Richtungsentscheidungen. Das ist heute keineswegs anders: „Welche Plattform hätten´s denn gern“ ist die ewige Gretchenfrage der Informationswirtschaft. Ich erlebe sie mit 70 als genauso spannend wie mit 35.

Ein Ausstand alter Männer

Nicht immer verläuft ein Generationenwechsel im Unternehmen so polternd und unterhaltend wie zuletzt im Volkswagenkonzern. In den vergangenen Tagen haben sich dort Familienangehörige, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, Landespolitiker und Ex-Bundeskanzler zu Wort gemeldet, um sich zur Frage einer Nachfolgeregelung wechselweise im Aufsichtsrat und/oder Vorstand zu äußern. Ohne der letzten Drehung des Wolfsburger Personalkarussells vorgreifen zu wollen, kann aber getrost prognostiziert werden, dass sowohl an der Spitze des Aufsichtsrats als auch des Vorstands in absehbarer Zeit Jüngere stehen werden.

Die Unternehmensnachfolge zu organisieren, ist beileibe keine einfache Aufgabe. Aber im deutschen Mittelstand findet sie tagtäglich statt. Das ist aber offensichtlich nicht häufig genug, wie jetzt eine Studie die KfW zur Altersstruktur im deutschen Mittelstand zeigt. Danach sind inzwischen 36 Prozent der Firmenchefs älter als 55 Jahre. Sie sind damit nahezu ein Spiegelbild der Altersstruktur der Deutschen überhaupt, wo 38 Prozent der hiesigen Bevölkerung  über 55 Jahre alt sind. Da man annehmen kann, dass Unternehmer dazu tendieren, länger im Amt zu bleiben als Arbeitnehmer, wird sich dieses Verhältnis sogar noch umkehren. Mit andern Worten: der deutsche Mittelstand vergreist!

Eine Weiterführung der Firma durch die eigene Familie gilt nach wie vor als Königsweg im Mittelstand, der aber zunehmend hinter der pragmatischen Lösung, einen externen Geschäftsführer einzubinden, zurücktritt. Die Entscheidung einer Unternehmensnachfolge wird in den kommenden 36 Monaten rund 580.000 Mal in Deutschland zu treffen sein. Jede für sich wird wahrscheinlich vergleichsweise still ablaufen, alles in allem aber bedeutet der anstehende Generationswechsel eine aufkommende volkswirtschaftliche Gewitterfront.

Denn zusammengenommen, so errechnete die KfW, sind von der Frage, ob ein Unternehmen erfolgreich weitergeführt werden kann, rund vier Millionen Arbeitsplätze betroffen – achtmal so viel wie bei VW. Ebenso schwerwiegend ist die Erkenntnis, dass alternde Unternehmer – vor allem, wenn sie selbst die zukünftige Weiterführung ihres Unternehmens als ungesichert betrachten – nicht mehr zu Investitionen und schon gar nicht zu Innovationen neigen. Die KfW belegt dies mit Zahlen: Während mehr als die Hälfte der Unter-40jährigen eine Bereitschaft signalisiert, Geld in die Hand zu nehmen, um das Unternehmen voranzubringen, sehen nur noch 37 Prozent der Über-60jährigen diesen Impuls. Fokussiert auf Erweiterungsinvestitionen sinkt die Zahl bei den 60+-Unternehmern sogar auf 28.

Schlimmer noch sieht die Lage bei den Innovationen aus, wo ebenfalls nur noch 38 Prozent der 60+-Generation angeben, dass sie bereit sind, in strukturelle Veränderungen in ihrem Unternehmen zu investieren. Dabei ist die Bereitschaft zur Optimierung bestehender Prozesse sogar noch stärker bedroht: Von zuletzt 23 Prozent geht die Zahl der Innovationsbereiten auf 15 zurück.

Diese Zahl ist angesichts einer Phase, in der der Wirtschaftsstandort Deutschland auf die Runderneuerung durch die Volldigitalisierung der Fertigungswelten schaut, umso bedrohlicher. Es ist folglich kein Wunder, dass die Hoffnung auf den Schultern der Unternehmensgründer ruht. Doch deren Zahl befindet sich in einem Langzeittief, über das auch der zuletzt erreichte kleine Anstieg nicht hinwegtäuschen kann. In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Existenzgründer nahezu halbiert – von knapp 1,5 Millionen Neuunternehmern im Jahr 2003 auf 868.000 im Jahr 2013.

Doch es zeichnet sich ein Silberstreifen am Horizont ab. Immerhin 42 Prozent der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren können sich vorstellen, ein Unternehmen zu gründen. 39 Prozent sind zudem bereit, durch finanzielle Beteiligung bestehende Unternehmen zu übernehmen und in die Zukunft zu führen. Allerdings hinterfragt die Studie an dieser Stelle nicht, ob es sich bei dieser Vorstellung um Schwärmerei oder unternehmerisches Kalkül handelt.

Entscheidend aber dürfte es in der Zukunft sein, wie viele dieser potenziellen Gründer auch tatsächlich in die Unternehmensführung wechseln. Das ist nicht allein eine Frage des Charakters, sondern auch des Kapitals. Es wird sich zeigen, wie sich Unternehmerfamilien künftig mit der Frage auseinandersetzen, wer um welchen Preis das Unternehmen fortführen soll. Der „Ausstand alter Männer“ könnte auch zum „Aufbruch junger Menschen“ in Richtung Industrie 4.0 werden.

Wir haben es in der Hand, diesen Prozess so zu begleiten, dass in Deutschland ein Generationswechsel mit einem Technologiewechsel zusammengeht.

Alibaba und die 40 Roboter

2001 kam Jack Ma zum ersten Mal zur CeBIT nach Hannover. Auf einem kleinen, kaum besuchten Messestand bot er in China produzierte IT-Produkte an, um zu testen, ob sich für sie in der westlichen Welt ein Markt auftun könnte. Letzte Woche kam er zurück – als Keynote-Speaker zur CeBIT-Eröffnung. Hinter ihm steht mit der Alibaba Group die größte chinesische IT-Firmengruppe mit rund 22000 Mitarbeitern. Seine Botschaft: Geschäftstransaktionen sollen mit dem Smartphone genauso einfach werden wie Selfies.

Die Hoffnung der Wirtschaft: Wenn dann auch täglich so viele Transaktionen getätigt werden, wie heute Selfies geschossen, kann die Wirtschaft nur boomen.

Es sind dies die Geschichten, von denen die weltgrößte IT-Messe CeBIT lebt: gestern noch Demopunkt, heute schon Mittelpunkt.

Und weil der Markt immer dynamischer wird, weil die lokalen Anbieter von heute schnell zu den globalen Anbietern von gestern aufschließen können, hat die Deutsche Messe AG in bislang nie dagewesener Weise den Hoffnungsträgern von morgen, den Startups, Gründern und Investoren eine Bühne bereitet. Die CeBIT hat damit auch wieder zu jener Aufbruchsstimmung und Innovationseuphorie zurück gefunden, die sie vor 29 Jahren in die Unabhängigkeit von der Hannover Messe Industrie trieb.

Damals war dies eine Frischzellenkur für die Wirtschaft. Denn in den 1980er und vor allem 1990er Jahren entstanden zahllose Software- und Service Companies, die die Informationswirtschaft überhaupt erst zu jener Branche gemacht haben, die am Arbeitsmarkt gleichwertig neben Automotive, Maschinenbau und Chemie rangiert. Heute sollen die Startups die Frischzellen, wenn nicht sogar Stammzellen für eine sich in der Digitalen Revolution vollends transformierende Wirtschaftswelt liefern.

Vor allem der Mittelstand soll davon profitieren. Passend zur CeBIT-Diskussion lieferte die „Welt am Sonntag“ die von KfW Economic Research beigebrachten Daten: Deutsche Mittelständler sind nicht nur immer älter. Sie investieren auch weniger, je älter sie werden. Denn nicht nur war im Jahr 2013 der deutsche Durchschnittsunternehmer 51 Jahre alt (2002 waren es noch nur 45 Jahre). Zugleich investieren aber nur 37 Prozent der über 60jährigen Firmenlenker ins eigene Unternehmen. Die Unter-40jährigen hingegen sehen mehrheitlich (57 Prozent) Grund, Geld fürs Fortkommen im eigenen Unternehmen in die Hand zu nehmen.

Da hilft es wenig, wenn der Mittelstand allenthalben zur Eile aufgerufen wird, um die Digitalisierung der Geschäftsprozesse im eigenen Unternehmen voranzutreiben. Es ist durchaus denkbar, dass es in einigen Unternehmen erst eines Generationswechsels bedarf, ehe das Management die Notwendigkeit einsieht, auf einen Markt zu reagieren, der heute schon – aber künftig mehr und mehr – Individualprodukte zum Preis eines Massenprodukts kaufen will.

Wenn es die Senior Entrepreneurs nicht sehen, die Old Economy scheint das längst erkannt zu haben. Insofern lief auf der CeBIT mit SCALE 11 und CODE_n nicht nur die Show „Deutschland sucht den Super-Startup“, sondern auch eine Wiederauflage des Klassikers „Die Imperien schlagen zurück“. Vor allem Telekom, Volkswagen und RWE benutzten ihre Standfläche als Casting-Show für die nächste Generation an Unternehmen, denen das Stichwort „Industrie 4.0“ bereits auf den Leib tätowiert ist. Und es wäre keineswegs überraschend, wenn neben dem deutschen Schriftzug auch hier das chinesische Synonym auftauchen würde.

Aber zur Stärkung der deutschen Startups fanden sich auf der CeBIT auch namhafte Top-Manager als Mentoren für die Junggründer ein. Mark Miller (Volaris) wird seine Expertise ebenso für die deutschen Startups in den Ring werfen, wie das Finanzwunderkind Carsten Maschmeyer. Sie wollen, dass der Mittelstand von unten erneuert, modernisiert und international wird.

Und weitere konkreten Ergebnisse waren auf der CeBIT zu sehen: In der CODE_n Halle schnitten orange KUKA-Roboter individuelle Formen aus Schaumstoff und inszenierten so ein Pas de Quatre à la Industrie 4.0. Ein spezieller Barroboter mixte Drinks und veranschaulichte auf diese Weise, wie die Fertigung in der Prozessindustrie aussehen könnte. Beide Szenarien aber zeigen, worum es bei der Digitalisierung der Fertigungsprozesse tatsächlich geht: die Produktion von Individualprodukten mit den Methoden der Massenproduktion.

Wir können auf die Hannover-Messe gespannt sein.

Ach ja: Alibaba-Chef Jack Ma zeigte auf der CeBIT life, wie er eine Sammlerbriefmarke für Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok auswählte und kaufte, während die Authentifizierung mit einem Gesichtsscan erfolgte. Mehr dazu gab es nicht. Die Briefmarke sollte inzwischen angekommen sein. Die Software gibt es demnächst.